Leitsatz

1. Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein zur Privatnutzung überlassenes Firmenfahrzeug ist nicht als Sonderausstattung in die Bemessungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG einzubeziehen.

2. Eine Sonderausstattung i.S.d. Gesetzes liegt nur dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist.

3. Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, werden sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit einer privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben; unselbstständige Ausstattungsmerkmale können nicht getrennt bewertet werden.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

K vertreibt für Kfz Flüssiggas, insbesondere über Tankstellen. Kontakte werden über Außendienstmitarbeiter hergestellt. Um den Gasabsatz zu fördern, stattet K ihre Firmenfahrzeuge in zeitlicher Nähe zur Auslieferung mit Gasbetrieb aus und versieht sie mit darauf hinweisenden Werbeaufklebern. Die Umbaukosten (ca. 2 500 EUR) trägt die Leasinggesellschaft, die diese Kosten über die Leasinggebühr abrechnet. Die Leasinggebühren, die sich nach Listenpreis, Sonderausstattungen und Umbauten richten, und alle weiteren Aufwendungen für die Firmenfahrzeuge trägt ausschließlich K.

K überlässt ihren Außendienstmitarbeitern kostenlos die geleasten Fahrzeuge auch zur privaten Nutzung; dabei rechnete sie die Gasumrüstungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung ein. Das FA erhöhte dagegen die Bemessungsgrundlage um die nachträglichen Umrüstungskosten und erließ einen LSt-Nachforderungsbescheid.

Die Klage dagegen blieb erfolglos (FG Münster, Urteil vom 23.01.2009, 10 K 1666/07 L, Haufe-Index 2130893, EFG 2009, 659).

 

Entscheidung

Aus den unter Praxis-Hinweise dargelegten Erwägungen war die Bemessungsgrundlage der 1 %-­Regelung nicht um die Umrüstungskosten auf den Gasbetrieb zu erhöhen, sodass der BFH die Vorentscheidung aufhob und der Klage stattgab.

 

Hinweis

Der Streitfall entscheidet zur Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung anlässlich des nachträglichen Einbaus einer Gasanlage. Die Grundsätze gelten aber auch für andere nachträgliche An- und Einbauten.

1. Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung ist der inländische Listenpreis des betrieblichen Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der USt. "Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung" ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers. Kosten für werkseitig zusätzlich eingebaute Ausstattungen (Sonderausstattung) erhöhen den Listenpreis nach den Werten der Herstellerpreislisten. Der BFH begrenzt aber "Sonderausstattung" auf die werkseitig zusätzlich eingebaute Ausstattung des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung; hierzu zählt nicht der nachträgliche Einbau von zusätzlichen Ausstattungen. Denn die sind zum einen nicht werkseitig zusätzlich eingebaut, zum anderen im Zeitpunkt der Erstzulassung nicht vorhanden. Der BFH stellt entscheidend auf das Merkmal "Zeitpunkt der Erstzulassung" ab. Ansonsten müssten ohne zeitliche Begrenzung alle nachträglichen Umbaumaßnahmen an gebrauchten Fahrzeugen nachvollzogen werden. Nachträgliche Wertänderungen des überlassenen Fahrzeugs sind grundsätzlich unerheblich: nicht die tatsächlichen Anschaffungskosten, sondern der Listenpreis ist Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung, welchen tatsächlichen Wert auch immer das Fahrzeug bei seiner Überlassung hat.

2. Die in den Firmenwagen fest eingebaute Flüssiggasanlage ist auch kein eigenständiges Wirtschaftsgut, dessen Nutzbarkeit getrennt von der privaten Fahrzeugnutzung bewertet und als lohnsteuerrechtlich erheblicher Vorteil angesetzt werden könnte. Daher konnte der BFH offenlassen, ob der Einbau der Flüssiggasanlage in die Firmenfahrzeuge ausschließlich eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers diente oder überhaupt einen geldwerten Vorteil darstellte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.10.2010 – VI R 12/09

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