In der Praxis wird die Möglichkeit der Abfindung einer Versorgungsanwartschaft bzw. Versorgungsverpflichtung z. B. gegen Übertragung der Rückdeckungsversicherung im Zusammenhang mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft immer wieder kontrovers diskutiert. Es stellt sich hier die Frage, ob die Abfindung ein alltagstaugliches Mittel der Auslagerung sein kann. Das ist wohl nur dann der Fall, wenn die Abfindung zu einer rechtlichen Schuldbefreiung auf der Seite der Kapitalgesellschaft führt. Hier gilt Folgendes:

Grundsätzlich gestatten die Abfindungsmöglichkeiten des BetrAVG keine bilanzielle Auslagerung von Versorgungsverpflichtungen in größerem Umfang. Das liegt insbesondere daran, dass § 3 BetrAVG eine Abfindung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen erlaubt. Hier ist zu nennen die Abfindung von Kleinstbeträgen von bis zu 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Aufgrund der sich hierbei ergebenden geringeren Beträge kann aber bei Arbeitnehmern, die unter den Schutzbereich des BetrAVG fallen, in der Praxis keine Abfindung der Versorgungsanwartschaft mit Schuld befreiender Wirkung erfolgen. Die Einschränkung des § 3 BetrAVG greift für alle Fälle, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer keine beherrschende Stellung in der Gesellschaft innehat.

 
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Geltung des BetrAVG für Gesellschafter

Unter den Schutzbereich des BetrAVG fallen nach der Rechtsprechung des BGH weder der Alleingesellschafter noch der Mehrheitsgesellschafter.[1] Aufgrund ihrer Leitungsmacht sind sie als Unternehmer und nicht als Arbeitnehmer zu behandeln.

Minderheitsgesellschafter, also Gesellschafter, die weniger als 50 %der Anteile der Gesellschaft halten, fallen zwar grundsätzlich in den Regelungsbereich dieses Gesetzes.[2] Dies gilt aber nicht, wenn sie zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft berufen sind, zusammen mit weiteren zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern die Mehrheit am Unternehmen besitzen und ihre Kapitalbeteiligung nicht ganz unbedeutend ist. Auch in diesem Fall verfügen sie über eine einem beherrschenden Gesellschafter vergleichbare Leitungsmacht, da im allgemeinen Gesellschafter-Geschäftsführer, die zusammen über die Mehrheit verfügen, der Gesellschaft ihren Willen aufzwingen können und vielfach auch müssen, wenn notwendige Entscheidungen anstehen.[3] „Nicht ganz unbedeutend” im Sinne dieser Rechtsprechung ist eine Kapitalbeteiligung ab 10 % Die Feststellung, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich gleich gelagerte Interessen verfolgen, ist nicht erforderlich.

Wird in dem Fall, in dem der Gesellschafter-Geschäftsführer eine beherrschende Stellung im Zeitpunkt der Abfindung innehat, eine bereits unverfallbare Versorgungszusage trotzdem abgefunden, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung[4] vor, weil sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht auf eine Abfindung der Anwartschaft ohne Eintritt einer Schuldbefreiung einlassen würde.[5] Ist die Versorgungsanwartschaft hingegen noch nicht unverfallbar, liegt aber ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung[6] vor, weil in diesem Fall ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter schon vom Grunde her keine Verpflichtung zur Abfindung sehen würde.

Im Gegensatz dazu ist beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Abfindung der Versorgungsverpflichtung grundsätzlich mit Schuld befreiender Wirkung möglich, weil er nicht unter den Schutzbereich des BetrAVG fällt. Die Abfindung der Versorgungsanwartschaft führt damit bei ihm grundsätzlich zu Arbeitslohn. Ist allerdings die Abfindung größer als der Anwartschaftsbarwert der Versorgungsanwartschaft, liegt auch hier eine verdeckte Gewinnausschüttung[7] vor, weil insoweit die Abfindung ihre Ursache ausschließlich im Gesellschaftsverhältnis hat.

In der Praxis werden in den Versorgungszusagen zugunsten von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern im Einzelfall auch die Regelungen des § 3 BetrAVG für anwendbar erklärt. Wird in einem solchen Fall eine nach den Regeln des BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft abgefunden, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.[8]

Der BFH engt im Übrigen mit seiner Rechtsprechung[9] die Gestaltungsspielräume im Zusammenhang mit einer Abfindung von Pensionsanwartschaften des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ein. Er vertritt die Auffassung, dass die Zahlung einer Abfindung von Pensionsanwartschaften immer dann zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, wenn die Möglichkeit der Kapitalabfindung durch Änderung der Zusage „spontan” und damit im Ergebnis zeitgleich mit der Abfindungszahlung erfolgt.

 
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Vermeidung einer ad hoc-Abfindung möglich?

Vor dem Hintergrund der BFH-Rechtsprechung zur ad hoc-Abfindung stellt sich die Frage, ob und wann die nachträgliche Vereinbarung einer Abfindung den Charme der verdeckten Gewinnausschüttung verliert. Lang[10] vertritt in diesem Zusammenhang m. E. zutreffend die Auffassung, dass man nicht verlangen kann, dass die Abfindungsmöglichkeit bereits in...

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