Leitsatz

1. Die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG ist in ihrem Anwendungsbereich für Einkünfte aus Investmentfonds mit Sitz im Drittland verfassungsgemäß.

2. § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG ist im Verhältnis zu Drittstaaten wegen Art. 64 AEUV nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen (Anschluss an EuGH, Urteil vom 21.5.2015, C–560/13, Wagner-Raith, EU:C:2015:347, BFH/NV 2015, 1069).

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 und Abs. 3 AuslInvestmG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 63, 64 AEUV

 

Sachverhalt

Die verstorbene Mutter (M) der Klägerin hatte in den Streitjahren 1997 bis 2003 in ihrem Aktiendepot Anteile an Investmentfonds mit Sitz in einem Drittstaat. Diese waren weder im Inland registriert noch erfüllten sie die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG. Mit ihrer Klage vor dem FG wandte sich M gegen die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 AuslInvestmG in Höhe von 10 % des Kurswertes zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres. Sie beantragte, nach den Erträgnisaufstellungen der depotführenden Bank über den Investmentfonds besteuert zu werden. Das FG hat der Klage stattgegeben (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.2.2012, 9 K 4048/09, Haufe-Index 3514848).

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des FA aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen stattgegeben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit der in BFH/PR 2016, 87,BFH/NV 2016, 280, besprochenen Entscheidung des BFH vom 28.7.2015, VIII R 2/09. Bei beiden Verfahren ging es um die Frage der Europarechtskonformität und Verfassungsmäßigkeit der Pauschalbesteuerung von Einkünften aus sog. "schwarzen Fonds" nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, die ihren Sitz im Drittland haben. Diese tritt ein, wenn der Fonds der Verpflichtung nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG zur Bestellung eines inländischen Vertreters und/oder zum Nachweis der in § 18 Abs. 1 AuslInvestmG genannten Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht vollständig nachkommt. Bei der Pauschalbesteuerung sind fiktive Einnahmen in Höhe von 90 % der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis des Jahres, mindestens aber 10 % des letzten Rücknahmepreises (oder des Börsen- oder Marktwertes) zusätzlich zu den Ausschüttungen anzusetzen.

2. Der BFH hat im vorliegenden Verfahren dem EuGH die Frage vorgelegt, ob für die Pauschalbesteuerung nach § 18 AuslInvestmG die Bestandsschutzklausel nach Art. 64 AEUV greift. Dies hätte zur Folge, dass der Besteuerung die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV nicht entgegensteht. Die sog. Stand-still-Klausel setzt u.a. voraus, dass die Regelung seit dem 31.12.1993 im Wesentlichen unverändert besteht.

3. Der EuGH hat das Vorliegen der Stand-still-Klausel des Art. 64 AEUV in dem Urteil vom 21.5.2015, C–560/13, Wagner-Raith (EU:C:2015:347, BFH/NV 2015, 1069) bejaht. Danach ist § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG im Verhältnis zu Drittstaaten nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen.

4. Der BFH hält die Besteuerung auch für verfassungsgemäß. Zwar führe die Pauschalbesteuerung zu einer Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG im Vergleich zu der Besteuerung von Einkünften aus inländischen Investmentfonds. Diese sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der BFH insoweit auf seine Ausführungen im BFH, Urteil vom 28.7.2015, VIII R 2/09, BFH/PR 2016, 87, BFH/NV 2016, 280. Nach dieser Entscheidung liegt auch kein Verstoß gegen das Verbot der Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) vor.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.7.2015 – VIII R 39/12

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