Leitsatz

1. Eine erstmalige Berufsausbildung i.S.v. § 12 Nr. 5 EStG setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus.

2. Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist eine erstmalige Berufsausbildung.

 

Normenkette

§ 12 Nr. 5, § 9 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

K leistete nach dem Abitur den Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz als Rettungssanitäter, nachdem er die Ausbildung entsprechend der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung dazu erfolgreich absolviert hatte. Danach begann K eine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer und schloss im Juni 2006 einen Ausbildungsvertrag zum Erwerb der Berechtigung für "MCC-Boeing 737" ab. Seit Dezember 2006 ist er als Flugzeugführer beschäftigt. K beantragte mit seiner ESt-Erklärung, seine Ausbildungskosten (31.433 EUR) als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen und den verbleibenden Verlustabzug festzustellen. Das FA berücksichtigte die Aufwendungen nur als Sonderausgaben mit 4.000 EUR und lehnte die gesonderte Verlustfeststellung ab. Die Klage blieb erfolglos. Das FG beurteilte Ks Pilotenausbildung als erstmalige Berufsausbildung, die zum Rettungssanitäter sei keine Berufsausbildung (FG Münster, Urteil vom 6.5.2010, 3 K 3347/07 F, Haufe-Index 2365519, EFG 2010, 1496).

 

Entscheidung

Der BFH beurteilte die Ausbildung zum Rettungssanitäter aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen als Berufsausbildung. Er hob daher die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zur Prüfung der im Einzelnen geltend gemachten Aufwendungen zurück.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall handelt wieder von Kosten für eine Ausbildung zum Berufspiloten. Der BFH hätte es daher bei seiner bekannten und hier auch wieder bestätigten Rechtsprechung belassen können, dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG deren Abzug als Werbungskosten nicht entgegenstehen (BFH, Urteil vom 28.7.2011, VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1782, BFH/PR 2011, 377). Allerdings: der Steuerpflichtige hatte vor seiner Ausbildung zum Berufspiloten bereits eine als Rettungssanitäter abgeleistet, die FA und FG nicht als "erstmalige Berufsausbildung" i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG anerkannt hatten.

1. Angesichts dessen ging es hier auch um das Tatbestandsmerkmal "erstmalige Ausbildung". Berufsausbildung, im EStG (z.B. § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) nicht definiert, ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf, in der sich befindet, wer sich ernstlich auf sein noch nicht erreichtes Berufsziel vorbereitet. Dem dienen alle Maßnahmen zum Erwerb entsprechender Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (BFH, Urteil vom 4.12.2002, VI R 120/01, BFH/NV 2003, 255, BFH/PR 2003, 97) in Abgrenzung zur Allgemeinbildung (BFH, Urteil vom 15.3.2007, VI R 14/04, BFH/NV 2007, 1561, BFH/PR 2007, 325).

2. Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist Berufsausbildung i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG. Denn der Beruf wird regelmäßig im Vollerwerb ausgeübt, setzt eine mehrmonatige, landesrechtlich geregelte Ausbildung voraus und befähigt den Steuerpflichtigen, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen. Unerheblich war insoweit, dass K diese Ausbildung während der Zivildienstzeit durchlaufen und auch nur da den Beruf ausgeübt hatte. Die Berufsausbildung verlangt keine Mindestausbildungszeit, keine Ausbildung im dualen System oder irgendwelche innerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen und auch kein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz.

3. Für die Ausbildung zum Piloten dachte der BFH daran, ob die der Pilotenausbildung nachfolgende Ausbildung zum Erwerb einer Musterberechtigung für ein bestimmtes Verkehrsflugzeug (hier Boeing 737) noch Teil einer einheitlichen Ausbildung oder schon zweite Ausbildung ist; für Zwecke des Kindergelds liegt dazu eine Entscheidung vor (BFH, Urteil vom 4.3.2010, III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264), aber noch nicht zu § 12 Nr. 5 EStG.

4. Beachte: Diese Entscheidung ist angesichts der neuesten gesetzlichen Änderung von besonderer Bedeutung. Denn das Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie … vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, S. 2592) bestimmt in § 9 Abs. 6 EStG mit (Rück-)Wirkung ab 2004, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung keine Werbungskosten sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.10.2011 – VI R 52/10

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