Leitsatz

Im Bereich des § 17 EStG können auch vorweggenommene Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Der Auflösungsverlust aus einer wesentlichen GmbH-Beteiligung ist um die vor Eintritt in die Gesellschaft gewährten eigenkapitalersetzenden Darlehensbeträge des Gesellschafters zu erhöhen, wenn sie nach dessen endgültigem Entschluss zum Erwerb der Kapitalanlage entstanden sind und in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung stehen.

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde 1999 zum Geschäftsführer der L-GmbH bestellt und stellte ihr ab diesem Zeitpunkt fortlaufend Geld als Darlehen zur Verfügung. Am 16.6.2000 erwarb er eine Beteiligung i.H.v. 49 % an der L-GmbH. Im Juli 2002 wurde die L-GmbH aufgrund von Insolvenz aufgelöst. Der Kläger machte für 2002 einen Verlust aus der Beteiligung an der L-GmbH geltend. Insbesondere die Darlehen wurden verlusterhöhend berücksichtigt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat der Prüfer allerdings die Meinung vertreten, dass der Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG um den Darlehensbetrag, der auf die Zeit vor der Beteiligung des Klägers entfällt, zu kürzen sei. Bis zum 16.6.2000 sei die Hingabe der Darlehensbeträge nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so dass es sich nicht um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen handeln könne.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Das ist bei einem Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft der Fall, wenn und insoweit es Eigenkapital ersetzt, weil der Gesellschafter es in einem Zeitpunkt gewährt, in dem er als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte. Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird. In Anwendung dieser Grundsätze ist das strittige Gesellschafterdarlehen in voller Höhe zu den Anschaffungskosten zu rechnen, da es eigenkapitalersetzend ist. Die L-GmbH befand sich seit 1999 in der Krise. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Beteiligung an der L-GmbH erst am 16.6.2000 erworben hat und damit zu einem Zeitpunkt, nach dem er bereits Darlehensbeträge gewährt hatte. Vor dem Erwerb der Beteiligung verausgabte Aufwendungen sind als Anschaffungskosten zu qualifizieren, wenn sie nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen, die Kapitalanlage zu erwerben, entstanden sind. Dies konnte der Kläger im Streitfall schlüssig belegen. Die Darlehensbeträge, die er in dem Zeitraum 1999 bis zum 16.6.2000 verausgabt hat, stehen zudem in einem konkreten zeitlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb.

 

Hinweis

Das für den Steuerpflichtigen günstige Urteil ist zu begrüßen, da es dem Gesetzeszweck entspricht. Nach Meinung der Finanzverwaltung wären die vor dem Beteiligungserwerb gezahlten Darlehensbeträge weder als Anschaffungskosten noch als Werbungskosten zu behandeln, sondern würden steuerlich verfallen. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass für die Erlangung des Vorteils erhebliche Voraussetzungen erfüllt werden mussten, insbesondere die zeitliche Nähe der Darlehensvergabe zum Beteiligungserwerb.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 11 K 4602/10 F

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