Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitanteilige Kürzung des Unterhalts-Höchstbetrages bei Zahlung in späteren Kalendermonaten

 

Leitsatz (NV)

Der III. Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß Unterhaltsaufwendungen i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG grundsätzlich nicht auf Monate vor der Zahlung zurückbezogen werden dürfen. Bei Zahlungen in späteren Kalendermonaten sind die gesetzlichen Höchstbeträge deshalb entsprechend zu kürzen.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind als ausländische Arbeitnehmer seit Jahren in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nichtselbständig tätig. In ihren Einkommensteuererklärungen machten sie regelmäßig Unterstützungsaufwendungen für in . . . lebende Angehörige geltend. Im Streitjahr 1982 gaben sie folgende Zahlungen an ,,Schwiegereltern und Mutter" an: 13. April 1982 300 DM, 9. Juli 1982 6 000 DM und im Juli 1982 4 000 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte im Einkommensteuerbescheid lediglich 300 DM als außergewöhnliche Belastung an. Nachdem die Kläger im Einspruchsverfahren weitere Belege eingereicht hatten, ließ das FA 5 400 DM zum Abzug zu. Diesen Betrag errechnete das FA im Hinblick darauf, daß die Unterhaltszahlungen erst im April des Streitjahres begonnen hatten, wie folgt:

2/3 von 3 600 DM = 2 400 DM

für 9 Monate = 1 800 DM

für 3 Personen = 5 400 DM.

Die Klage, mit der die Kläger die Berücksichtigung eines Abzugsbetrages von insgesamt 7 200 DM begehrten, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 455 veröffentlichten Urteil aus, die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1981 (EStG) hätten im Streitjahr vorgelegen. Die Empfänger der Aufwendungen seien unterhaltsbedürftig und die Leistungen der Kläger geeignet gewesen, den laufenden Lebensbedarf der Empfänger zu decken. Denn die Zahlungen im Dezember 1981, April 1982 und Juli 1982 seien so bemessen gewesen, daß die Angehörigen davon ihren Unterhalt bis zum nächsten Zahlungstermin hätten bestreiten können.

Soweit der Bundesfinanzhof (BFH), insbesondere im Urteil vom 13. Februar 1987 III R 196/82 (BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341) die Auffassung vertrete, § 33 a Abs. 1 und 4 EStG verlange regelmäßige Unterhaltsleistungen, könne der Senat sich dem nicht anschließen; denn diese Rechtsprechung erweitere das Prinzip der Abschnittsbesteuerung für Unterhaltszahlungen auf eine Monats-Abschnittsbesteuerung. Dies lasse sich weder aus § 33 a Abs. 1 und Abs. 4 EStG noch aus dem Abflußprinzip des § 11 Abs. 2 EStG herleiten. § 33 a Abs. 1 und 4 EStG fordere, daß die Unterhaltsbedürftigkeit und das Erwachsen von Aufwendungen in jedem Kalendermonat vorgelegen hätten. § 11 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 EStG stelle für die Berücksichtigung des Abflusses von Aufwendungen auf das Kalenderjahr ab mit der Maßgabe, daß regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen, wie z. B. Unterhaltszahlungen, die am Jahresende geleistet werden und wirtschaftlich dem Folgejahr zuzurechnen sind, als im Folgejahr bezogen bzw. abgeflossen gälten. Berücksichtige man die Grundsätze der §§ 2 Abs. 7, 11 Abs. 1 und 2 EStG bei der Auslegung des § 33 a EStG, könne es für die Abziehbarkeit der im Kalenderjahr geleisteten Zahlungen nur darauf ankommen, ob diese insgesamt geeignet gewesen seien, den laufenden Unterhaltsbedarf des Empfängers zu decken (Hinweis auf Urteil des FG Hamburg vom 22. August 1985 V 100/85, EFG 1986, 126).Zwar könne Unterhalt seinem Charakter nach nicht im nachhinein, sondern nur vorschüssig gezahlt werden. Eine Lebenserfahrung derart, daß Unterhaltsleistungen nur monatlich erbracht würden, bestehe nach Ansicht des Senats aber nicht. Insbesondere könne im Streitjahr nicht außer acht gelassen werden, daß die Kläger am Ende des Vorjahres bereits Zahlungen geleistet hätten, die den Unterhalt bis zur nächsten Zahlung decken sollten. Ließe man diese Zahlungen unberücksichtigt, verstieße man gegen § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EStG. Hinzu komme, daß im Hinblick auf die Überweisung des Geldes am 23. Dezember 1981 wegen der Dauer des Zahlungsverkehrs nach . . . das Geld den Empfängern erst Anfang Januar 1982 zur Verfügung gestanden haben dürfte.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 33 a Abs. 1 und 4 EStG und des § 2 Abs. 7 EStG. Es macht ferner geltend, daß das FG gegen die BFH-Urteile in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341, und vom 22. Mai 1981 VI R 140/80 (BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713) verstoßen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder er noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld oder andere Leistungen für Kinder hat, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch ein Betrag von 3 600 DM im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG).

