Entscheidungsstichwort (Thema)

Wehrdienst in der Türkei. Urlaubskürzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein türkischer Arbeitnehmer zur Ableistung seines auf zwei Monate verkürzten Wehrdienstes in seinem Heimatland durch den Arbeitgeber einvernehmlich ohne Vergütung von seiner Arbeitspflicht befreit worden, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, für diese Zeit den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers anteilig zu kürzen.

 

Normenkette

BUrlG § 4; BErzGG § 17; EGVtr Art. 177; MuSchG § 8d; BUrlG § 13 Abs. 1; ArbPlSchG § 4 Abs. 1; BUrlG § 5 Abs. 1 Buchst. c

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 20.03.1984; Aktenzeichen 11 Sa 1864/83)

ArbG Rheine (Entscheidung vom 14.07.1983; Aktenzeichen 1 Ca 248/83)

 

Tatbestand

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und seit 1971 bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind kraft Tarifbindung die Tarifverträge der Textilindustrie für den Bereich Westfalens und den ehemaligen Regierungsbezirk Osnabrück anzuwenden - u. a. das Urlaubsabkommen für Arbeiter und Angestellte vom 8. Mai 1979 (UA), das Urlaubsgeldabkommen für Arbeiter und Angestellte vom 15. Mai 1981 (UG) sowie der Tarifvertrag über Jahressonderzahlung für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer der Textilindustrie vom 12. Mai 1982 (TVJ).

§§ 2 und 4 UA lauten:

"§ 2 Abs. 1

Der Urlaub beträgt ... im Jahre 1982

30 Arbeitstage.

§ 4

Als allgemeine Urlaubsbestimmungen gelten

die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes

vom 8.1.1963 sowie § 19 Jugendarbeitsschutz-

gesetz für Jugendliche, soweit sich nach-

folgend nichts anderes ergibt."

§§ 2 und 5 UG lauten:

"§ 2 Höhe des Urlaubsgeldes

1. Das Urlaubsgeld beträgt bei vollem tarifli-

chen Urlaubsanspruch für das Urlaubsjahr 1981

657,-- DM.

2. Bei anteiligem tariflichen Urlaubsanspruch

wird Urlaubsgeld entsprechend der Anzahl der

Urlaubstage gezahlt.

3. ...

§ 5

Die Parteien sind sich darüber einig, daß ab

1982 der Betrag des Urlaubsgeldes bei Neuab-

schlüssen des Lohntarifvertrages jeweils um

den Prozentsatz steigt, um den sich der Betrag

der Lohngruppe IV a des Lohntarifvertrages

erhöht."

In § 3 TVJ ist bestimmt:

"§ 3 Voraussetzungen

Beginnt oder endet das Beschäftigungsverhältnis

bzw. Ausbildungsverhältnis im Laufe des Kalen-

derjahres und hat der Arbeitnehmer/Auszubildende

eine ununterbrochene dreimonatige Wartezeit im

Kalenderjahr erfüllt, so erhält er für jeden

vollen Beschäftigungsmonat im Kalenderjahr 1/12

der Jahressonderzahlung.

Für Monate, in denen das Arbeitsverhältnis ganz

oder teilweise ruht, besteht kein Anspruch auf

Jahressonderzahlung.

Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung besteht

nur, wenn der Arbeitnehmer bzw. der Auszubildende

im Berechnungszeitraum mindestens 21 Arbeitstage

tatsächlich gearbeitet hat.

Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung besteht

ferner nicht bei Arbeitsvertragsbruch oder wenn

dem Arbeitnehmer bzw. Auszubildenden aus Gründen

gekündigt wurde, die zur fristlosen Entlassung

berechtigten."

Vom 1. März bis zum 30. April 1982 kam der Kläger seiner Wehrpflicht in der Türkei nach. Hierfür stellte ihn die Beklagte unter Fortfall seiner Bezüge vom 19. Februar bis zum 3. Mai 1982 von der Arbeit frei.

Die Beklagte weigert sich, dem Kläger mehr als 25 Urlaubstage zu gewähren und zahlte ihm auch das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld nur für 25 Tage. Damit ist der Kläger nicht einverstanden. Er hat den Resturlaubsanspruch zunächst mündlich im August 1982 und danach schriftlich am 23. Dezember 1982 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gewährung dieses Urlaubs sowie die Zahlung der Differenz zum vollen tariflichen Urlaubsgeld in rechnerisch unstreitiger Höhe von 113,80 DM.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. ihm 5 Tage Urlaub aus dem Urlaubsjahr 1982 zu gewähren, 2. ihm 113,80 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 21. März 1983 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagbegehren weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die ihm im Jahre 1982 nicht gewährten 5 Urlaubstage.

1. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß wegen der Freistellung des Klägers von der Arbeitspflicht für die Dauer seines Wehrdienstes in der Türkei ein Urlaubsanspruch des Klägers für diese Zeit nicht entstanden sei.

Nach §§ 2, 4 UA in Verb. mit §§ 1, 4 BUrlG hatte der Kläger mit Jahresbeginn 1982 einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen erworben, da er zu diesem Zeitpunkt die nach § 4 BUrlG vorgesehene Wartefrist erfüllt hatte. Am Bestehen dieses Anspruchs ändert sich durch die unbezahlte Freistellung des Klägers von der Arbeitspflicht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nichts.

Da der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen einvernehmlich von der Beklagten von der Arbeit freigestellt worden ist, bedarf es keiner Erwägung des Senats darüber, wie entschieden werden müßte, wenn der Kläger ohne Zustimmung der Beklagten seinem Wehrdienst in der Türkei nachgekommen wäre (vgl. dazu BAG 41, 229 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB; BAG 43, 263 = AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung und die hierzu vom Zweiten bzw. dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts vertretenen unterschiedlichen Rechtsauffassungen).

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Urlaubsanspruch könne nicht entstehen, wenn die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen. Deshalb sei auch ein Urlaubsanspruch für die Dauer der unbezahlten Dienstbefreiung des Klägers zu verneinen.

Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Dabei bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, ob dem Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt gefolgt werden kann. Im Zeitpunkt der Freistellung des Klägers am 19. Februar 1982 war der Urlaubsanspruch für das Jahr 1982 jedenfalls bereits entstanden. Der Urlaubsanspruch des Klägers nach den tariflichen Bestimmungen und dem Bundesurlaubsgesetz entsteht nicht erst nach und nach im Laufe des Jahres für die einzelnen Kalendermonate, sondern nach erstmaligem Ablauf der Wartefrist (§ 4 BUrlG) mit Beginn eines jeden Jahres insgesamt. Dies hat das Landesarbeitsgericht übersehen.

3. Auch soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgeht, die Beklagte sei berechtigt, den Urlaubsanspruch des Klägers entsprechend der Dauer des Ruhens des Arbeitsverhältnisses infolge der Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei zu kürzen, kann ihm nicht gefolgt werden.

Mit dieser Auffassung geht das Landesarbeitsgericht - im Widerspruch zu seinen vorangehenden Überlegungen - vom Bestehen eines Urlaubsanspruchs auch für die Zeit der Freistellung des Klägers aus, da nur ein entstandener Urlaubsanspruch kürzbar sein kann. Auch eine Kürzungsbefugnis der Beklagten bezüglich des Urlaubsanspruchs besteht gegenüber dem Kläger nicht.

Das Landesarbeitsgericht weist zur Begründung seiner Auffassung auf die nach § 4 Abs. 1 ArbPlSchG und nach § 8 d MuSchG (vgl. außerdem jetzt § 17 Abs. 1 BErzGG) gesetzlich vorgesehenen Kürzungsmöglichkeiten hin, die auch nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts hier nicht einschlägig sind, und meint, sie seien "Ausdruck der materiellen Gerechtigkeit, daß das Aussetzen der Arbeitspflicht auf seiten des Arbeitnehmers Einschränkungen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zur Folge habe, die zur Reduzierung von aus dieser Fürsorgepflicht normalerweise fließenden Verpflichtungen führen".

Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat nicht bei.

a) Es trifft zu, daß § 4 Abs. 1 ArbPlSchG auf den Kläger nicht anwendbar ist, weil das Arbeitsplatzschutzgesetz Schutzbestimmungen nur zugunsten von Arbeitnehmern enthält, deren Einberufung durch Maßnahmen veranlaßt worden ist, die auf der deutschen Wehrgesetzgebung beruhen (vgl. BAG 22, 232 = AP Nr. 3 zu Art. 177 EWG-Vertrag; BAG 41, 229 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB). Auch eine Gleichbehandlung ausländischer Arbeitnehmer ist nur bei Arbeitnehmern geboten, die Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Gemeinschaft sind und im Geltungsbereich des Arbeitsplatzschutzgesetzes beschäftigt werden (EuGH Urteil vom 15. Oktober 1969 - Rechtssache 15/69 - AP Nr. 2 zu Art. 177 EWG-Vertrag; BAG 41, 229, 240 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB, zu B II 2 a aa der Gründe, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind für den Kläger als türkischen Staatsangehörigen nicht gegeben, weil auch durch die zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei abgeschlossenen Assoziierungsabkommen eine Gleichstellung türkischer Arbeitnehmer insoweit bisher nicht vollzogen worden ist.

b) Der Versuch des Landesarbeitsgerichts, dennoch die Wirkungen dieses Gesetzes jedenfalls hinsichtlich der dort geregelten Kürzungsbefugnis auch auf den Kläger zu erstrecken, weil diese Regelung ebenso wie die in § 8 d MuSchG enthaltene Kürzungsmöglichkeit Ausdruck eines allgemeinen Prinzips sei, kann nicht überzeugen.

Das Landesarbeitsgericht hat übersehen, daß die von ihm herangezogenen Regelungen Ausnahmetatbestände enthalten, die jedenfalls nicht ohne zureichenden Grund zu verallgemeinern sind. Ein solcher Grund ist nicht ersichtlich. Beide vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Kürzungsbefugnisse betreffen Arbeitsverhältnisse mit erhöhtem Bestandsschutz. So ist nach §§ 9 und 9 a MuSchG die Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft und danach bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung und bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Beendigung des Mutterschaftsurlaubs ausgeschlossen. Ebenso darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach § 2 ArbPlSchG von der Zustellung des Einberufungsbescheids bis zur Beendigung des Grundwehrdienstes sowie während einer Wehrübung nicht kündigen. Diese Voraussetzungen treffen auf das Arbeitsverhältnis eines türkischen Arbeitnehmers nicht zu. Der Kläger kann als türkischer Staatsangehöriger auch nicht an den im Arbeitsplatzschutzgesetz weiter getroffenen arbeitsrechtlichen Schutzmaßnahmen zugunsten der Wehrpflichtigen teilhaben, die es rechtfertigen, für den Urlaubsanspruch eines deutschen Arbeitnehmers die Kürzungsbefugnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG für den Arbeitgeber zu begründen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Kürzungsbefugnis für den Arbeitgeber auch nicht mit Rücksicht auf die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Dezember 1982 (BAG 41, 229 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB) geboten. Durch diese Entscheidung ist nicht etwa der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses eines türkischen Arbeitnehmers dem des deutschen Wehrdienstleistenden angeglichen, sondern die Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer Interessenabwägung nach § 626 BGB abhängig gemacht worden.

Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß es der Einführung der Regelungen in § 8 d MuSchG und in § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG bedurfte, um eine Verringerung des Urlaubsanspruchs für die dort genannten Arbeitsverhältnisse zu ermöglichen. Ohne eine solche gesetzliche Regelung ist die Kürzung des Urlaubsanspruchs allein durch Erklärung des Arbeitgebers unzulässig.

c) Ebenso läßt sich eine Kürzungsbefugnis für den Arbeitgeber entgegen der von der Beklagten vor dem erkennenden Senat vorgetragenen Rechtsauffassung nicht aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG herleiten. Nach dieser Bestimmung (vgl. dazu das Urteil des BAG vom 18. Juni 1980 - 6 AZR 328/78 - AP Nr. 6 zu § 13 BUrlG Unabdingbarkeit) hat ein Arbeitnehmer, der nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, nur Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Die Anwendung dieser Bestimmung scheitert bereits daran, daß der Kläger nicht aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausgeschieden ist, sondern von beiden Parteien durch die Freistellung des Klägers von der Arbeit unter Fortfall seiner Bezüge zwar die Suspendierung der beiderseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis für die Wehrdienstzeit des Klägers vereinbart war, nicht aber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlaß des Wehrdienstes.

d) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fließt der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht aus einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, die es rechtfertigt, hier den Urlaubsanspruch des Klägers einzuschränken. Diese Auffassung ist mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu vereinbaren. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits ausführlich dargelegt, daß die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung seit Inkrafttreten des Bundesurlaubsgesetzes als Anspruchsgrund für den Urlaubsanspruch überholt ist, weil der Anspruch nunmehr in Voraussetzung und Wirkung sich nur noch nach dem Bundesurlaubsgesetz richtet (BAG 45, 184 = AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch). Entsprechendes trifft zu, wenn der Urlaubsanspruch in den Grenzen von § 13 Abs. 1 BUrlG durch tarifliche Regelungen verändert wird. Der Urlaubsanspruch ist damit ein durch Gesetz bzw. durch Tarifvertrag bedingter Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber von den aufgrund des Arbeitsverhältnisses entstehenden Arbeitspflichten (vgl. außerdem ebenso BAG 39, 53 = AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Übertragung; BAG 44, 278 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Fließt der Urlaubsanspruch nicht aus einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, kann eine Kürzungsbefugnis nicht aus einer Einschränkung dieser Pflicht, sondern nur aus einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung hergeleitet werden. Daran fehlt es.

e) Soweit schließlich das Landesarbeitsgericht meint, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses diene nicht der Erhaltung arbeitsvertraglicher Entgeltansprüche, auch wenn sie nicht von einer tatsächlichen Arbeitsleistung abhängig seien, hat es übersehen, daß der Streit sich nicht hierauf, sondern auf die vom Kläger begehrte Befreiung von der Arbeitspflicht bezieht.

4. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Urlaubsanspruch des Klägers auch nicht die Regelung in § 3 TVJ entgegen. Diese Tarifbestimmung bezieht sich nach ihrem Inhalt ausschließlich auf die Jahressonderzahlung, für die ein Anspruch an tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen geknüpft ist, bzw. der Anspruch für Monate ausgeschlossen ist, in denen das Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise ruht. Diese Regelung ist im Urlaubsabkommen nicht enthalten. Sie kann damit - abgesehen davon, daß jedenfalls bezüglich des Anspruchs auf gesetzlichen Urlaub gegen sie rechtliche Bedenken bestünden - nicht auf den tariflichen Urlaubsanspruch des Klägers übertragen werden.

5. Schließlich läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten ein Ausschluß des Anspruchs des Klägers auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Beklagte habe den Kläger nur unter der Voraussetzung für die Wahrnehmung seines Wehrdienstes freigestellt, daß dieser sich einen entsprechenden Teil seines Jahresurlaubs anrechnen lasse. Abgesehen davon, daß die Beklagte hierfür keine Tatsachen vorgetragen hat und auch entsprechende Feststellungen der Vorinstanzen fehlen, würde eine solche Vereinbarung jedenfalls gegen § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG verstoßen. Danach ist ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Soweit der Urlaubsanspruch des Klägers unmittelbar auf dem Bundesurlaubsgesetz beruht, ist im Hinblick auf § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG eine Abweichung von den Bestimmungen dieses Gesetzes zuungunsten des Arbeitnehmers ebenfalls unzulässig.

6. Der Gewährung des dem Kläger damit noch zustehenden Urlaubsanspruchs in Höhe von 5 Urlaubstagen steht nicht der Umstand entgegen, daß die Beklagte diesen Urlaub nicht bis zum 31. Dezember 1982 gewährt hat (vgl. BAG Urteile vom 7. November 1985 - 6 AZR 62/84 und 6 AZR 169/84 -, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Mit diesem Zeitpunkt ist zwar der Urlaubsanspruch erloschen, weil seiner Verwirklichung weder dringende betriebliche Gründe noch Gründe in der Person des Klägers entgegenstanden (§ 4 UA, § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 BUrlG). Die Beklagte war aber gegenüber dem Kläger mit der Urlaubsgewährung jedenfalls seit dessen Urlaubsverlangen im August 1982 im Leistungsverzug. Zwar kann nach dem Erlöschen des Urlaubsanspruchs die ursprünglich geschuldete Leistung wegen Zeitablaufs nicht mehr erbracht werden, da die Erfüllung dieser Leistung unmöglich geworden ist. Diese Unmöglichkeit hat aber die Beklagte zu vertreten (§ 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 280 Abs. 1, § 249 Satz 1 BGB), so daß anstelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs als Schadenersatzanspruch ein Urlaubsanspruch (Ersatzurlaubsanspruch) in gleicher Höhe getreten ist. Dieser Urlaubsanspruch entspricht seinem Umfang nach dem vom Kläger geltend gemachten Urlaubsanspruch.

II. Steht dem Kläger damit der von ihm begehrte Urlaubsanspruch zu, hat er nach §§ 2, 5 UG ebenfalls Anspruch auf das volle tarifliche Urlaubsgeld. Die Beklagte ist daher verpflichtet, dem Kläger die von diesem geforderte Differenz zu dem bereits von ihr gezahlten Betrag zu gewähren.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer

Kleeschulte Kordus

 

Fundstellen

Haufe-Index 441635

BAGE 52, 305-313 (LT)

BAGE, 305

BB 1986, 2200-2201 (LT1)

DB 1986, 2394-2396 (LT1)

NJW 1987, 602

NJW 1987, 602-604 (LT1)

ARST 1987, 70-71 (LT1)

NZA 1986, 559

NZA 1987, 13-15 (LT1)

RdA 1986, 406

SAE 1987, 69-71 (LT)

AP § 13 BUrlG (LT1), Nr 22

AP § 4 ArbPlatzSchutzG (L1), Nr 7

AR-Blattei, Ausländische Arbeitnehmer Entsch 33 (LT1)

AR-Blattei, ES 330 Nr 33 (LT1)

EzA § 3 BUrlG, Nr 15 (LT)

EzBAT § 48 BAT, Nr 1 (LT)

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