Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der in § 10 Abs. 3 Ziff. 3 Buchstabe d EStG 1961 festgelegte zusätzliche Sonderausgaben-Höchstbetrag für Versicherungsbeiträge steht beiden Ehegatten auch bei getrennter Veranlagung gemeinsam zu und ist nicht mit je 500 DM auf jeden von ihnen aufzuteilen.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 3, § 26a/2

 

Tatbestand

Beide Ehegatten hatten im Jahre 1963 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Bei den Anträgen auf getrennte Veranlagung machten sie auch Versicherungsbeiträge von 4.589 DM als Sonderausgaben geltend. In den Beiträgen war ein Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung der Ehefrau von 840 DM enthalten; die Einkünfte des Ehemannes unterlagen nicht der Sozialversicherungspflicht. Die Sonderausgaben sollten nach dem Antrag der Eheleute mit 636 DM bei der Veranlagung des Ehemannes und im übrigen bei der Veranlagung der Ehefrau berücksichtigt werden. Das Finanzamt (FA) berechnete den Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 Ziff. 3 Buchstabe d EStG in der Weise, daß es den Höchstbetrag von 1.000 DM um den für die Ehefrau gezahlten Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung von 840 DM kürzte und 160 DM als Sonderausgabe abzog.

Die Steuerpflichtigen (Stpfl.) sind der Ansicht, der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 Ziff. 3 Buchstabe d EStG sei bei getrennter Veranlagung bei jedem Ehegatten mit 500 DM anzusetzen. Demgemäß seien beim Ehemann die 500 DM in voller Höhe zugrunde zu legen, bei der Ehefrau verbleibe dagegen kein abzugsfähiger Betrag, da der Arbeitgeberanteil höher sei als der für sie in Betracht kommende Betrag von 500 DM. Der Ansatz eines einheitlichen Höchstbetrages von 1.000 DM sei nur bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten zulässig. Es verletze den Gleichheitsgrundsatz, wenn getrennt veranlagte Ehegatten schlechter gestellt würden als Ledige und Verlobte.

Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1966 S. 13 veröffentlicht ist, führte aus, § 10 Abs. 3 Ziff. 3 d EStG sei im Zusammenhang mit § 26 a Abs. 2 EStG auszulegen. Nach § 26 a Abs. 2 EStG könnten die Sonderausgaben auch bei getrennter Veranlagung nur im Rahmen der bei einer Zusammenveranlagung in Betracht kommenden Höchstbeträge berücksichtigt werden. Dies entspreche dem allgemeinen Grundsatz, daß zusammenlebende Ehegatten beim Abzug von Sonderausgaben eine Einheit seien. Der Gesetzgeber habe damit die Ehegatten nicht schlechter, sondern sogar besser gestellt als Ledige und Verlobte, da Eheleute auch bei getrennter Veranlagung ihre Sonderausgaben nach Belieben unter sich verteilen könnten, soweit ihre Sonderausgaben die Summe der bei der Veranlagung mindestens anzusetzenden Pauschbeträge überstiegen. Es sei aber nicht möglich, alle Sonderausgaben nur auf einen Ehegatten zu verlagern, damit der andere Ehegatte seinen nicht ausgenutzten Pauschbetrag in voller Höhe bei seiner Besteuerung geltend machen könne.

Die Stpfl. wiederholen zur Begründung ihrer Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, ihr bisheriges Vorbringen und beantragen,

die Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 EStG in Höhe von 3.645 DM zu berücksichtigen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Ehemannes ist unzulässig, die der Ehefrau unbegründet.

Gemäß § 10 Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1961 können die nach Abs. 1 Ziff. 2 abzugsfähigen Versicherungsbeiträge vor Anwendung der Höchstbeträge nach Abs. 3 Buchstabe a bis c bis zu 500 DM, "im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten" bis zu 1.000 DM im Kalenderjahr in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden; diese Beträge mindern sich jedoch, wenn Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vorhanden sind, um den vom Arbeitgeber geleisteten gesetzlichen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Wie der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil VI 287/65 vom 30. August 1966 dargelegt hat, steht den Ehegatten bei der Zusammenveranlagung der Höchstbetrag von 1.000 DM nur gemeinsam zu und kann nicht mit je 500 DM auf jeden Ehegatten in der Weise aufgeteilt werden, daß der vom Arbeitgeber geleistete Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei dem allein versicherungspflichtigen Ehegatten nur bis zu 500 DM vom Höchstbetrag abgezogen wird. Der Beitrag des Arbeitgebers ist vielmehr voll von dem einheitlichen Höchstbetrag von 1.000 DM abzusetzen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob beide Ehegatten oder nur einer sozialversicherungspflichtig sind. Der Senat geht davon aus, daß nach dem Willen des Gesetzgebers zusammen veranlagte Ehegatten beim Sonderausgabenabzug eine Einheit bilden, auch wenn die Einkünfte jedes Ehegatten gesondert ermittelt werden. Aus diesem Grund sieht § 10 Abs. 3 Ziff. 3 Buchstabe a und b EStG ebenfalls nur gemeinsame Höchstbeträge für beide Ehegatten vor. Diese Regelung verstößt nicht gegen das Grundgesetz, wie der Senat bereits im Urteil VI 82/64 U vom 22. Januar 1965 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 81 S. 488 - BFH 81, 488 -, BStBl III 1965, 176) hervorgehoben hat.

