Rz. 193

Abbruchkosten: Für vertragliche Verpflichtungen zum Abbruch von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden besteht Rückstellungspflicht.[1] Die Rückstellungsbildung erfolgt als sog. unechte Ansammlungsrückstellung bzw. Verteilungsrückstellung.[2] Für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen ist analog zu verfahren, soweit mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zu rechnen ist.[3] → Entfernungsverpflichtungen, Rz 242.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt hat eine vertragliche Abbruchverpflichtung ab dem 1.1.01. Das Unt schätzt die nach zehn Jahren anfallenden Abbruchkosten unter Einbeziehung erwarteter Kostensteigerungen mit 50.000 EUR. Der nach § 253 Abs. 2 HGB anzuwendende Zinssatz beläuft sich annahmegemäß auf 6,0 %.[4] Der Rückstellungsbetrag ist linear auf die Laufzeit zu verteilen und abzuzinsen. Hieraus ergibt sich folgender Rückstellungsverlauf:

 
Jahr Sonstiger betrieblicher Aufwand Zinsen und ähnliche Aufwendungen Gesamtaufwand Rückstellung
01 2.959 0 2.959 2.959
02 3.137 178 3.315 6.274
03 3.325 376 3.701 9.975
04 3.525 599 4.124 14.099
05 3.736 846 4.582 18.681
06 3.961 1.121 5.082 23.763
07 4.198 1.426 5.624 29.387
08 4.450 1.763 6.213 35.600
09 4.717 2.136 6.853 42.453
10 5.000 2.547 7.547 50.000
  39.008 10.992 50.000  
 

Rz. 194

Abfallbeseitigung und -recycling: Hierunter zählen alle laufenden Verpflichtungen zur Beseitigung von Abfällen, Verwertung von Reststoffen, Entsorgung radioaktiver Abfälle, Rücknahme von Verpackungen u. Ä. auf gesetzlicher oder behördlicher Grundlage. Sobald eine Außenverpflichtung besteht, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, ist Rückstellungspflicht gegeben. Die konkrete öffentlich-rechtliche Verpflichtung ergibt sich aus Verordnungen,[5] die Einzelheiten zu den Verpflichtungen, den Erzeugnissen und der Ausführung der erforderlichen Maßnahmen bestimmen. → Entfernungsverpflichtungen, Rz 242; Produktverantwortung, Rz 300.

 

Rz. 195

Abfindung: Für zukünftige Abfindungszahlungen an langjährige Mitarbeiter ist mangels hinreichender Konkretisierung keine Rückstellung zulässig.[6] Für am Abschlussstichtag noch nicht ausgesprochene, aber konkret absehbare Abfindungszahlungen für Mitarbeiter bzw. vertraglich bereits konkretisierte Verpflichtungen sind demgegenüber Rückstellungen zu passivieren.[7]

 

Rz. 196

Abrechnungsverpflichtungen: Soweit am Abschlussstichtag Bauleistungen bereits abgenommen (§ 640 BGB), aber noch nicht abgerechnet sind (§ 14 VOB/B), so ist für die Abrechnungskosten eine Rückstellung zu bilden. Hierbei handelt es sich um eine Nebenleistungsverpflichtung zum Bauvertrag, die über die übliche Rechnungsstellung hinaus besondere Berechnungs- und Abrechnungsmodalitäten umfasst.[8] Gleiches gilt für Abrechnungen nach den allgemeinen Bedingungen für Gas- und ElektrizitätsversorgungsUnt.[9]

 

Rz. 197

Abschlussgebühren für Bausparverträge: Bausparkassen haben eine Verbindlichkeitsrückstellung zu passivieren für die ungewisse Verpflichtung, an Bausparer, die nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen verzichten, bei Vertragsabschluss erhobene unverzinsliche Einlagen zurückzuzahlen.[10] Der Rückstellungsbetrag ist anhand von Erfahrungswerten der Vergangenheit zu schätzen.[11]

 

Rz. 198

Aktienorientierte Vergütung: Bei Aktienoptionen ist zu unterscheiden, ob das Unt im Zeitpunkt der Optionsgewährung die (eigenen) Aktien noch nicht besitzt oder ob die Aktien vor oder im Zuge der Optionsgewährung bereits erworben wurden. Im ersteren Fall ist nach h. M. eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden, da der Mitarbeiter bis zum Zeitpunkt der Optionsausübung in Vorleistung (durch Erbringung der Arbeitsleistung) geht und somit für das Unt ein Erfüllungsrückstand besteht.[12] Auch für den zweiten Fall ist eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden, wobei zu berücksichtigen ist, dass bzgl. der eigenen Anteile eine Bewertungseinheit vorliegt. Durch die seit Inkrafttreten des BilMoG geänderte Abbildung von eigenen Aktien (§ 272 Rz 75 ff.) hat sich bislang noch keine h. M. zur weiteren Bildung herauskristallisiert. Es gibt grds. die Möglichkeit, unverändert eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden,[13] i. H. d. zu erfassenden Personalaufwands die Kapitalrücklage zu dotieren[14] oder bis zur Ausübung der Option gar keinen Personalaufwand zu erfassen.[15] Nach der hier vertretenen Auffassung ist die zweite Alternative (Buchungssatz: Personalaufwand an Kapitalrücklage), die im Übrigen im Wesentlichen IFRS 2 entspricht, zu präferieren.

Für in bar zu erfüllende Aktienoptionsprogramme lehnt der BFH eine Rückstellungsbildung ab.[16] Diese Ansicht überzeugt handelsrechtlich nicht und wird von der h. M. abgelehnt,[17] sodass für derartige Fälle auch nach der hier vertretenen Ansicht Rückstellungen zu bilden sind. Diese sind ratierlich über den Erdienungszeitraum aufzubauen. Dies gilt auch, wenn noch Ausübungshürden zu erfüllen sind.[18]

 

Rz. 199

Altauto/Altbatterie: → Abfallbeseitigung und -recycling, Rz 194.

 

Rz. 200

Altersfreizeit bzw. -mehrurlaub: Für ältere Arbeitnehmer, die neben ihrem arbeitsv...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge