Leitsatz

Der Gewinn aus der Veräußerung einer an der Börse gehandelten Inhaberschuldverschreibung, die einen Anspruch gegen die Emittentin auf Lieferung physischen Goldes verbrieft und den aktuellen Goldpreis abbildet, ist jedenfalls dann nicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig, wenn die Emittentin verpflichtet ist, das ihr zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 52a Abs. 10 Sätze 3 und 6 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im September 2008 Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die er im März 2010 mit einem Gewinn i.H.v. 623.834 EUR veräußerte. Es handelte sich um börsenfähige in ihrer Laufzeit unbefristete Inhaberschuldverschreibungen. Jede Teilschuldverschreibung von Xetra-Gold gewährte dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen gegenüber der Bank geltend gemacht werden konnte. Daneben bestand die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern.

Die Inhaberschuldverschreibung war jederzeit durch Gold gedeckt. Dabei überschritt der tatsächlich physisch eingelagerte Goldbestand stets die gemäß Anleihebedingungen vorgegebene Mindestgrenze von 95 %.

Das FA legte den Gewinn aus der Veräußerung der Inhaberschuldverschreibungen der Besteuerung zugrunde. Das FG hat der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage stattgegeben (FG Baden-Württemberg vom 23.6.2014, 9 K 4022/12, Haufe-Index 7199224, EFG 2014, 1791).

 

Entscheidung

Der BFH wies die dagegen eingelegte Revision des FA zurück. Der Gewinn aus der Veräußerung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen führe nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG, da die Schuldverschreibungen nicht als sonstige Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen seien. Nach den Emissionsbedingungen habe der Kläger ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold gehabt. Die Zahlung von Geld sei ausgeschlossen gewesen. Zudem sei die Emittentin nicht berechtigt gewesen, über das von ihr bei der Ausgabe der Inhaberschuldverschreibungen eingesammelte Kapital frei zu verfügen, da sie verpflichtet gewesen sei, das Kapital zu mindestens 95 % in physisches Gold zu investieren.

 

Hinweis

1. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

2. Sonstige Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind alle auf eine Geldleistung gerich­teten Forderungen, deren Steuerbarkeit sich nicht bereits aus einem anderen Tatbestand i.S.d. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 oder 8 bis 11 EStG ergibt.

3. Keine sonstigen Kapitalforderungen sind da­gegen Ansprüche auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen.

4. Nach diesen Maßstäben verbriefen Wertpapiere keine sonstigen Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn sie nicht einen Anspruch auf Geld, sondern auf eine Sachleistung – hier: auf die Lieferung von Gold – verkörpern, jedenfalls wenn das vom Anleger überlassenen Kapital nahezu vollständig in Gold investiert werden muss.

5.Der Anspruch auf die Lieferung von Gold wird auch dann nicht zu einem Anspruch auf Geld, wenn er am Sekundärmarkt veräußert werden kann. Die Veräußerung begründet lediglich ein weiteres vom Goldlieferungsanspruch unabhängiges Rechtsverhältnis.

6. Derartige "Goldgeschäfte" sind daher als private Veräußerungsgeschäfte i.S.v. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu beurteilen. Gewinne daraus sind nur steuerbar, wenn die insoweit maßgebliche Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht überschritten ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.5.2015 – VIII R 35/14

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