Leitsatz

Gutschriften auf ein Zeitwertkonto für den Arbeitnehmer stellen noch keinen Zufluss von Arbeitslohn dar. Der Arbeitslohn gilt erst mit der Auszahlung des durch das Guthaben auf dem Konto dargestellten Arbeitslohns als zugeflossen.

 

Sachverhalt

Der angestellte Geschäftsführer einer GmbH hatte ein Arbeitszeitkontenmodell. Hiernach durfte er auf bis zu 100% seines monatlichen Grundgehalts, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld u.a. verzichten. Die GmbH beantragte beim zuständigen Finanzamt eine Anrufungsauskunft, dass die Gutschriften auf das Zeitwertkonto noch keinen Zufluss von Arbeitslohn darstellten und erst mit Auszahlung oder anderweitiger Erlangung der Verfügungsmacht durch den Geschäftsführer als zugeflossen gelte. Das Finanzamt sah den Zufluss jedoch bereits mit der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto und nicht erst mit der späteren Auszahlung an den Arbeitnehmer. Bei dem vereinbarten Zeitwertkontenmodell könne der Arbeitnehmer nämlich zwischen der Auszahlung des Arbeitslohns und der Einzahlung auf das Konto wählen. Da der Verzicht auf die Auszahlung des Arbeitslohns die Einzahlung auf das Konto zur Folge habe, liege ein Lohnverzicht mit Verwendungsauflage vor. Der Arbeitnehmer erlange aufgrund dieses Wahlrechts die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht Düsseldorf widersprach dem Finanzamt und gab der GmbH Recht. Die Gutschriften auf dem Zeitwertkonto stellen noch keinen Zufluss von Arbeitslohn i.S.d. § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG dar, weil der Geschäftsführer gerade nicht über die entsprechenden Beträge verfügen konnte. Insbesondere sei er durch die Gutschriften nicht in die Lage versetzt worden, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun der GmbH herbeizuführen. Ein Zufluss von Arbeitslohn könne darüber hinaus auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Lohnverzichts mit Verwendungsauflage angenommen werden. Entscheidend für die Annahme von Arbeitslohn ist, dass ein Vorteil als Frucht der Arbeitsleistung gewährt wird. In den Genuss dieser Frucht kommt der Steuerpflichtige nicht nur dadurch, dass der Arbeitgeber den Lohn auszahlt, sondern auch dadurch, dass der Arbeitgeber eine mit dem Arbeitnehmer getroffene Lohnverwendungsabrede erfüllt. Keinen Lohn erhält ein Arbeitnehmer hingegen dann, wenn er auf Lohn verzichtet und keine Bedingungen an die Verwendung der freigewordenen Mittel knüpft [1].

Vorliegend hatte der Arbeitnehmer gegenüber der GmbH aber nicht auf seinen Lohnanspruch verzichtet.

 

Hinweis

Grundsätzlich führt weder der Abschluss einer Wertguthabenvereinbarung (§ 7b des SGB IV) noch die Wertgutschrift auf einem Arbeitszeitkonto zum Zufluss von Arbeitslohn [2].

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.03.2012, 4 K 2834/11 AO

[1] vgl. BFH, Urteil v. 23.9.1998, XI R 18/98, BStBl 1999 II S. 98
[2] vgl. FG Münster, Urteil v. 24.3.2011, 8 K 3696/10 E, EFG 2011 S. 1712 und Schmidt/Heinicke, EStG, 30. Aufl., § 3 zu "Arbeitszeit-Wertguthaben"

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