Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzelvertragliche Vereinbarung der AVR Caritas; Altersgrenzenregelung des § 19 Abs 3 AVR Caritas

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der in § 19 Abs 3 AVR Caritas geregelten Altersgrenze von 65 Lebensjahren handelt es sich nicht um eine kollektivrechtliche Vereinbarung. Sie war mit § 41 Abs 4 Satz 3 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 vereinbar, sofern ihre Geltung im dort genannten Zeitraum vereinbart oder bestätigt war.

 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1; AGBG § 2 Abs. 1; DCVArbVtrRL § 19; SGB VI Art. 2 Fassung 1994-07-26; SGB VI § 41 Abs. 4 S. 3 Fassung 1989-12-18

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 11.01.1996; Aktenzeichen 6 Sa 395/95)

ArbG Potsdam (Entscheidung vom 15.02.1995; Aktenzeichen 3 Ca 2143/93)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenvereinbarung.

Die Beklagte ist Trägerin des St. J in P . Dort war die am 28. November 1928 geborene Klägerin aufgrund eines Arztdienstvertrages vom 13. Juli 1961 als Fachärztin für Innere Medizin beschäftigt. Mit Schreiben vom 15. April 1991 bot ihr die Beklagte an, einen neuen Dienstvertrag nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes in der für die neuen Bundesländer geltenden Fassung (AVR Caritas) abzuschließen. Dabei sollte ihr Besitzstand gewahrt und ihre bisherige Beschäftigungszeit in den neuen Dienstvertrag aufgenommen werden.

Am 1. Juli 1991 schlossen die Parteien einen entsprechenden Arbeitsvertrag. § 2 des Vertrags lautet:

"...

Für das Dienstverhältnis gelten die "Richtlinien

für Arbeitsverträge des Deutschen Caritasverban-

des" (AVR) in der Fassung der Übergangsregelung

für die Bundesländer und den Teil des Landes

Berlin, für die das Grundgesetz vor dem 3.10.1990

nicht galt.

Diese Richtlinien sind Bestandteil des Dienstver-

trages und stehen dem Mitarbeiter/der Mitarbeite-

rin zur Kenntnisnahme zur Verfügung.

Bei Änderung der AVR gilt jeweils die in der Ca-

ritas-Korrespondenz veröffentlichte Fassung, ohne

daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf.

..."

§ 3 des Vertrages enthält u.a. folgende Bestimmung:

"§ 3

a) Der Dienstvertrag ist auf unbestimmte Zeit ab-

geschlossen.

b) Das Dienstverhältnis ist bis zum befri-

stet und endet zu diesem Zeitpunkt, ohne daß

es einer Kündigung bedarf. Unabhängig davon

ist das Dienstverhältnis für beide Parteien

vor Ablauf der vereinbarten Dauer gemäß § 14

Abs. 1 AVR ordentlich kündbar. Grund für die

Befristung: ...

..."

Nach § 19 Abs. 3 AVR Caritas endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf desjenigen Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet. Der vorherige Arbeitsvertrag der Klägerin enthielt keine Altersgrenzenregelung.

Die Klägerin begehrte erstmals zu Beginn des Jahres 1993 Einsicht in die AVR, die ihr im Personalbüro zur Verfügung gestellt wurden. Nachdem sie im Oktober 1993 erfolglos die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30. November 1993 hinaus verlangt hatte, erhob sie Klage auf Feststellung eines über diesen Zeitpunkt hinaus bestehenden Arbeitsverhältnisses. Daraufhin wurde sie von der Beklagten unter Aufrechterhaltung deren abweichenden Rechtsstandpunkts bis zum 7. Oktober 1994 weiterbeschäftigt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die AVR Caritas seien nicht wirksam vereinbart. Sie seien dem Vertrag nicht beigefügt gewesen und hätten ihr bei Vertragsschluß nicht zur Verfügung gestanden. Mit Abschluß des unbefristeten Arbeitsvertrages sei die Geltung des § 19 Abs. 3 AVR Caritas ausgeschlossen worden. Die Altersgrenzenregelung sei außerdem wegen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) VI in der bis zum 31. Juli 1994 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 92) unwirksam. Zumindest habe das Arbeitsverhältnis aufgrund der Regelung in Art. 2 des Sozialgesetzbuchänderungsgesetzes (SGB VI ÄndG) bis 31. März 1995 fortbestanden. Der Beklagten sei es nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt, sich auf die Altersgrenzenregelung zu berufen.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß das zwischen den Parteien be-

stehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der

Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin mit

Ablauf des 30.11.1993 endet, sondern über diesen

Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt sie ihr ursprüngliches Klageziel. Die Beklagte hat die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund einer wirksamen Altersgrenzenvereinbarung am 30. November 1993 geendet.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist § 19 Abs. 3 AVR Caritas anzuwenden. Diese Altersgrenze ist aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 erfolgten einzelvertraglichen Bezugnahme auf die gesamten AVR Caritas Vertragsbestandteil geworden.

