Leitsatz

Für Jahre seit Inkrafttreten des § 15b EStG kann die auf § 42 AO gestützte Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Fondsetablierungskosten bei modellhafter Gestaltung nicht mehr angewendet werden.

 

Normenkette

§ 15b, § 5a EStG, § 42 AO

 

Sachverhalt

Nach Gründung einer GmbH & Co. KG, die als Fonds tätig werden sollte, hatte die KG aufgrund von Verträgen mit ihren Gründungsgesellschaftern im Jahr 2007 ein Fondskonzept entwerfen und dann umsetzen lassen, wonach der Fonds in Schiffsgesellschaften investieren sollte, die Containerschiffe einer bestimmten Größenklasse betrieben und ihren steuerlichen Gewinn pauschal nach der Tonnage ermittelten. Anhand des Konzepts ließ die KG nach geeigneten Zielfonds suchen, erwarb die erste Beteilung zum 1.1.2008 und im Anschluss daran bis 2010 insgesamt über 400 Beteiligungen.

In ihrer Gewinnermittlung für 2007 behandelte die KG Eigenkapitalvermittlungsprovisionen und Kosten für die Entwicklung der Konzeption, Erstellung der Emissionsunterlagen, Prospektgutachten, Rechtsberatung und Analyse von Zielfonds (sog. Etablierungskosten) ebenso wie die laufenden Verwaltungskosten als sofort abziehbare Betriebsausgaben. Der entsprechend abgegebenen Gewinnfeststellungserklärung folgte das FA zunächst, änderte aber später seine Auffassung und ging davon aus, dass die Etablierungskosten Anschaffungskosten der später erworbenen Beteiligungen seien. Die laufenden Verwaltungskosten betrachtete das FA zu 95 % als Sonderbetriebsausgaben bei den Beteiligungsgesellschaften und ging von deren Abgeltung durch den Tonnagegewinn aus.

Die dagegen erhobene Klage hatte erstinstanzlich nur in Bezug auf die laufenden Verwaltungskosten Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 18.6.2015, 2 K 145/13, Haufe-Index 8415925).

 

Entscheidung

Der wegen der Etablierungskosten eingelegten Revision der KG gab der BFH statt. Die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze, nach denen Etablierungskosten als Anschaffungskosten des Investitionsgegenstands behandelt wurden, seien ab 2007 durch § 15b EStG überholt. Die Kosten seien dann im Rahmen der Gewinnfeststellung als Betriebsausgaben zu behandeln. Ein Abzugsverbot könne sich vor Erwerb der Beteiligungen an tonnagebesteuerten Zielfonds auch nicht aus § 5a EStG ergeben.

 

Hinweis

1. Unter Hinweis auf den 2007 eingeführten § 15b EStG gibt der BFH mit dieser Entscheidung zumindest für gewerbliche Fonds eine langjährige Rechtsprechung auf, nach der die bei Auflegung eines Fonds früher üblicherweise anfallenden hohen Anlaufkosten steuerlich nicht sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten. Seit 2001 ging der BFH bei gebündelten Verträgen im Zusammenhang mit der Einwerbung von Fondsanlegern von einem Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO aus. Die angemessene Gestaltung bestimmte er aus der Perspektive des Anlegers, der nach Meinung des BFH seine gesamten Aufwendungen als Investition in die Beteiligung an dem Fonds ansieht.

2. Mit § 15b EStG wollte der Gesetzgeber nach Meinung des BFH alle Gestaltungen treffen, die dem Anleger zunächst hohe Verlustanteile, später aber Gewinnanteile vermitteln. Dazu gehören insbesondere auch Fonds, die hohe Anlaufverluste durch Kosten aus der Entwicklung und Umsetzung des Konzepts und der Einwerbung von Eigenkapital erzielen. In der gesetzgeberischen Regelung ist danach eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift zu sehen, die der auf die Generalklausel des § 42 AO gestützten Rechtsprechung zu Fondsetablierungskosten den Boden entzieht.

Für den Anleger ist diese Neuorientierung möglicherweise ungünstiger. Denn nach § 15b EStG kommt es zum Abzug der Kosten nur insoweit, als später auch tatsächlich Gewinne aus dem Fonds entstehen. Bleiben die Gewinne hinter den Anlaufverlusten zurück, wirken sich die Kosten insoweit endgültig nicht einkommensmindernd aus.

3. Ob die Voraussetzungen des § 15b EStG im Urteilsfall erfüllt waren, war vom BFH im Verfahren über die Feststellung der Einkünfte nicht zu prüfen. Darauf käme es erst in einem Verfahren zur Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG an. Sollte sich dort ergeben, dass nicht alle Voraussetzungen des § 15b EStG erfüllt sind, könnten die Verluste in voller Höhe zum Ausgleich anderer positiver Einkünfte dienen; auch § 15a EStG wäre nach § 15b Abs. 1 Satz 3 EStG ausgeschlossen. Eine subsidiäre Anwendung der ­Generalklausel des § 42 AO und damit ein Wiederaufleben der alten Rechtsprechung zu Fondsetablierungskosten schließt der BFH ausdrücklich aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.4.2018 – IV R 33/15

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