Die Beratungsbefugnis wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Mitglied Überschusseinkünfte bezieht, die einheitlich und gesondert festgestellt werden, z. B. aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft oder aus einem Gemeinschaftsdepot. Auch hier ist die Höhe der anteiligen Einnahmen aus der Beteiligung maßgeblich. Wenn die Grenzen von 18.000 EUR/36.000 EUR nicht überschritten werden, besteht die Beratungsbefugnis. Dies gilt nach wie vor nicht für einheitlich und gesondert festgestellte Gewinneinkünfte z. B. aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit. Diese dürfen auch nicht "nachrichtlich" übernommen werden.[1]

Dadurch, dass der Gesetzgeber die Befugnis nicht mehr an dem Begriff "Lohnsteuersachen", sondern generell am Begriff "Steuersachen" festmacht, ist zu folgern, dass die Lohnsteuerhilfevereine bei ansonsten zulässiger Hilfeleistung z. B. auch bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Überschusseinkünften i. S. d. §§ 179 ff. AO beraten dürfen, wenn alle Beteiligten des Feststellungsverfahrens Mitglieder des Vereins sind und jeder Beteiligte die Einnahmegrenze des § 4 Nr. 11c StBerG nicht überschreitet.[2]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 17 
Beratungsbefugnis bei Geschwistern mit Vermietungseinkünften aus einer Erbengemeinschaft

Die Steuerpflichtigen Bernd und Uschi Erbe sind Geschwister. Sie erhalten von ihren Eltern zum 1.1.2023 ein Dreifamilienhaus je zur Hälfte überschrieben. Uschi ist ledig, Bernd verheiratet. Seine Frau hat keine eigenen Einkünfte und wird mit ihrem Mann zusammen veranlagt. Bernd und Uschi haben ansonsten nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die gesamten Einnahmen des vermieteten Hauses belaufen sich im Jahr 2023 auf 27.000 EUR.

Wenn beide Geschwister Mitglied im selben Lohnsteuerhilfeverein sind, darf dieser die Erklärung 2023 erstellen, denn durch die Zuordnung der Einnahmen von jeweils 13.500 EUR ist der Grenzbetrag von 18.000 EUR für die ledige Steuerpflichtige Uschi Erbe ebenso unterschritten, wie der Grenzbetrag von 36.000 EUR für ihren verheirateten Bruder.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 18 
Beratungsbefugnis bei geschwisterlicher Erbengemeinschaft und Ehegattenveranlagung

Die Steuerpflichtigen Bernd und Uschi Erbe sind Geschwister. Sie erhalten von ihren Eltern zum 1.1.2023 ein Dreifamilienhaus je zur Hälfte überschrieben. Uschi ist ledig, Bernd verheiratet. Seine Frau Maria ist ebenfalls berufstätig. Sie hat eigene Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. Ihre Einnahmen aus Kapitalvermögen betragen 10.000 EUR.

Bernd und Uschi haben ansonsten nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Einnahmen des vermieteten Hauses belaufen sich im Jahr 2023 auf 28.000 EUR.

Wer darf wobei beraten werden?

  • Die Einkommensteuererklärung der Uschi Erbe darf von einem Lohnsteuerhilfeverein erstellt werden.
  • Wählen die Eheleute Bernd und Maria Erbe die Zusammenveranlagung, ist die Beratungsbefugnis gegeben, weil die zusammengerechneten Einnahmen der Ehegatten aus den Einkunftsarten Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen (24.000 EUR) den Grenzbetrag von 36.000 EUR nicht überschreiten. Auch die Feststellungserklärung darf erstellt werden.
  • Wählt Bernd Erbe die Einzelveranlagung für Ehepartner und sind beide Geschwister Mitglied im Lohnsteuerhilfeverein, ist die Beratungsbefugnis für die Einkommensteuererklärungen der Geschwister Erbe gegeben, weil durch die Zuordnung der Einnahmen von jeweils 14.000 EUR der Grenzbetrag von 18.000 EUR für die beiden Steuerpflichtigen nicht überschritten ist.
  • Die Ehefrau Maria Erbe darf ebenfalls steuerlich von einem Lohnsteuerhilfeverein beraten werden, weil ihre Einnahmen aus Kapitalvermögen unter dem Grenzbetrag von 18.000 EUR liegen.

Sind die Arbeitnehmer Mitglieder unterschiedlicher Lohnsteuerhilfevereine, darf keiner der beteiligten Lohnsteuerhilfevereine im Rahmen des Feststellungsverfahrens beraten. Die Lohnsteuerhilfevereine dürfen jedoch den einheitlich und gesondert festgestellten Überschuss ihres jeweiligen Mitglieds, gegenüber dem die Hilfeleistung ansonsten zulässig ist, nachrichtlich in dessen Einkommensteuererklärung übernehmen, wenn die anteiligen Einnahmen die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Buchst. c StBerG i. H. v. 18.000 EUR nicht übersteigen.

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