a) Bei den AVR Caritas handelt es sich um kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 6. Dezember 1990 - 6 AZR 159/89 - BAGE 66, 314, 320 = AP Nr. 12 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - AP Nr. 1 zu § 10 a AVR Caritasverband - auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) das einzelne Arbeitsverhältnis nur in dem zwischen den Parteien vereinbarten Umfang gestalten können.

In dem Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 haben die Parteien die Geltung der AVR Caritas in der für die neuen Bundesländer jeweils geltenden Fassung vereinbart. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei diesem Arbeitsvertrag um einen Formularvertrag, dessen typische Bestimmungen der Senat im Revisionsverfahren selbst auslegen kann (BAG Urteil vom 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - AP Nr. 27 zu § 23 a BAT, zu I 3 a der Gründe, m.w.N.).

§ 2 des Arbeitsvertrages enthält eine dynamische Verweisungsklausel auf die Gesamtheit aller AVR-Regelungen. Durch die pauschale Verweisung auf die AVR Caritas in ihrer jeweils geltenden Fassung haben die Parteien eine umfassende Inbezugnahme dieses Regelungswerkes gewollt und damit ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht, daß für ihr Arbeitsverhältnis sämtliche Regelungen gelten sollen, die aktuell in den AVR Caritas ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 AZR 306/90 - AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk).

b) Die Parteien haben die Geltung der AVR Caritas nicht davon abhängig gemacht, ob sie der Vertragsurkunde beigefügt waren oder bei Vertragsschluß von der Klägerin eingesehen wurden. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 sind die Richtlinien Bestandteil des Dienstvertrages und stehen der Mitarbeiterin zur Kenntnisnahme zur Verfügung. Die Parteien haben damit nur eine Verpflichtung der Beklagten begründen wollen, der Klägerin auf deren Verlangen hin die jeweils geltenden Texte der AVR zur Einsichtnahme zu überlassen. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Vertragsklausel nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 133, § 157 BGB) ein weitergehender Erklärungsinhalt nicht entnommen werden.

Die Geltung der AVR Caritas scheitert auch nicht an einer fehlenden schriftlichen Bezugnahme auf den vorangegangenen Arbeitsvertrag, in dem eine entsprechende Formvorschrift enthalten war. Vertragsparteien können das für eine Änderung des Vertrages vereinbarte Schriftformerfordernis ebenso wie die Bezugnahme auf den sich ändernden Vertrag jederzeit aufheben. Das kann ausdrücklich oder - wie vorliegend - auch stillschweigend geschehen. Das gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien sich dem Schriftformerfordernis oder der Notwendigkeit einer Bezugnahme auf den zu ändernden Arbeitsvertrag nicht bewußt waren (BAG Urteil vom 28. Oktober 1987 - 5 AZR 518/85 - AP Nr. 1 zu § 7 AVR Caritasverband, zu III 2 der Gründe, m.w.N.).

c) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 AGBG. Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen von der Beklagten unter Bezugnahme auf Arbeitsvertragsrichtlinien einseitig vorgegebenen Formularvertrag, auf den die Vorschriften des AGBG keine Anwendung finden (§ 23 Abs. 1 AGBG). Allenfalls kommt die Heranziehung allgemeiner Rechtsgedanken in Betracht, die im AGBG ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BAG Urteil vom 29. November 1995 - 5 AZR 447/94 - AP Nr. 1 zu § 3 AGB-Gesetz, zu II 2 der Gründe, m.w.N.).

Danach bestehen an der wirksamen Einbeziehung der AVR Caritas im Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. Juli 1991 keine Zweifel. Bei der Regelung des § 2 Abs. 1 AGBG handelt es sich um eine Sondernorm für vorformulierte Vertragsbedingungen, die in ihrem Anwendungsbereich abweichende Vorschriften des allgemeinen Vertragsrechts des BGB verdrängen. Ihr Zweck ist darauf gerichtet, die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in Einzelverträge von einem eindeutigen rechtsgeschäftlichen Willen beider Vertragsparteien abhängig zu machen und der anderen Vertragspartei eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen. Diesen Anforderungen wird in Bezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrages schon deswegen gerecht, weil ein ausdrücklicher Hinweis auf die AVR Caritas enthalten und der Klägerin eine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme eingeräumt worden ist.

2. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 die Geltung des § 19 Abs. 3 AVR Caritas nicht ausgeschlossen. Für einen derartigen Parteiwillen ergeben sich weder aus dem Vertrag noch aus den sonstigen Umständen hinreichende Anhaltspunkte.

a) § 3 des Arbeitsvertrages sieht sowohl die Möglichkeit zum Abschluß eines unbefristeten (§ 3 a) als auch den Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses (§ 3 b) vor. Für den zweiten Fall bedarf der Vertragstext nach seiner inhaltlichen und optischen Ausgestaltung nicht nur der Angabe zur Dauer der Befristung, sondern auch weiterer Angaben zum Befristungsgrund. Davon haben die Parteien abgesehen und damit zum Ausdruck gebracht, einen Dienstvertrag auf unbestimmte Zeit zu schließen. Die gleichzeitige Vereinbarung einer Altersgrenzenregelung steht dazu nicht in Widerspruch. Altersgrenzenregelungen erfolgen regelmäßig nicht in Form einer kalendermäßigen Befristung, sondern mit der Benennung eines bestimmten Lebensalters und dessen Vollendung.

b) Ein vertraglicher Ausschluß des § 19 Abs. 3 AVR ergibt sich auch nicht anhand der vorvertraglichen Korrespondenz der Parteien. Die mit Schreiben vom 15. April 1991 von der Beklagten angekündigte Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die AVR Caritas und der dort angeführte Hinweis auf die Besitzstandswahrung konnte von der Klägerin nicht dahin verstanden werden, daß für ihr Arbeitsverhältnis nur die ihr günstigeren Positionen der AVR übernommen werden sollten. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich die angekündigte Besitzstandswahrung auf das Entgelt und nicht auf die sonstigen Arbeitsbedingungen. Eine Günstigkeitsregelung hätte auch dem erkennbaren Bemühen der Beklagten auf Angleichung und Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in ihrer Einrichtung widersprochen.

3. Die Altersgrenzenvereinbarung der Parteien verstieß nicht gegen § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI in der bis zum 31. Juli 1994 geltenden Fassung des RRG 92.

a) Nach § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 war eine Vereinbarung, wonach ein Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt enden soll, in dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat, nur wirksam, wenn die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt geschlossen oder von dem Arbeitnehmer bestätigt worden ist. § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 betraf nach der Senatsrechtsprechung auch einzelvertragliche Abreden. Sie waren unwirksam, soweit sie nicht unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift vereinbart oder bestätigt wurden (BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 - 7 AZR 135/93 - BAGE 74, 363 = AP Nr. 3 zu § 41 SGB VI). Vorliegend sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 eine wirksame einzelvertragliche Altersgrenzenvereinbarung von 65 Lebensjahren zugelassen hat. Die Vertragsparteien haben erstmals im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 eine Altersgrenzenregelung getroffen. Die Klägerin hat das 65. Lebensjahr am 28. November 1993 beendet.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei § 19 Abs. 3 AVR Caritas nicht um eine kollektivrechtliche Altersgrenze, die nach § 41 Abs. 4 Satz 3 SGV VI RRG 92 unwirksam war (vgl. BAG Urteil vom 20. Oktober 1993, aaO; Urteil vom 1. Dezember 1993 - 7 AZR 428/93 - BAGE 75, 166 = AP Nr. 4 zu § 41 SGB VI) und demzufolge nicht durch einfache Widerspiegelungsklausel kraft einzelvertraglicher Vereinbarung das einzelne Arbeitsverhältnis hätte gestalten können (BAG Urteil vom 7. Dezember 1977 - 4 AZR 474/76 - AP Nr. 9 zu § 4 TVG Nachwirkung; MünchArbR/Löwisch, § 262 Rz 12). Die AVR Caritas sind keine Kollektivnormen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sind die Richtlinien in Arbeitsverträgen in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes keine Tarifverträge. Es handelt sich dabei nicht um Vereinbarungen, die im Rahmen der von Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Rechtssetzungsautonomie nach den Grundsätzen des staatlichen Tarifrechts zustande gekommen sind. Sie beruhen vielmehr auf kirchenrechtlichen Bestimmungen und innerkirchlichen Vereinbarungen und sind nicht das Ergebnis von Verhandlungen mit freien und unabhängigen Tarifvertragsparteien (BAG Urteil vom 6. November 1996 - 10 AZR 287/96 - AP Nr. 17 zu §§ 22, 23 BAT Zuwendungs-TV, zu II 2 c cc der Gründe, m.w.N.). Vor allem fehlt ihnen diejenige Rechtsnormqualität, die der Gesetzgeber den Tarifverträgen und den Betriebsvereinbarungen in § 4 Abs. 1 TVG bzw. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ausdrücklich zugebilligt hat. Ob die AVR Caritas bei Abweichungen vom dispositivem Gesetzesrecht Tarifverträgen gleichgestellt sind und inwieweit sie wegen der Art und Weise ihres Zustandekommens die Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen in Anspruch nehmen können und deswegen nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. BAG Urteil vom 6. November 1996, aaO), ist für die Bestimmung ihrer Rechtsnatur nicht entscheidend.

