Rz. 122

Das Temporary-Konzept erfasst nicht allein die sich in der GuV auswirkenden temporären Differenzen, sondern auch erfolgsneutral zu erfassende Bilanzierungs- und Bewertungsabweichungen zwischen Handelsbilanz und maßgeblichem Steuerwert.[1] In der Praxis existieren nur wenige Anwendungsfälle für die erfolgsneutrale Bildung von Steuerlatenzen im Jahresabschluss.[2] Sie treten bei Erwerbsvorgängen von VG auf, bei denen Differenzen zwischen dem handelsbilanziellen Wert und dem maßgebenden Steuerwert bestehen. Da für die Anschaffung eines VG der Grundsatz der Erfolgsneutralität gilt, ist es sachgerecht, dies auch für die darauf zu berücksichtigenden latenten Steuern zu übertragen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Die GmbH erwirbt eine Maschine zum Kaufpreis von 100 TEUR, die im Sachanlagevermögen aktiviert wird. Für die Anschaffung der Maschine erhält die GmbH eine steuerfreie Investitionszulage i. H. v. 30 TEUR. Die AK werden handelsbilanziell um die Investitionszulage gekürzt.[4] In der Steuerbilanz werden die AK der Maschine nicht gekürzt, sondern die Investitionszulage in voller Höhe ergebniswirksam erfasst. Die Maschine weist somit bei Aktivierung in der Handelsbilanz einen Wert von 70 TEUR, in der Steuerbilanz einen Wert von 100 TEUR aus. Bei einem Steuersatz von 30 % ergibt sich eine aktive Steuerlatenz von 9 TEUR, die erfolgsneutral einzubuchen ist. Die Handelsbilanz weist folgendes Bild aus (in TEUR):

 
Aktiva Bilanz Passiva
         
Technische Anlagen und Maschinen   70 Andere Gewinnrücklagen   9
         
Aktive latente Steuern   9    
           

Die Einbuchung der aktiven latenten Steuern lautet demgemäß:

 
Konto Soll Haben
Aktive latente Steuern 9  
Andere Gewinnrücklagen   9

An den folgenden Abschlussstichtagen sind die aktiven latenten Steuern erfolgswirksam anzupassen, da sich die Wertveränderungen bei der Maschine (Abschreibungen) ebenfalls erfolgswirksam auswirken.

 

Rz. 123

Weitere Anwendungsfälle für die erfolgsneutrale Bildung von Steuerlatenzen stellen Sacheinlagen und Verschmelzungen (Rz 99) dar.

 

Rz. 124

Als Anwendungsfälle zur erfolgswirksamen Erfassung von Steuerlatenzen seien exemplarisch genannt:

  • Bildung einer Drohverlustrückstellung in der Handelsbilanz, die gem. § 5 Abs. 4a EStG nicht in der Steuerbilanz angesetzt werden darf,
  • Abschreibungen auf Anteile an einer PersG, die sich steuerlich wegen der sog. Spiegelbildmethode nicht auswirken,
  • Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen VG des Anlagevermögens (z. B. Entwicklungskosten) in der Handelsbilanz, die steuerlich gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht angesetzt werden dürfen,
  • Bewertungsdifferenzen bei Pensionsrückstellungen zwischen dem handelsbilanziellen Wert und dem nach § 6a EStG in der Steuerbilanz anzusetzenden Wert,
  • Bewertungsdifferenzen bei sonstigen Rückstellungen zwischen Handels- und Steuerbilanz, die aus der Berücksichtigung von zukünftigen Preis- und Kostensteigerungen sowie der Abzinsung resultieren,
  • Vornahme von steuerlichen Sonderabschreibungen in der Steuerbilanz (z. B. Denkmalschutzabschreibungen nach § 7i EStG),
  • Bildung von Vorsorgereserven gem. § 340f HGB für Kreditinstitute, die steuerlich nicht anerkannt werden.
 

Rz. 125

Das folgende Beispiel illustriert die Bilanzansätze und die Buchungssätze bei einer erfolgswirksamen Einbuchung von Steuerlatenzen:

 
Praxis-Beispiel

Die GmbH bildet in der Handelsbilanz zum 31.12.01 eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (verlustträchtige Aufträge im Auftragsbestand) i. H. v. 100 TEUR, die in der Steuerbilanz nicht angesetzt werden darf. Der Steuersatz (KSt, SolZ, GewSt) beläuft sich auf 30 %, sodass aktive latente Steuern i. H. v. 30 TEUR auszuweisen sind (Aktivierungswahlrecht wird ausgeübt). Die Handelsbilanz zum 31.12.01 weist folgendes Bild aus (in TEUR):

 
Aktiva Bilanz 31.12.01 Passiva
       
      Sonstige Rückstellungen   100
Aktive latente Steuern   30    
           

Die Buchungssätze im Jahr 01 lauten entsprechend:

 
Konto Soll Haben
Sonstige betriebliche Aufwendungen 100  
Sonstige Rückstellungen   100
Aktive latente Steuern 30  
Steuern vom Einkommen und vom Ertrag   30

Im Jahr 02 werden die aus den verlustträchtigen Aufträgen anfallenden Mehraufwendungen in der laufenden Buchführung in den Sonstigen betrieblichen Aufwendungen erfasst. Die Abschlussbuchungen zur Berücksichtigung des Verbrauchs der Rückstellung und der Auflösung der Steuerlatenz lauten somit:

 
Konto Soll Haben
Sonstige Rückstellungen 100  
Sonstige betriebliche Aufwendungen   100
Steuern vom Einkommen und Ertrag 30  
Aktive latente Steuern   30
 

Rz. 126

Fraglich ist, wie vorzugehen ist, wenn Bilanzierende das Aktivierungswahlrecht für einen Aktivüberhang ausüben und einen saldierten Ausweis vornehmen, wenn in den zu verrechnenden aktiven und passiven latenten Steuern sowohl erfolgsneutral als auch erfolgswirksam einzubuchende Sachverhalte enthalten sind. Hier erscheint eine Pro-rata-Verrechnung die sachgerechte Vorgehensweise zu sein, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:[5]

 
Praxis-Bei...

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