Leitsatz

1. Die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG ist in ihrem Anwendungsbereich für Einkünfte aus Investmentfonds mit Sitz im Drittland verfassungsgemäß.

2. § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG sind im Verhältnis zu Drittstaaten wegen Art. 64 AEUV nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1, 2 und Abs. 3, § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und b AuslInvestmG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 63, Art. 64 AEUV, § 176 Abs. 2, § 180, § 189 ZPO

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2002 zusammen zur ESt veranlagt wurden. In ihrem Aktiendepot befanden sich Anteile an Investmentfonds mit Sitz in den USA (sog. Mutual Funds), die nicht in Deutschland registriert waren und auch nicht die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG erfüllten. Die Kläger veräußerten einen Teil der Fondsanteile, die sie bereits länger als ein Jahr gehalten hatten.

Das FA unterwarf nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG 10 % des Marktpreises der zum 31.12.2002 im Depot befindlichen Fondsanteile als Ausschüttungen und 20 % des Veräußerungspreises der veräußerten Fondsanteile als Zwischengewinn pauschal der Besteuerung.

Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrer Klage, mit der sie geltend machten, die Pauschalbesteuerung von Erträgen auch sog. "schwarzen Fonds" nach dem AuslInvestmG verletzte Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 63 AEUV. Auch der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens verstoße gegen Art.  3 Abs. 1 GG. Das FG hat die Klage abgewiesen (FG München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 16.12.2008, 10 K 4614/05, Haufe-Index 2118886, EFG 2009, 554).

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger blieb erfolglos. Zwar war die Revision fristgemäß eingelegt worden. Die verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Einwendungen der Kläger hatten jedoch aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen keinen Erfolg.

 

Hinweis

1. Die Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der Pauschalbesteuerung von Einkünften aus sog. "schwarzen Fonds" nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, die ihren Sitz im Drittland haben, sind Gegenstand der Besprechungsentscheidung und der Parallelentscheidung (BFH, Urteil vom 28.7.2015, VIII R 39/12, BFH/NV 2013, 1976). Die relativ lange Verfahrensdauer ist zum einen darauf zurückzuführen, dass der VIII. Senat beim Großen Senat angefragt hat, zu welchem Zeitpunkt bei einem Zustellungsmangel die Heilung nach § 189 ZPO eintritt. Hiervon hing die Zulässigkeit der Revision ab. Zum anderen wartete er die Entscheidung des EuGH darüber ab, ob § 18 Abs. 3 AuslInvestmG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV verstößt oder unter die Stand-still-Klausel des Art. 64 AEUV fällt. Letzteres hat der EuGH in dem Urteil vom 21.5.2015, C-560/13, Wagner-Raith, BFH/NV 2015, 1069, bejaht. Die Auffassung des I. Senats, der im BFH, Urteil vom 25.8.2009, I R 88, 89/07, BFH/NV 2009, 2047 einen Verstoß von § 18 Abs. 3 AuslInvestmG angenommen hat, ist somit überholt.

Bitte beachten Sie, dass das AuslInvestmG ab dem VZ 2004 durch das InvStG abgelöst wurde, dessen Europarechtskonformität in Bezug auf die Pauschalbesteuerung ohne Nachweismöglichkeit vom EuGH in dem Urteil vom 9.10.2014, C-326/12, van Caster, BFH/NV 2014, 2029 verneint wurde.

2. Auf Vorlage des VIII. Senats hat der Große Senat in dem BFH, Beschluss vom 6.5.2014, GrS 2/13, BFH/NV 2014, 1307 entschieden, dass bei der Verletzung von Zustellungsmängeln das Dokument gemäß § 189 ZPO in dem Zeitpunkt als zugestellt gilt, in dem der Adressat das Dokument tatsächlich "in den Händen hält". Nach diesen Grundsätzen war die Revision fristgemäß eingelegt worden, sodass über die mit der Klage geltend gemachten verfassungs- und europarechtlichen Einwendungen auch in der Sache entschieden werden konnte.

3. Im Inland ansässige Anteilseigner von im Drittland ansässigen sog. "schwarzen Fonds" sind gemäß § 18 Abs. 3 AuslInvestmG pauschal zu besteuern, wenn der Fonds der Verpflichtung nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG zur Bestellung eines inländischen Vertreters und/oder zum Nachweis der in § 18 Abs. 1 AuslInvestmG genannten Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht vollständig nachkommt. Dies hält der BFH dem Grund und der Höhe nach für verfassungsgemäß. Zwar führe die Pauschalbesteuerung zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu der Besteuerung von Einkünften aus inländischen Investmentfonds, die ihren Veröffentlichungs- und Nachweispflichten nicht nachkommen, da bei diesen die Besteuerungsgrundlagen der Anteilseigner nach § 162 AO individuell zu schätzen seien.

Es liege auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vor, wenn die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zu einer höheren Steuer führe, als eine Besteuerung der tatsächlich ausgeschütteten und thesaurierten Erträge. Diese Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Pauschalierung diene der Vereinfachung und Vereinheitlic...

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