Die gleichen Erwägungen gelten auch bei der getrennten Veranlagung von Ehegatten, da der einheitliche Höchstbetrag des § 10 Abs. 3 Ziff. 3 d EStG von 1.000 DM nach den zutreffenden Ausführungen des FG auch dann maßgebend ist. Denn nach § 26 a Abs. 2 EStG 1961 sind Sonderausgaben von getrennt veranlagten Ehegatten, soweit sie die Summe der bei jedem Ehegatten mindestens anzusetzenden Pauschbeträge (§ 10 c EStG) übersteigen, "im Rahmen der bei einer Zusammenveranlagung der Ehegatten in Betracht kommenden Höchstbeträge" je zur Hälfte bei den Veranlagungen der Ehegatten anzusetzen, soweit die Ehegatten nicht eine andere Aufteilung beantragen.

Wie der Senat bereits in den Urteilen VI 9/56 S vom 24. Januar 1958 (BFH 66, 197, BStBl III 1958, 77) und VI 82/64 U (a. a. O.) ausgeführt hat, betrachtet der Gesetzgeber getrennt veranlagte Ehegatten auch sonst beim Abzug von Sonderausgaben als Einheit, z. B. beim Lohnsteuerjahresausgleich und bei der Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - VI 132/56 U vom 28. Februar 1958, BFH 66, 510, BStBl III 1958, 196, und VI 182/63 vom 29. Oktober 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - § 22 LStDV Rechtsspruch 4, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1964, 166). Diese Sachbehandlung ist auch sinnvoll, weil zu diesen steuerlich zu berücksichtigenden Lebenshaltungskosten im allgemeinen beide Ehegatten entsprechend ihren Einkünften und Vermögensverhältnissen beisteuern. Dabei ist es in der Regel ohne Bedeutung, ob z. B. die Versicherungsverträge auf den Namen des Ehemannes, der Ehefrau oder der Kinder lauten.

Getrennt veranlagte Ehegatten werden durch den Ansatz des einheitlichen Höchstbetrages von 1.000 DM nach § 10 Abs. 3 Ziff. 3 d EStG 1961 auch nicht schlechter gestellt als Ledige, Verlobte oder zusammen veranlagte Ehegatten; denn § 26 a Abs. 2 EStG bietet den Ehegatten dafür die Möglichkeit, die über die Pauschbeträge von je 636 DM (§ 10 c EStG) hinausgehenden Sonderausgaben unter sich beliebig zu verteilen und evtl. nur bei einem Ehegatten geltend zu machen, wie dies die Stpfl. hier auch getan haben. Eine solche Gestaltungsmöglichkeit haben Ledige und Verlobte nicht.

Die Stpfl. mögen es hier zwar als ungerecht empfinden, daß die freiwillige Altersvorsorge des nicht versicherungspflichtigen Ehemannes wegen des Beitrages des Arbeitgebers zur Sozialversicherung der Ehefrau nur in Höhe von 160 DM voll vom Einkommen abgesetzt werden darf, zumal die Ehefrau durch die Beiträge keinen Rentenversicherungsanspruch erworben hat, weil sie keine 180 Monate beitragspflichtig war. Dies muß jedoch in Kauf genommen werden. Diese Auswirkung beruht nicht auf § 10 Abs. 3 Ziff. 3 d EStG, sondern auf den versicherungsrechtlichen Vorschriften über den Erwerb von Rentenversicherungsansprüchen.

Da sich nach den Anträgen der Stpfl. der begehrte höhere Sonderausgabenabzug nur bei der Veranlagung der Ehefrau auswirken sollte, war die Revision der Ehefrau als unbegründet zurückzuweisen. Die Revision des Ehemannes war hingegen als unzulässig zu verwerfen, da bei ihm kein Rechtsschutzbedürfnis besteht; er hat den Sonderausgabenpauschbetrag von 636 DM erhalten, wie er es begehrt hatte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412356

BStBl III 1967, 114

BFHE 1967, 301

BFHE 87, 301

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