Leitsatz

1. Der Antrag auf Besteuerung der Kapitaleinkünfte aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach der tariflichen Einkommensteuer unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen. Eine entsprechende konkludente Antragstellung aufgrund des rechtzeitig gestellten Antrags auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG scheidet bei einem fachkundig beratenen Steuerpflichtigen in der Regel aus.

2. Die Befristung des Antrags auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG ist verfassungsgemäß.

3. Die mangelnde Kenntnis des Steuerberaters über verfahrensrechtliche Fristen begründet grundsätzlich einen Verschuldensvorwurf, den sich der Steuerpflichtige nach § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zurechnen lassen muss, sodass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.

 

Normenkette

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a, § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4, § 32d Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6, § 32a, § 25 Abs. 3 EStG, § 110 AO

 

Sachverhalt

Die Einkommensteuererklärung der Kläger wurde von einem Steuerberater mithilfe eines elektronischen Steuerprogramms erstellt und an das FA übermittelt. Die Kläger haben eine von ihnen unterschriebene komprimierte (verkürzte) Steuererklärung in Papierform dem FA nachgereicht. Diese war vom FA mit dem Eingangsstempel 14. Februar 2011 versehen worden. Die Klägerin erklärte in der Zeile 7 der Anlage KAP Kapitalerträge in Höhe von insgesamt 625.155 EUR, die dem inländischen Steuerabzug unterlagen und von einer GmbH stammten, an der die Klägerin zu 90 % beteiligt war. Die Klägerin stellte in den Zeilen 4 und 5 der Anlage KAP den Antrag auf Günstigerprüfung und auf Überprüfung des Steuereinbehalts. Den in Zeile 24 vorgesehenen Antrag auf Anwendung der tariflichen Einkommensteuer, der die Besteuerung der Kapitalerträge nach dem Teileinkünfteverfahren zur Folge gehabt hätte, enthielt die Erklärung nicht.

Mit beim FA am 13.4.2011 eingegangenem Schreiben beantragte der Steuerberater der Kläger, die Kapitaleinkünfte der Klägerin in Höhe von 624.755 EUR gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG nach der tariflichen Einkommensteuer unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu besteuern.

Das FA lehnte dies ab, weil der Antrag verspätet sei. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Münster, Urteil vom 21.8.2014, 7 K 4608/11 E, Haufe-Index 7281526, EFG 2014, 1962).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger mit der Begründung zurück, der Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG sei nicht innerhalb der in § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG geregelten Frist gestellt worden, und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO hätten nicht vorgelegen.

Der Steuerberater der Klägerin habe den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG erst nach der Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt, sodass er verfristet gewesen sei.

Es könne bei den steuerlich beratenen Klägern auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie mit dem Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG konkludent auch einen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gestellt hätten.

Der Klägerin sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie müsse sich das Verschulden ihres fachkundigen Beraters, der den Antrag auf Besteuerung nach der tariflichen Einkommensteuer gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG erst verspätet gestellt habe, nach § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zurechnen lassen.

 

Hinweis

1. Die Ausnahmen von der Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 2 EStG, insbesondere diejenigen, die antragsgebunden sind (Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4-6), sind nicht frei von Stolpersteinen, weil die Antragsvoraussetzungen unterschiedlich geregelt sind.

2. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gilt § 32d Abs. 1 EStG und somit der gesonderte Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Antrag nicht für Kapitalerträge aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. In diesem Fall findet nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG das sog. Teileinkünfteverfahren Anwendung.

3. Weitere Voraussetzung für eine Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG, dass der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gestellt wird.

a) Dieses Erfordernis ist durchaus ernst zu nehmen. Es folgt aus dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut und entspricht dem Gesetzeszweck, die Administration der Wahlrechtsausübung, die bis zu einem Widerruf für insgesamt fünf Veranlagungszeiträume gilt, zu erleichtern.

b) Dies entspricht der einhelligen Auffassung im Schrifttum und auch der Auffassung des BMF, nach der für Antragstellung und Einkommensteuererklärung ein gleicher Eingangsstemp...

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