Leitsatz

1. Auch Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von Dritten erhalten, sind nur dann Lohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Dritte damit anstelle des Arbeitgebers die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgilt, indem der Arbeitgeber etwa einen ihm zustehenden Vorteil im abgekürzten Weg an seine Mitarbeiter weitergibt.

2. Arbeitslohn liegt in solchen Fällen nicht allein deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat; dies gilt erst recht, wenn er von der Rabattgewährung nur Kenntnis hatte oder hätte haben müssen (Abgrenzung gegenüber BMF, Schreiben vom 27.9.1993, IV B 6 S 2334 152/93, BStBl I 1993, 814, auf das sich das BMF, Schreiben vom 27.1.2004, IV C 5 S 2000 2/04, BStBl I 2004, 173 zu der ab dem 1.1.2004 gültigen Rechtslage bezieht).

 

Normenkette

§ 42d Abs. 1 Nr. 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG, § 2 Abs. 1 Satz 2 LStDV

 

Sachverhalt

Krankenhaus K mit 750 Mitarbeitern bezog ihre Apothekenartikel von X. X initiierte auch ein von K geduldetes "Mitarbeitervorteilsprogramm" und belieferte so Ks Mitarbeiter mit Apothekenartikel. X gab dabei einem Nachlass auf den üblichen Apothekenendpreis. Die Mitarbeiter bestellten von ihrem Arbeitsplatz aus direkt bei X und zahlten direkt an X per Einzugsermächtigung. X lieferte den Mitarbeitern direkt an den Arbeitsplatz bei K. Das FA nahm im Umfang der Rabatte Arbeitslohn von dritter Seite an, schätzte den Lohnvorteil (64.800 EUR) und erließ einen LSt-Haftungsbescheid (19.440 EUR). Das FG verneinte Drittlohn und gab der dagegen erhobenen Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.11.2011, 11 K 128/10, Haufe-Index 2859261, EFG 2012, 364).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen die Vorinstanz.

 

Hinweis

Zum Lohn gehören bekanntlich alle Bezüge und Vorteile, die im weitesten Sinne "für" eine Beschäftigung gewährt werden. Dies gilt auch für Zuwendungen Dritter, wenn sie Entgelt "für" eine Leistung sind, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses seinem Arbeitgeber erbringt. Es muss sich für den Arbeitnehmer – allerdings nicht nach dessen subjektiver Sicht, sondern nach objektiven Maßstäben (!) – als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen (dazu: BFH, Urteil vom 20.5.2010, VI R 41/09, BFH/NV 2010, 1729, BFH/PR 2010, 371). Diesen spezifischen Veranlassungszusammenhang zu beurteilen obliegt der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Der Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist dem Arbeitsverhältnis (Lohn) oder einer anderen Rechtsbeziehung zuzuordnen.

Das Besprechungsurteil zeigt beispielhaft Aspekte, die im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen sind und hier gegen Arbeitslohn eines Dritten sprachen: das Vorteilsprogramm diente vor allem X, Kunden (auch K) zu gewinnen, an sich zu binden und trotz Rabatt durch Synergieeffekte zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Allein dass nur Ks Mitarbeiter, aber nicht auch Arbeitnehmer anderer, nicht von X belieferter Krankenhäuser Rabatte erhielten, rechtfertigte keinen Lohn. Wenn auch fremde Arbeitnehmer die nämlichen Rabatte erhalten, spricht dies zwar sehr deutlich gegen Lohn (z.B. BFH/PR 2010, 371). Das gestattet aber keinen Umkehrschluss, dass Arbeitslohn immer dann vorliegt, wenn ausschließlich eigene Arbeitnehmer Rabatte erhalten. Drittlohn kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber etwa einen ihm zustehenden Vorteil im abgekürzten Zahlungsweg an seine Mitarbeiter weitergibt. Entscheidend sind dabei aber nicht nur der Empfängerkreis der Drittzuwendung, sondern deren Rechtsgrund und das eigenwirtschaftliche Interesse des Dritten und des Arbeitgebers. Allein die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Verschaffung der Vorteile ist kein zwingender Grund, Lohn anzunehmen. Insoweit folgt der BFH ausdrücklich nicht dem einschlägigen BMF-Schreiben (vgl. Leitsatz Nr. 2).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.10.2012 – VI R 64/11

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