Die besonderen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 und 5 EStG gelten für Auslandskinder beim Kindergeld und beim Kinderfreibetrag gleichlautend.

a) Arbeitsuchende bzw. beschäftigungslose Kinder

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG werden Kinder bis zum 21. Lebensjahr berücksichtigt, wenn sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Agentur für Arbeit im Inland (oder einem Jobcenter)[1] als arbeitsuchend gemeldet sind.

Aus diesem Grund können beschäftigungslose Kinder, die ihren Wohnsitz im Ausland und somit nicht bei einer inländischen Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet sind, grundsätzlich weder beim Kindergeld noch beim Kinderfreibetrag berücksichtigt werden.

Ausnahme:

Ein Kind, das in einem anderen EU-/EWR-Staat oder in der Schweiz bei der staatlichen Arbeitsvermittlung als arbeitsuchend gemeldet ist, ist als Kind sowohl beim Kindergeld[2] als auch beim Kinderfreibetrag zu berücksichtigen. Die verlängerte Berücksichtigung über das 21. Lebensjahr hinaus wegen Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes im anderen EU-/EWR-Staat oder in der Schweiz ist ebenfalls anzuwenden.

Der Nachweis ist durch eine Bestätigung der Arbeitsverwaltung des anderen EU-/EWR-Staats oder in der Schweiz zu führen.

Nach einem Urteil des BFH[3] erfüllt ein Kind, das bei einem ausländischen privaten Arbeitsvermittler arbeitslos gemeldet ist, nicht die Voraussetzungen von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG. Im Urteilsfall lebten die Kinder in den Niederlanden. Der BFH sieht zumindest dann keinen Verstoß gegen EU-Recht, wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat auch eine staatliche Arbeitsverwaltung existiert.

b) Kinder in Berufsausbildung

Kinder, die sich in einem ausländischen Staat in Berufsausbildung befinden, können aus diesem Grund nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG sowohl beim Kindergeld als auch beim Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt werden.[4] Für die Berücksichtigung ist es ohne Bedeutung, in welchem ausländischen Staat das Kind seine Berufsausbildung absolviert.

Die Tatsache der Berufsausbildung im ausländischen Staat hat der Anspruchsberechtigte bzw. Steuerpflichtige durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, z. B.

  • Bescheinigung der Schule,
  • Bescheinigung der Hochschule oder
  • Bestätigung des Ausbildungsbetriebs.

c) Kinder in einer Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG können auch Kinder, die sich in einem ausländischen Staat in einer Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes von höchstens 4 Monaten befinden, sowohl beim Kindergeld als auch beim Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag berücksichtigt werden.[5]

d) Kinder ohne Ausbildungsplatz ("Wartezeit")

Kinder sind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG auch zu berücksichtigen, wenn sie im Ausland ihren Wohnsitz haben und dort mangels Ausbildungsplatz ihre Berufsausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt nicht beginnen oder nicht fortsetzen können.

Voraussetzung[6] ist, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, um eine Berufsausbildung beginnen oder die Berufsausbildung fortsetzen zu können.[7]

Die Bemühungen des Kindes, in seinem Heimatland einen Ausbildungsplatz zu erlangen, müssen durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden.

Hier kommen z. B. in Betracht:

  • Meldung beim ausländischen Arbeitsamt als Bewerber für eine Ausbildungsstelle;
  • Bewerbungsunterlagen für einen Studienplatz;
  • Bewerbungsschreiben für einen Ausbildungsplatz.

Die Kinder können bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres wegen fehlenden Ausbildungsplatzes berücksichtigt werden.

e) Kinder in einem freiwilligen sozialen bzw. ökologischen Jahr nach ausländischem Recht oder bei der Freiwilligenaktivität im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps[8]

Die Berücksichtigung von Kindern, die im Ausland leben und einen dem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr vergleichbaren Dienst nach den Vorschriften des Wohnsitzstaats leisten, ist sowohl beim Kindergeld als auch beim Kinderfreibetrag ausgeschlossen. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung eines freiwilligen sozialen bzw. freiwilligen ökologischen Jahres.

Dasselbe gilt für einen anderen Dienst im Ausland i. S. d. ab 1.1.2011 eingeführten Internationalen Jugendfreiwilligendienstes und für den Bundesfreiwilligendienst[9] (ab 1.7.2011).

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG sind jedoch Kinder zu berücksichtigen, die eine Freiwilligenaktivität im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps i. S. d. Verordnung (EU) Nr. 2018/1475 leisten.[10]

U. E. können auch Kinder, die ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Staat haben und an einer Freiwilligenaktivität im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps teilnehmen, als ­Auslandskinder beim Kindergel...

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