Leitsatz

Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Anordnung des dinglichen Arrests i.S.d. § 324 Abs. 1 AO, kann das Gericht die Vollziehung im Einzelfall, insbesondere wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, auch ohne Sicherheitsleistung aufheben.

 

Normenkette

§§ 69, 71, 324 AO, § 69 Abs. 2 und 3 FGO

 

Sachverhalt

Das FA ordnete zur Sicherung eines Anspruchs des Freistaates Sachsen und der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von ... EUR den dinglichen Arrest gem. § 324 Abs. 1 AO in das Vermögen des Antragstellers an und vollzog diese Anordnung teilweise.

Zur Begründung führte das FA aus, der Antragsteller solle in Haftung genommen werden für verkürzte Umsatzsteuer zugunsten einer OHG, an der er zu 49,44 % beteiligt war. Die OHG habe – wegen ihrer Einbindung in ein Umsatzsteuerkarussell – zu Unrecht Vorsteuerabzüge geltend gemacht. Da zu besorgen sei, dass ohne Anordnung des dinglichen Arrests die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert werde, sei auch ein Arrestgrund gegeben. Der Antragsteller sei wegen seiner Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrugsmodell als besonders steuerunehrlich anzusehen.

Das FG lehnte den Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der Vollziehung des Bescheids ohne Sicherheitsleistung als unzulässig ab. Da die Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich nur gegen Sicherheitsleistung ausgesprochen werden könne, könne der Antragsteller nur das erreichen, was er im Wege der Hinterlegung des in der Arrestanordnung bezeichneten Betrags (§ 324 Abs. 1 Satz 3 AO) auch ohne Mitwirkung des Gerichts bewirken könne (Sächsisches FG, Urteil vom 26.6.2012, 6 V 178/12).

 

Entscheidung

Dem ist der BFH als Beschwerdegericht nicht gefolgt. Der Antrag auf Aussetzung ohne Sicherheitsleistung sei zulässig. Wenn es das Sicherungsinteresse des Steuergläubigers nach dem Willen des Gesetzgebers zulasse, dass die Vollziehung eines Steuerbescheids ggf. auch ohne Sicherungsleistung ausgesetzt bzw. aufgehoben werde, so müsse dies erst recht gelten, wenn der Steueranspruch noch nicht in Steuerbescheiden festgesetzt worden sei und es somit nur um die Sicherung einer künftigen Forderung gehe.

Der BFH gab dem Antragsteller darüber hinaus auch in der Sache recht und hob die Vollziehung der Arrestanordnung ohne Sicherheitsleistung auf. Denn in dem konkreten Fall genügten die in der Arrestanordnung angegebenen Tatsachen bei summarischer Prüfung nicht, um den vom FA geltend gemachten Arrestgrund zu belegen, noch seien solche Tatsachen sonst ersichtlich.

Ein Arrestgrund bestehe nach ständiger Rechtsprechung, wenn bei objektiver Würdigung unter vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt sei, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

Eine allgemein schlechte Vermögenslage des Arrestschuldners ebenso wie die bloße Möglichkeit, dass er sein Vermögen beiseiteschaffen könnte, könne für sich genommen keinen Arrest rechtfertigen. Ebenso genüge der dringende Verdacht einer Steuerhinterziehung oder sonstige steuerliche Unzuverlässigkeit des Arrestschuldners für sich allein nicht zur Begründung einer Arrestanordnung.

 

Hinweis

Die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde kann zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 324 Abs. 1 AO).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 6.2.2013 – XI B 125/12

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