Leitsatz

1. Aufwendungen für eine Feier anlässlich eines Geburtstags sind in der Regel auch durch die gesellschaftliche Stellung des Arbeitnehmers veranlasst und im Allgemeinen nicht als Werbungskosten anzuerkennen.

2. Allerdings kann sich trotz des herausgehobenen persönlichen Ereignisses aus den übrigen Umständen des einzelnen Falls ergeben, dass die Kosten für eine solche Feier ausnahmsweise ganz oder teilweise beruflich veranlasst sind.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr (2011) alleiniger Geschäftsführer einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (GmbH). Er vollendete im Streitjahr sein 60. Lebensjahr. Anlässlich seines Geburtstags lud er sämtliche Mitarbeiter der GmbH sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden (insgesamt ca. 70 Personen) in eine Werkstatthalle des Arbeitgebers ein. Die Kosten der Feier beliefen sich auf ca. 35 EUR pro Person. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger diese Aufwendungen vergeblich als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das FG gab der nach erfolglos eingelegtem Einspruch erhobenen Klage hingegen statt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.11.2015, 6 K 1868/13, Haufe-Index 8862141).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen zurück.

 

Hinweis

1. Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier sind nur dann nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Abzug zu bringen, wenn sie beruflich veranlasst sind.

2. Dies ist zunächst nach dem Anlass der Feier zu beurteilen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen.

Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Einschluss befreundeter Arbeitskollegen begangen.

Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (BFH, Urteil vom 11.1.2007, VI R 52/03, BFH/NV 2007, 340; BFH, Urteil vom 1.2.2007, VI R 25/03, BFH/NV 2007, 1022; BFH, Urteil vom 10.7.2008, VI R 26/07, BFH/NV 2008, 1831).

3. Da Personen, die zusammen arbeiten, häufig auch private Kontakte untereinander pflegen, kann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ferner bedeutsam sein, ob nur ausgesuchte Arbeitskollegen privat eingeladen werden oder ob die Einladung nach allgemeinen Kriterien beruflich ausgesprochen wird (BFH, Urteil vom 8.7.2015, VI R 46/14, BFH/NV 2015, 1013; BFH, Urteil vom 20.1.2016, VI R 24/15, BFH/NV 2016, 1340).

4. Nach diesen Grundsätzen können ausnahmsweise auch die Kosten für die Feier eines Geburtstags, eines herausragenden privaten Ereignisses, beruflich veranlasst sein. Dies ist insbesondere möglich, wenn die Feier nicht in erster Linie der Ehrung des Jubilars und damit nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und daher der Pflege des Betriebsklimas dient, der Jubilar mit seiner Einladung der Belegschaft (den Kolleginnen und Kollegen) Dank und Anerkennung zollt oder gefestigten betrieblichen Gepflogenheiten Rechnung trägt.

5. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG im Rahmen der ihm obliegenden Gesamtschau der Umstände die ausschließliche berufliche Veranlassung einer Veranstaltung u.a. daraus schöpft, dass

  • lediglich Personen aus dem beruflichen Umfeld und sämtliche Mitarbeiter des Arbeitnehmers eingeladen sind,
  • der Arbeitgeber in die Organisation der Veranstaltung eingebunden und damit zumindest mittelbar an deren Kosten beteiligt ist,
  • maßvolle Kosten (ca. 35 EUR pro Person bei ca. 70 Gästen) in Rede stehen,
  • die Veranstaltung im Betrieb (mit Bierzeltgarnituren hergerichtete und einfach geschmückte Werkstatthalle des Arbeitgebers) und zumindest teilweise während der Arbeitszeit (f...

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