Leitsatz

Die Steuerbefreiung gilt nicht für Dividenden aus Streubesitzanteilen. Dies ist zwar nicht unbedenklich, verstößt aber nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg nicht gegen die Verfassung.

 

Sachverhalt

Eine GmbH hielt Aktien einer AG in ihrem Betriebsvermögen. Diese Beteiligung lag unter 10 % und stellt damit einen sog. Streubesitzanteil dar. Die daraus in 2013 erzielte Dividende wurde versteuert. Hiergegen hat die GmbH Sprungklage erhoben, mit welcher sie die Steuerfreiheit für die Streubesitzdividende sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der Gewerbesteuer geltend macht. Die Regelungen zur Versteuerung dieser Dividenden würden gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht sieht in der Besteuerung von Streubesitzdividenden gemäß § 8b Abs. 4 KStG durchaus Bedenken, insbesondere zu der nicht folgerichtigen Ausgestaltung des Grundsatzes im Hinblick auf Kumulations- und Kaskadeneffekte in Beteiligungsstrukturen. Erwirtschaftete Gewinne sollen nur einmal bei der erwirtschaftenden Körperschaft mit Körperschaftsteuer und erst bei der Ausschüttung an natürliche Personen als Anteilseigner mit Einkommensteuer besteuert werden. Auch hat das Finanzgericht Bedenken zum Gebot der steuerlichen Lastengleichheit (sog. horizontale Steuergerechtigkeit) benannt. Dieses erfordert eine gleich hohe Besteuerung bei gleicher Leistungsfähigkeit.

Andererseits würdigen die Richter des Finanzgerichts die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie, welche erst bei einer Mindestbeteiligung von 10 % eine Befreiung vom Steuerabzug an der Quelle verlangt. Auch würde eine generelle Steuerbefreiung die Möglichkeit eines Quellensteuerabzugs entsprechend Art. 10 Abs. 2 OECD-Musterabkommen ausschließen.

Der damit gegebene Zielkonflikt zwischen nationalem Verfassungsrecht und EU-rechtlichen Vorgaben sowie den Regelungen im Doppelbesteuerungsrecht wurde vom Gesetzgeber in einer verfassungsrechtlich noch zulässigen Weise gelöst. Da somit die Rückausnahme von der Steuerbefreiung insgesamt gerechtfertigt ist, hat das Finanzgericht von einer Vorlage an das BVerfG abgesehen.

Unproblematischer ist hingegen die Erfassung von Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuer. Die Regelung des § 9 Nr. 2a GewStG entspricht dem Konzept einer am Ertrag orientierten Objektsteuer und begegnet damit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Hinweis

Gegen den Gerichtsbescheid wurde erwartungsgemäß Revision eingelegt (Az beim BFH I R 29/17). Es bleibt damit mit Spannung abzuwarten, wie diese Rechtsfrage vom BFH - und ggf. nachfolgend durch das BVerfG - entscheiden wird.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 06.04.2017, 1 K 87/15

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