Zu Recht ist das FG zunächst davon ausgegangen, daß auch nur gelegentliche Leistungen im Kalenderjahr Aufwendungen für den Unterhalt i. S. des § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG sein können. In diesen Fällen ist jedoch nach der Rechtsprechung besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Empfänger unterstützungsbedürftig i. S. von § 33 a Abs. 1 EStG ist und ob die Leistungen geeignet sind, den laufenden Lebensbedarf des Empfängers zu decken. Verstöße des FG gegen diese Grundsätze sind nicht ersichtlich.

Zu beanstanden ist aber, daß das FG von einer Kürzung der in § 33 a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbeträge nach § 33 a Abs. 4 EStG abgesehen hat. Diese Vorschrift sieht vor, daß für jeden vollen Kalendermonat, in dem u. a. die in Abs. 1 der Vorschrift bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, sich die dort bezeichneten Beträge um je 1/12 ermäßigen.

Der BFH geht seit langem davon aus, daß Unterhaltsleistungen nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden dürfen (Urteile vom 5. September 1980 VI R 75/80, BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31; in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341; vom 13. März 1987 III R 206/82, BFHE 149, 532, BStBl II 1987, 599; vom 11. November 1988 III R 307/84, BFH / NV 1990, 83; vom 6. April 1990 III R 193/85, BFH / NV 1990, 767). Diese Rechtsprechung beruht auf der tatsächlichen Vermutung, daß der Unterhaltsverpflichtete seine Zahlungen so einrichtet, daß sie zur Deckung des Lebensbedarfs des Empfängers bis zum Erhalt der nächsten Unterhaltszahlung dienen. Die Vermutung kann allerdings im Einzelfall widerlegt werden, insbesondere wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, daß der Empfänger der Zahlungen vorher nicht unterstützt wurde, so daß die Leistungen des Steuerpflichtigen zur Abtragung entsprechender aufgelaufener Schulden verwandt werden konnten.

Im Streitfall hat das FG festgestellt, daß die Kläger bereits am Ende des Vorjahres Leistungen zur Deckung des Unterhalts der auch im Streitjahr unterstützten Personen erbracht haben. Eine Rückbeziehung der ab April 1982 gezahlten Beträge auf die Vormonate kommt danach nicht in Betracht.

An den Grundsätzen dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die hiergegen vom FG vorgebrachten Einwände veranlassen den Senat nicht zu einer erneuten grundsätzlichen Überprüfung der aufgestellten Grundsätze. Denn die Argumente des FG sind nicht neu. So hat bereits der VI. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 133, 521, 524, BStBl II 1981, 713 darauf hingewiesen, daß § 11 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 EStG im vorliegenden Zusammenhang nicht anwendbar ist, weil dies schon daran scheitert, daß Gastarbeitern bei Unterhaltszahlungen an Angehörige im allgemeinen nicht bestimmte, periodisch wiederkehrende Zahlungstermine gesetzt sind.

Entgegen der Auffassung des FG kommt es für die Anwendung des § 33 a Abs. 1 EStG auch nicht nur darauf an, ob die Zahlungen insgesamt geeignet sind, den laufenden Unterhaltsbedarf des Empfängers zu decken. § 33 a Abs. 4 EStG verlangt vielmehr u. a. das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des Abs. 1 der Vorschrift in allen Kalendermonaten, wenn nicht eine Kürzung um je 1/12 eintreten soll.

Was schließlich die Frage betrifft, wie sich die Überweisung eines Geldbetrages, den die Kläger am 23. Dezember 1981 zur Unterstützung ihrer Angehörigen nach . . . überwiesen haben, auf den Streitfall auswirkt, so richtet sich die Antwort nach allgemeinen Grundsätzen. Danach ist eine Ausgabe in dem Zeitpunkt abgeflossen, in dem sich der Steuerpflichtige der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über das Geld bzw. geldwerte Gut begibt (Fitsch in Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 11 Anm. 21 m. w. N.). Für Überweisungen bedeutet dies, daß die Leistung jedenfalls mit der Lastschrift bei dem ausgebenden Steuerpflichtigen eingetreten ist (Schmidt / Heinicke, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 11 Anm. 5 Stichwort Überweisungen, m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417954

BFH/NV 1992, 101

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