Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Fax-Übermittlung

 

Leitsatz (NV)

1. Zu den Mindestanforderungen, die nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO an die Begründungspflicht zu stellen sind, gehört eine exakte Beschreibung des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand (§ 56 Abs. 1 FGO) und dessen Wegfall die Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO in Gang setzt.

2. Dies erfordert für den Fall, daß die Fristversäumnis auf Fehler bei der Fax-Übermittlung zurückgeführt wird, eine detaillierte Schilderung des Absendevorgangs (einschießlich der hierfür in einem Beraterbüro getroffenen organisatorischen Vorkehrungen). Allenfalls die Glaubhaftmachung kann nachgeholt werden.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Das klageabweisende Urteil des Finanz gerichts (FG), gegen das die Revision nicht zugelassen wurde, ist dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehen, laut Postzustellungsurkunde am 8. August 1995 zugestellt worden.

Am 21. September 1995 ging beim FG -- per Telefax -- zusammen mit der vom 8. September 1995 datierenden Nichtzulassungsbeschwerde ein Wiedereinsetzungsantrag vom 9. September 1995 ein, zu dessen Begründung vorgetragen wurde, zwei Büroangestellte des Prozeßbevollmächtigten hätten am 8. September 1995 von 21.59 Uhr bis 22.11 Uhr vergeblich versucht, die Beschwerdeschrift an das FG zu übermitteln. Dies sei jedoch gescheitert, weil eine Verbindung zum Gerät des FG "nicht möglich" gewesen sei. Mit dem gleichen Ergebnis sei von 23.19 Uhr bis 23.59 Uhr von einem anderen Anschluß aus ein zweiter Versuch unternommen worden.

Zum Nachweis dieses Vortrags bezieht sich der Wiedereinsetzungsantrag auf das Zeugnis bzw. auf eidesstattliche Versicherungen der Büroangestellten, die jedoch nicht vorgelegt wurden.

Der Kläger beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und in der Sache Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen eines Verfahrensmangels.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hatte Gelegenheit zur Äußerung, hat aber keinen Antrag gestellt.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und einen Sendebericht vom 11. September 1995 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Die Beschwerde wurde verspätet eingelegt. Das ist offenkundig und bedarf keiner näheren Ausführungen. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kommt nicht in Betracht. Heilung der Fristversäumnis nach dieser Vorschrift hätte vorausgesetzt, daß der Kläger bzw. der Prozeßbevollmächtigte (s. Gräber, Kommentar zur FGO, 3. Aufl., 1993, § 56 Rz. 6) ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten, und die für eine solche Beurteilung erheblichen Tatsachen gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FGO spätestens zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert, vollständig und in ausreichender Form dargetan hätte. Im Streitfall hätte innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist auch die (vollständige) Schilderung der Absendung durch die damit betrauten Bediensteten des Prozeßbevollmächtigten vorliegen müssen (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 1993 IX S 6/93, BFH/NV 1994, 331; vom 22. Dezember 1994 X R 236/93, BFH/NV 1995, 702, und vom 18. März 1996 I R 103/95, BFH/NV 1996, 630, sowie Gräber, a. a. O., Rz. 48 ff., m. w. N.). Daran fehlt es bis heute. Die Mitteilung, eine Verbindung mit dem FG sei "nicht möglich" gewesen, läßt mehrere Deutungen zu. Sie erlaubt noch nicht einmal ansatzweise die Bestimmung des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand. Unerläßlich wäre auch die Übersendung der Sendeberichte sowie eine vollständige Beschreibung der zur Fristwahrung im Büro des Prozeßbevollmächtigten getroffenen organisatorischen Vorkehrungen gewesen. Allenfalls die Glaubhaftmachung hätte nachgeholt werden können (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 26. November 1986 IX R 64/86, BFH/NV 1988, 33; vom 24. Juli 1992 V R 39/86, BFH/NV 1993, 308, und vom 22. Dezember 1994 VII R 77/94, BFH/NV 1995, 801).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422100

BFH/NV 1997, 592

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