Leitsatz

Bei einer Betriebsfortführung nach einer Anwachsung ist der Gewerbesteuerfreibetrag in voller Höhe zu gewähren. Die Aufteilung erfolgt anteilig nach den erwirtschafteten Gewerbeerträgen.

 

Sachverhalt

Die GbR S. & E. existierte bis zum Mai 2009. Nach dem Ausscheiden des Gesellschafters E führt S (Klägerin) den Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen fort. Das Finanzamt berechnete den Gewerbesteuermessbetrag für die GbR unter Ansatz eines zeitanteiligen Freibetrags i. H. v. 10.208 EUR (= 5/12 von 24.500 EUR). Im Einzelunternehmen ergab sich für die Zeit ab Juni 2009 lediglich ein Gewerbeertrag von 2.900 EUR, so dass darauf nur ein Freibetrag in Höhe von 2.900 EUR entfiel. Der Gewerbeertrag der GbR und des Einzelunternehmens betrug insgesamt 28.200 EUR. Daher war nach Auffassung der Klägerin der gesamte Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) zu berücksichtigen.

Das Finanzamt vertritt die Meinung, dass bei einem Betriebsübergang von einer Personengesellschaft auf eine natürliche Person der für das gesamte Jahr zu ermittelnde Steuermessbetrag auf die Steuerschuldner aufzuteilen und jeweils getrennt festzusetzen sei. Dabei seien Abrundungsbetrag und Freibetrag zeitanteilig aufzuteilen.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Für den Erhebungszeitraum 2009 ist insgesamt nur ein Freibetrag zu gewähren, da die Steuerpflicht bei einer Übertragung eines Unternehmens im Ganzen im gesamten Erhebungszeitraum besteht. Allerdings hat das Finanzamt zu Unrecht für die GbR jedoch nur einen anteiligen Freibetrag in Höhe von 5/12 des Jahresbetrages gewährt.

Der Gewerbesteuermessbetrag ist grundsätzlich betriebsbezogen zu ermitteln. Es ist deshalb darauf abzustellen, dass die sachliche Steuerpflicht trotz des Rechtsformwechsels im gesamten Erhebungszeitraum durchgehend bestanden hat. Außerdem ist das Einzelunternehmern als Gesamtrechtsnachfolgerin auch Steuerschuldnerin für die Steuerschulden der GbR geworden. Daraus sind nach dem Verständnis des Finanzgerichts die aufgeteilten Gewerbesteuermessbeträge so zu ermitteln, dass dem Steuerschuldner ein Abzug des vollen Freibetrages nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG ermöglicht wird. Hierzu ist der Messbetrag auf der Grundlage des Gewerbeertrages für das gesamte Jahr zu ermitteln und anschließend im prozentualen Verhältnis der erzielten Gewerbeerträge zu verteilen.

 

Hinweis

Mit dem Urteil kommt das Sächsische Finanzgericht zu einem anderen Ergebnis als das Finanzgericht Münster in einem ähnlichen Sachverhalt (FG Münster, Urteil v. 23.1.2007, 13 K 3543/04 G (EFG 2008, 318). Daher hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, die beim BFH unter dem Az. IV R 8/16 geführt wird.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 13.01.2016, 8 K 863/14

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