4. Die Altersgrenzenvereinbarung ist auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam. Ein Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Klägerin liegt nicht vor (vgl. das weitere Senatsurteil vom 11. Juni 1997 - 7 AZR 186/96 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

5. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich die Klägerin nicht berufen. Dieser verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage (BAG Urteil vom 20. November 1996 - 5 AZR 645/95 - AP Nr. 148 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Daran hat sich die Beklagte gehalten. Sie hat allen in ihrer Einrichtung Beschäftigten die erst durch Inkrafttreten des Einigungsvertrags mögliche und notwendige Angleichung der Arbeitsbedingungen durch eine einvernehmliche Änderung der bisherigen Vertragsbedingungen angeboten. Auf die individuelle Wirksamkeit vergleichbarer Altersgrenzenvereinbarungen in den alten Bundesländern nach § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 hatte sie keinen Einfluß.

6. Die Klägerin ist über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus bis zum 7. Oktober 1994 beschäftigt worden. Diese Weiterbeschäftigung führt nicht zur Anwendbarkeit des § 2 SGB VI ÄndG.

Nach Art. 2 SGB VI ÄndG endet das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, das wegen § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 bis zum 1. August 1994 über das 65. Lebensjahr hinaus fortgesetzt worden ist, mit Ablauf des 30. November 1994. Die Anwendung dieser Vorschrift hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 8. November 1994 (BGBl. I, S. 3992) bis zum 31. März 1995 ausgesetzt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht erfaßt. Die Übergangsvorschrift des Art. 2 SGB VI ÄndG gilt nur für Arbeitsverhältnisse, die wegen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI RRG 92 nicht wirksam befristet waren und deswegen nach allgemeinen Grundsätzen fortbestanden. Dieser Unwirksamkeitsgrund liegt nicht vor; die Weiterbeschäftigung der Klägerin erfolgte auf anderer Rechtsgrundlage. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist sie ausschließlich aufgrund des Schwebezustandes im anhängigen Verfahren zur Abwendung finanzieller Nachteile für die Beklagte weiterbeschäftigt worden.

II. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Zugleich für den durch Schmidt

Urlaub verhinderten Vor-

sitzenden Richter Dörner

Steckhan

Seiler Dr. Koch

 

Fundstellen

Haufe-Index 441204

BB 1997, 2332 (Leitsatz 1)

EBE/BAG Beilage 1997, Ls 297/97 (Leitsatz 1)

ARST 1998, 20 (Leitsatz 1)

FA 1998, 25

FA 1998, 25 (Leitsatz 1)

NZA 1997, 1288

NZA 1997, 1288-1290 (Leitsatz 1 und Gründe)

RdA 1998, 58

RdA 1998, 58 (Leitsatz 1)

SAE 1998, 192

SAE 1998, 192 (Leitsatz 1)

ZTR 1998, 39 (Leitsatz 1)

AP § 19 AVR, Nr 1

AP § 41 SGB VI (Leitsatz 1), Nr 9

AP § 620 BGB Altersgrenze (Leitsatz 1), Nr 12

ArbuR 1997, 495 (Leitsatz 1)

EzA-SD 1997, Nr 22, 9 (Leitsatz 1)

EzA § 620 BGB Altersgrenze, Nr 7 (Leitsatz 1 und Gründe)

EzBAT § 60 BAT, Nr 10 (Leitsatz 1 und Gründe)

NJ 1997, 672 (Leitsatz 1)

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