Entscheidungsstichwort (Thema)

Beeidigung einer Auskunftsperson im Besteuerungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

1. Gegen den finanzgerichtlichen Beschluß über die Beeidigung einer Auskunftsperson im Besteuerungsverfahren findet die Beschwerde statt.

2. Das auf Beeidigung einer Auskunftsperson im Besteuerungsverfahren (1.) gerichtete Ersuchen der Finanzbehörde unterliegt nur beschränkter richterlicher Prüfung. Die Möglichkeit der Anfechtung des in dem Ersuchen liegenden Verwaltungsakts bleibt unberührt.

 

Normenkette

AO 1977 § 94; FGO § 158 S. 1, § 128 Abs. 2

 

Tatbestand

Auf Ersuchen des Beschwerdegegners (Zollfahndungsamt -- ZFA --) erließ das Finanzgericht (FG) -- der bei diesem geschäftsplanmäßig bestimmte Richter (§ 158 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) einen auf § 94 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Beschluß, demzufolge die Beschwerdeführerin zu bestimmten Fragen im Besteuerungsverfahren gegen ihren Ehemann S. im Zusammenhang mit der Einfuhr eines "Oldtimer"-Kraftfahrzeugs aus den USA eidlich vernommen werden soll, u. a. zu ihrer Mitwirkung am Einfuhrvorgang (bei einem Versandverfahren) und zur Höhe des Einkaufspreises und des Weiterverkaufspreises. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen diesen Beschluß und trägt vor, ihre eidliche Vernehmung sei noch nicht erforderlich; zunächst möge das ZFA an S. herantreten. Im übrigen könne sie auch uneidlich vernommen werden (Grundsatz der "Erforderlichkeit").

Das ZFA führt aus, der Zollwert des Fahrzeugs sei aufgrund der Angaben des Zollbeteiligten (S.) mit 238 DM angenommen, das Fahrzeug aber wenige Wochen später an einen Sammler für mindestens 200 000 DM verkauft worden. S. habe im Rahmen der Zollwertermittlung eine Auskunft erteilt, deren Vollständigkeit und Richtigkeit nach den vorliegenden Beweismitteln bezweifelt werde. Weitere Mittel der Aufklärung seien nicht ersichtlich oder könnten nur unter unverhältnismäßigem Aufwand beschafft werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde gegen die dem Ersuchen des ZFA entsprechende Entscheidung des FG ist statthaft (Bundesfinanzhof -- BFH --, Beschluß vom 3. Oktober 1979 IV B 63/79, BFHE 128, 494, 496, BStBl II 1980, 2); ein Fall von § 128 Abs. 2 FGO -- Unanfechtbarkeit von Beweisbeschlüssen -- liegt nicht vor. Sie ist auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet.

Gegenüber dem Ersuchen der Finanzbehörde gemäß § 94 Abs. 1 AO 1977 -- hier: des ZFA im Rahmen von § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AO 1977 -- steht dem FG nur ein beschränktes Prüfungsrecht zu (BFH, a. a. O.; Kanzler, Deutsche Steuer-Zeitung 1977, 326, 328). Es prüft -- jedenfalls -- die Ordnungsmäßigkeit des Vernehmungsersuchens (§ 94 Abs. 2 Satz 1 AO 1977), ferner, ob die zu vernehmende Person "Subjekt" der eidlichen Vernehmung sein kann (BFH, Beschluß vom 28. März 1979 I B 79/78, BFHE 128, 12 f., BStBl II 1979, 538); im übrigen ist das Gericht grundsätzlich an das Ersuchen gebunden (vgl. auch BFH, Beschluß vom 13. Januar 1992 III B 33/91, BFH/NV 1992, 783 f. a. E.).

Gegen die formelle Ordnungsmäßigkeit des Ersuchens sind Bedenken weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Die Beschwerdeführerin kommt auch für eine eidliche Vernehmung in Betracht, denn sie ist, weil am Besteuerungsverfahren (Abfertigung zum freien Verkehr auf Antrag ihres Ehemannes S.) nicht beteiligt, "andere Person". Das mit dem Ersuchen geübte Ermessen des ZFA unterliegt bei der Entscheidung über die Durchführung der beantragten eidlichen Vernehmung zumindest grundsätzlich nicht der richterlichen Prüfung. Ob bei eindeutig erkennbarer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit etwas anderes zu gelten hätte, kann offenbleiben. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des ZFA und im Hinblick auf den Gegenstand des Besteuerungsverfahrens (vgl. zur Einfuhrbesteuerung von "Oldtimer"-Fahrzeugen etwa Senatsurteil vom 29. Oktober 1986 VII R 110/ 82, BFHE 148, 90) ist ein derartiger Verstoß nicht ersichtlich. Die Möglichkeit einer Anfechtung des in dem Ersuchen selbst liegenden Verwaltungsakts (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., AO 1977 § 94 Tz. 8) bleibt unberührt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420992

BFH/NV 1996, 200

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