Leitsatz

Werden einzelne nachgewiesene Aufwendungen in Zusammenhang mit einer Körperbehinderung als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht, kann der Steuerpflichtige nicht zusätzlich noch den Behindertenpauschbetrag abziehen. Es besteht ein Wahlrecht zwischen Pauschbetrag und Einzelnachweis, urteilt das FG Nürnberg.

 

Sachverhalt

Ein Kiefern- und Gesichtschirurg erlitt infolge eines Unfalls eine Querschnittslähmung. In seinen Einkommensteuererklärungen der Jahre 2005 bis 2007 machte er neben dem erhöhten Behindertenpauschbetrag von 3.700 EUR (§ 33b Abs. 3 Satz 3 EStG) zusätzlich einzeln nachgewiesene Pflegeaufwendungen, Versicherungsleistungen, Fahrtkosten und Reisekosten für Begleitpersonen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Kosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG. Irrtümlich gewährte es zusätzlich den Behindertenpauschbetrag von 3.700 EUR, zog den Betrag aber von den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 33 Abs. 1 EStG wieder ab, sodass sich keine steuerliche Auswirkung ergab. Der Chirurg beantragte, zusätzlich zu den einzeln nachgewiesenen Kosten den Behindertenpauschbetrag des § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von 1.420 EUR zum Ansatz zu bringen.

 

Entscheidung

Der Chirurg kann neben den einzeln nachgewiesenen behinderungsbedingten Aufwendungen nicht noch zusätzlich den Pauschbetrag in Höhe von 1.420 EUR geltend machen. Das FG machte deutlich, dass der (in der Höhe variierende) Pauschbetrag des § 33b EStG nur anstelle der einzeln nachgewiesenen Kosten angesetzt werden darf. Gegenüber laufenden und typischen Kosten, die unmittelbar mit der Behinderung zusammenhängen, entfaltet der Pauschbetrag eine abgeltende Wirkung. Der Steuerpflichtige darf daher nicht die Kosten laut Einzelnachweis abziehen und daneben den Pauschbetrag des § 33b EStG beanspruchen. Parallel zum Abzug der einzelnen nachgewiesenen Kosten kann der Behindertenpauschbetrag auch nicht beschränkt mit einem Betrag von nur 1.420 EUR abgezogen werden (§ 33b Abs. 3 Satz 2 EStG). Eine Aufsplittung des Pauschbetrags ist nicht möglich, da § 33b Abs. 3 EStG nur einen einzigen Pauschbetrag enthält, der sich bei hilflosen und Blinden auf 3.700 EUR erhöht. Das Wahlrecht zwischen dem pauschalen Ansatz und dem Einzelnachweis betrifft daher nicht nur einzelne Teile des Pauschbetrags, sondern den Pauschbetrag insgesamt.

 

Hinweis

Für behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 95 bis 100 kommt ein Pauschbetrag von 1.420 EUR zum Ansatz (§ 33b Abs. 3 Satz 2 EStG). Für Hilflose und Blinde erhöht sich der Pauschbetrag auf 3.700 EUR (§ 33b Abs. 3 Satz 3 EStG).

Wie im Sachverhalt bereits beschrieben, hatte das Finanzamt dem Chirurgen irrtümlich den Pauschbetrag von 3.700 EUR gewährt und daneben den Abzug der tatsächlichen Aufwendungen (abzüglich des Pauschbetrags) zugelassen. Das FG merkte an, dass richtigerweise der volle Betrag der außergewöhnlichen Belastungen lt. Einzelnachweis anzusetzen ist und im Gegenzug der Ansatz eines Pauschbetrags unterbleiben muss. Gegenüber der Vorgehensweise des Finanzamts führt diese Berechnung im Ergebnis zwar zu keiner Änderung, dennoch setzt nur die zweite Berechnungsvariante die dargelegten Grundsätze zum Wahlrecht folgerichtig um.

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 10.12.2010, 7 K 515/10

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