Leitsatz (amtlich)

Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung im Sinne des § 120 FGO liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige lediglich eine Abschrift seiner Einspruchsbegründung dem Revisionsgericht einreicht.

 

Normenkette

FGO § 120

 

Tatbestand

In der Vorentscheidung ging es um die Frage, ob und inwieweit der Inhaber eines Spielkasinos zur Umsatzsteuer heranzuziehen ist, wenn er am sogenannten ...Kartenspiel nachhaltig als Bankhalter teilnimmt.

Das FG erblickte - ebenso wie der Beklagte, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (FA) - in der Bankhaltertätigkeit des Klägers, Revisionsklägers und Anschlußrevisionsbeklagten (Steuerpflichtiger) einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz, sah aber - entgegen der Auffassung des FA - nicht die gesamten Einsätze der Mitspieler, sondern nur ihre verlorenen Einsätze als Entgelt an. Das FG wies das FA an, - gegebenenfalls im Schätzungswege - die Höhe dieser Einsätze zu ermitteln und bei dieser Gelegenheit zu prüfen, ob der Steuerpflichtige als Bankhalter die dem Kasino zufließende Spielabgabe an den Croupier gezahlt und diese der Umsatzsteuer unterworfen hat, weil sich bejahendenfalls seine Umsätze um diese Abgabe verringern würden.

Gegen dieses Urteil haben der Steuerpflichtige Revision und das FA Anschlußrevision eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Beide Revisionen sind unzulässig.

Das Urteil des FG ist dem Steuerpflichtigen laut Postzustellungsurkunde am 28. April 1967 zugestellt worden. Die Revision des Steuerpflichtigen vom 23. Mai 1967 ist beim FG am 24. Mai 1967, mithin fristgerecht, eingegangen. Die in § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgeschriebene Frist zur Begründung der Revision lief am 28. Juni 1967 ab. Mit einem am 27. Juni 1967 beim BFH eingegangenen Schriftsatz vom 23. Juni 1967 hat der Steuerpflichtige "zur Revisionsbegründung" eine Abschrift seiner Einspruchsbegründungsschrift vom 13. Januar 1964 vorgelegt. Dieser Schriftsatz mit Anlage ist zwar innerhalb der Revisionsbegründungsfrist beim BFH eingegangen, erfüllt aber nicht die an eine Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen. In der formellen Revisionsbegründung muß dargelegt werden, weshalb der angefochtenen Entscheidung nicht zugestimmt werden kann. Hierzu bedarf es zumindest einer kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die vom Steuerpflichtigen in Abschrift vorgelegte Einspruchsbegründung richtete sich gegen die berichtigten Umsatzsteuer-Bescheide des FA. Sie befaßte sich nicht mit den Gründen der Vorentscheidung. Sie konnte dazu schon deswegen nicht Stellung nehmen, weil die Vorentscheidung mehr als drei Jahre nach der Einspruchsbegründung ergangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung müssen Revisionen sorgfältig begründet werden. Über Umfang und Zweck der Revisionsangriffe dürfen keine Zweifel gelassen werden. Die Revisionsbegründung muß aus sich selbst erkennen lassen, daß der Revisionskläger das angefochtene Urteil nachgeprüft hat. Diese Nachprüfung der Gründe des angefochtenen Urteils - unter gleichzeitiger Überprüfung des eigenen bisherigen Vorbringens - darzutun, ist der Zweck der vom Gesetz geforderten formellen Revisionsbegründung. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, das bisherige Vorbringen der Beteiligten - im Streitfalle das Vorbringen des Steuerpflichtigen im außergerichtlichen Vorverfahren - auf mögliche Revisionsgründe hin zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluß I R 185/66 vom 8. März 1967, BFH 88, 230, BStBl III 1967, 342 und die dort angeführte Rechtsprechung). In dem genannten Urteil hat der BFH eine Bezugnahme auf das Vorbringen in der Klageschrift als nicht ausreichend bezeichnet. Dasselbe muß gelten, wenn der Steuerpflichtige auf seine Einwendungen im Einspruchsverfahren zurückgreift und, statt auf sie Bezug zu nehmen, dem BFH eine Abschrift der Einspruchsbegründung vorlegt. Der Steuerpflichtige hat sich erstmals im Schriftsatz vom 27. September 1967 - beim BFH am 28. September 1967, also drei Monate nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, eingegangen - sachlich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt. Dieser Schriftsatz kann wegen des Fristablaufs nicht als ordnungsgemäße Revisionsbegründung gewertet werden. Die Revision des Steuerpflichtigen war daher gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

Das FA hat gegen das ihm laut Empfangsbekenntnis ebenfalls am 28. April 1967 zugestellte Urteil des FG mit Schriftsatz vom 19. Juli 1967 Anschlußrevision eingelegt. Eine solche ist, obwohl sie in der FGO nicht geregelt ist, nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. u. a. Beschluß I B 35/67 vom 31. Juli 1967, BFH 90, 92, BStBl III 1967, 784) statthaft. Da zur Zeit des Eingangs des Schriftsatzes des FA vom 19. Juli 1967 beim BFH (am 24. Juli 1967) Revisionsfrist und Revisionsbegründungsfrist bereits abgelaufen waren, liegt eine sog. unselbständige Anschlußrevision vor. Eine unselbständige Anschlußrevision ist aber im Falle der Verwerfung der Hauptrevision unwirksam. Denn einer unzulässigen Revision kann sich ein anderer Verfahrensbeteiligter, dem ein eigenes Recht auf Revision nicht - bzw. nicht mehr - zusteht, nicht anschließen (vgl. Urteil des BFH III 60/62 U vom 25. Mai 1962, BFH 75, 250, BStBl III 1962, 358; Beschluß des BFH VI R 140/67 vom 12. Januar 1968, BFH 90, 395, BStBl II 1968, 121). Die Anschlußrevision des FA war daher ebenfalls gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Steuerpflichtige und das FA jeweils nach Maßgabe des Verlustes ihrer Rechtsmittel zu tragen (§§ 135 Abs. 1, 2, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO; vgl. auch Beschluß des BFH IV R 34/70 vom 10. März 1970, BFH 98, 461, BStBl II 1970, 457).

 

Fundstellen

Haufe-Index 68795

BStBl II 1970, 849

BFHE 1971, 177

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