Leitsatz

Eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein Grundstück, der den Grund und Boden, die Altbausubstanz und Modernisierungsaufwendungen umfasst, im Schätzungswege ist zulässig, wenn Zweifel an der wirtschaftlichen Haltbarkeit der vertraglichen Kaufpreisaufteilung bestehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den Marktgegebenheiten entspricht.

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 28.12.1998 ein noch zu modernisierendes Mietwohngrundstück zum Preis von 2.564.000 DM. Ausweislich des Kaufvertrages entfiel der Kaufpreis zu jeweils 15 % auf den Grund und Boden und das Gebäude und zu 70 % auf die Modernisierungsarbeiten. Auf dieser Grundlage machten die Kläger AfA auf das Gebäude nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG und Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 und 3 FördG geltend.

Das Finanzamt beauftragte eine Bausachverständige mit der Aufteilung des Kaufpreises. Diese kam auf der Grundlage des Sachwertverfahrens zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis

  • in Höhe von 512.800 DM (20 %) auf den Grund und Boden,
  • in Höhe von 692.280 DM (27 %) auf das Gebäude und
  • in Höhe von 1.358.920 DM (53 %) auf die Modernisierungsarbeiten

entfallen sei. Sie ging dabei von einem Sachwert des Grundstücks insgesamt in Höhe von 6.552.612 DM aus und teilte diesen im Verhältnis der Verkehrswerte zueinander auf, wobei sie als Grundstückswert 1.315.200 DM und als Gebäudewert einschließlich der Außenanlagen ohne Modernisierung 1.800.563 DM ansetzte. Das Finanzamt legte im Einkommensteuerbescheid für die Berechnung der AfA und der Sonderabschreibungen die von der Bausachverständigen gefundenen Werte zugrunde.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG hat das Finanzamt zu Recht eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises für das Mietwohngrundstück im Schätzungswege vorgenommen. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Nach Auffassung des FG ist eine Aufteilung des Kaufpreises im Schätzungswege aber zulässig und geboten, wenn Zweifel an der wirtschaftlichen Haltbarkeit der vertraglichen Kaufpreisaufteilung bestehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den Marktgegebenheiten entspricht. Auch wenn nicht die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts oder eines Gestaltungsmissbrauchs im Sinne des § 42 AO gegeben sind, ist es denkbar, dass die Vertragsparteien eine Aufteilung des Kaufpreises vornehmen, die den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht und damit zu unzutreffenden Abschreibungsbeträgen und folglich zu einer unzutreffenden Besteuerung führt. Bereits dann ist - so das FG - eine Korrektur der Aufteilung des Kaufpreises geboten. Nach der von den Beteiligten des Kaufvertrages gewählten Aufteilung des Gesamtkaufpreises für das Grundstück hat der Steuerpflichtige den Grund und Boden sowie die Altbausubstanz zu einem Preis erhalten, der schon den Bodenrichtwert allein für das Grundstück deutlich unterschreitet. Das war für das FG ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür, dass der von den Beteiligten des Kaufvertrages gewählte Aufteilungsmaßstab den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht gerecht wird und nur im Hinblick auf die sich daraus ergebenden höheren Abschreibungsmöglichkeiten vereinbart wurde. Der vom Finanzamt gewählte Aufteilungsmaßstab nach dem Verhältnis der Sachwerte der Komponenten "Grundstück", "Altbausubstanz" und "Modernisierungsaufwendungen" zueinander hat das FG dagegen als ein nicht zu beanstandender objektiver Maßstab angesehen.

 

Hinweis

Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin hat mit Erlass v. 20.4.2012, III B - S 2196 - 1/1993, für die Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück für Zwecke der Einkommensteuer ein vereinfachtes Verfahren entwickelt, das für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohn - und gemischt genutzte Grundstücke, Geschäftsgrundstücke sowie auf nicht in Berlin belegene Eigentumswohnungen anzuwenden ist. Es lehnt sich an die Weisung des BMF-Schreibens (v. 30.3.1990, BStBl 1990 I S. 149) an und ist in seiner Struktur ein Sachwertverfahren. Siehe hierzu auch Bur, Kaufpreisaufteilung: Grund und Boden und Gebäude (Haufe-Index 3528378).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.08.2013, 10 K 12122/09

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