Leitsatz

Die tätigkeitsbezogene und rechtsformneutrale Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit der Besitzpersonengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 2 Abs. 1, § 3 Nrn. 6 und 20 GewStG, § 67 Abs. 1 und 2 AO, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH & Co. KG war Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit ihrer Komplementär-GmbH und verpachtete der GmbH ein Krankenhaus. Die GmbH war mit ihrem Betrieb nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG von der GewSt befreit. Die KG war der Auffassung, die GewSt-Befreiung müsse sich auch auf ihren Verpachtungsbetrieb erstrecken.

FA und FG teilten diese Auffassung nicht (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.4.2013, 2 K 1106/12, Haufe-Index 5100647, EFG 2013, 1675).

 

Entscheidung

Der BFH gab der KG recht.

 

Hinweis

1. Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BFH, dass die GewSt-Befreiung einer Betriebsgesellschaft auch auf das Besitzunternehmen übertragen wird (sog. Merkmalsübertragung).

Im hier entschiedenen Fall ging es um ein Krankenhaus, das nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG von der GewSt befreit war. Zuvor hatte der BFH bereits in gleicher Weise für die Befreiung eines Altenheims nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG (BFH vom 29.3.2006, X R 59/00, BStBl II 2006, 661, BFH/PR 2006, 304, BFH/NV 2006, 1407) und eines gemeinnützigen Altenheims nach § 3 Nr. 6 GewStG entschieden (BFH vom 19.10.2006, IV R 22/02, BFH/PR 2007, 56, BFH/NV 2007, 149).

Dieselben Grundsätze müssen für alle GewSt-Befreiungen des § 3 GewStG gelten. Die Tätigkeit des Besitzunternehmens wird deshalb als gewerblich angesehen, weil die beherrschende Person oder Personengruppe ihren einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen in beiden Unternehmen verwirklicht. Würde die Betätigung in einem einheitlichen gewerblichen Unternehmen zusammengefasst, wäre der gesamte Gewinn dieses Unternehmens von der GewSt befreit. Zweck der Behandlung des Besitzunternehmens als Gewerbebetrieb ist es u.a., die Minderung des Gewerbesteuersubstrats durch Aufspaltung eines einheitlichen Gewerbebetriebs zu verhindern. Wenn nun aber das Be­triebsunternehmen von der GewSt befreit ist, bedarf es keines Schutzes von GewSt-Aufkommen. Deshalb wird die Befreiung des Betriebsunternehmens auf das Besitzunternehmen übertragen.

2. Im hier entschiedenen Fall hatte das FA allerdings eingewandt, die Besitzgesellschaft sei nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStGgewerblich geprägt und unterliege schon deshalb eigenständig der GewSt. Die GewSt-Befreiung der Betriebsgesellschaft dürfe nicht auf eine gewerblich geprägte Besitzgesellschaft übertragen werden. Diesen Einwand hatte das FG erstinstanzlich auch für überzeugend gehalten.

Der BFH hält das Argument nicht für stichhaltig, weil die Besitz-GmbH & Co. KG keine gewerblich geprägte Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist. Nur solche Gesellschaften, die überhaupt nicht gewerblich tätig sind, werden nämlich nach dessen ausdrücklichem Wortlaut von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfasst. Wer aber als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung tätig ist, übt damit eine originäre gewerbliche Tätigkeit aus.

3. Die GewSt-Befreiung des Betriebsunternehmens wird deshalb ungeachtet der Rechtsform des Besitz­unternehmens auf jenes übertragen, also nicht nur auf ein Einzelunternehmen und eine Personengesellschaft, sondern im Fall einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung auch auf die Besitz-Kapitalgesellschaft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.8.2015 – IV R 26/13

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