Leitsatz

Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes sind – unabhängig davon, ob sie auf jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsarbeiten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG beruhen – nicht als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG anfallen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 5 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, § 28 Abs. 4 II. BVO, Art. 35 RL 78/660/EWG, § 56 FGO

 

Sachverhalt

Herr K nahm nach dem Erwerb des Hauses Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten vor. Er tauschte einzelne Fenster, Fensterbänke und Rolladenkästen aus, setzte neue Zargen und Türen ein, verlegte in mehreren Zimmern Laminat, schlug Wand- und Bodenfliesen in Küchen und Bädern ab und brachte neue Fliesen an, entfernte Holzdecken und installierte Rigipsplatten, verputzte Wände und tapezierte sie neu, versah Decken mit Rauputz und strich sie neu, tauschte Badewanne, Toilettenschüssel und Waschbecken aus und erneuerte vergilbte Steckdosen.

Diese Aufwendungen betrugen in ihrer Summe gerade mal eben (netto) über 15 % der Anschaffungskosten. K argumentierte nicht schlecht: Nimmt man die isoliert als Schönheitsreparaturen und jährliche Erhaltungsarbeiten anzusehenden Maßnahmen (hier z.B. das Tapezieren und Streichen) heraus, fällt der Rest unter 15 % und demnach können alle damit zusammenhängenden Aufwendungen als Werbungskosten abgesetzt werden.

FA und FG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.04.2008, 10 K 120/07, Haufe-Index 2003302, EFG 2008, 1541) sahen das aber anders und beriefen sich auf die einheitliche Baumaßnahme.

 

Entscheidung

Das ist zutreffend, urteilte der BFH und wies die Revision des K mit diesem ersten Grundsatzurteil zum "neuen" anschaffungsnahen Aufwand zurück.

 

Hinweis

Zum Einstieg in diesen Fall nehmen wir einmal an, jemand erwirbt ein – zu vermietendes – älteres Haus, setzt es anschließend instand und modernisiert es; die Aufwendungen hierfür betragen über 15 % der Anschaffungskosten. Die einheitliche Modernisierungsmaßnahme umfasst auch Arbeiten, die für sich gesehen jährlich anfallen, sowie Schönheitsreparaturen. Rechnet man diese aber aus den gesamten Aufwendungen heraus, bleiben die Kosten unter 15 % der Anschaffungskosten. Kann er nun alle Erhaltungsaufwendungen sofort als Werbungskosten absetzen?

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die USt 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).

2. Um solche baulichen Maßnahmen geht es hier und nicht lediglich um Schönheitsreparaturen. Schönheitsreparaturen, die nicht zu den Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zählen (s. § 28 Abs. 4 S. 1 II. BVO), beseitigen Mängel, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind. Darunter fallen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Die baulichen Veränderungen im Streitfall gehen indes darüber hinaus (es handelt sich eben nicht nur um die oben angeführten Beispiele) und bilden deshalb Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen.

3. Ist jedoch für einen Teil der Aufwendungen § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG einschlägig? Nach dieser Vorschrift gehören u.a. die Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Was man genau unter jährlich anfallenden Erhaltungsarbeiten versteht, ist nicht klar. Ob der Ausdruck inhaltsgleich ist mit "laufender Erhaltungsaufwand, der jährlich üblicherweise anfällt" (was darunter fällt, ergibt sich aus BFH, Urteil vom 26.10.1962, VI 212-213/61 U, Haufe-Index 410633, BStBl III 1963, 39), oder auch Schönheitsreparaturen umfasst, ist streitig, musste der BFH hier aber nicht entscheiden.

4. Denn die einzelnen Baumaßnahmen sind nicht isoliert und separiert zu beurteilen, wenn sie in engem räumlichem, zeitlichem und sachlichem Zusammenhang zueinander stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden, wie dies bei einer Modernisierung des Hauses im Ganzen und von Grund auf der Fall ist. Ganz pragmatisch: Wie soll man das Tapezieren der Wand (das ist isoliert eine Schönheitsreparatur) von den Putzarbeiten an der Wand unterscheiden? Und wiederum rein juristisch argumentiert: Der Gesetzgeber wollte die bis zu den Urteilen des BFH vom 12.09.2001 (IX R 39/97, BFH/NV 2002, 968, BFH/PR 2002, 281 und IX R 52/00, BFH/NV 2002, 966, 282) bestehende Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand, wie sie in R 157 Abs. 4 EStR (i.d.F. bis 2002) zusammengefasst war, gesetzlich festschreiben. Ein wesentliches Axiom war und ist, eine einheitliche Baumaßnahme auch steuerrechtlich einheitlich zu würdigen (BFH, Urt...

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