Leitsatz

1. Ein Antrag auf Ist-Besteuerung (§ 20 UStG) kann auch konkludent gestellt werden.

2. Der Steuererklärung muss deutlich erkennbar zu entnehmen sein, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt worden sind. Das kann sich aus einer eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ergeben.

3. Hat ein Steuerpflichtiger einen hinreichend deutlichen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim FA gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1, § 20 UStG, Art. 63, Art. 66 Buchst. b MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Verein, ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG und erklärte in seinen USt-Erklärungen die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Die USt wurde entsprechend den eingereichten USt-Erklärungen festgesetzt. Im Anschluss an eine im Jahr 2011 für die Jahre 2006 bis 2010 durchgeführte USt-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht gestattet gewesen sei, und erließ für die Streitjahre (2006 bis 2008) geänderte USt-Bescheide, in denen die USt nach vereinbarten Entgelten berechnet wurde.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.4.2014, 16 K 128/12, Haufe-Index 7536600) der Klage statt. Es habe ein konkludenter Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung und eine entsprechende Genehmigung des FA vorgelegen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Der Unternehmer hat seine Leistungen grundsätzlich im Rahmen der sog. Soll-Besteuerung nach vereinbarten Entgelten zu versteuern (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG). Zur sog. Ist-Besteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG) ist er nur unter den Voraussetzungen des § 20 UStG berechtigt.

2.§ 20 UStG setzt insbesondere einen Antrag voraus, aufgrund dessen das FA nach pflichtgemäßem Ermessen die Besteuerung gestatten kann. Die Gestattung ist als Verwaltungsakt anzusehen.

3. Antrag und Gestattung können konkludent erfolgen. So reicht für den Antrag die Abgabe einer Steuererklärung aus, bei der die Besteuerungsgrundlagen nach tatsächlichen Einnahmen erklärt werden, wenn ihr deutlich erkennbar zu entnehmen ist, dass auch Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt werden.

Für einen konkludent gestellten Antrag genügt es danach aus, dass dem FA bekannt ist, dass der Unternehmer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.

Für eine stillschweigende Gestattung kann es ausreichen, dass der Unternehmer einen konkludenten Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim FA gestellt hat, sodass einer antragsgemäßen Festsetzung der USt der Erklärungsinhalt einer Genehmigung zu entnehmen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.8.2015 – V R 47/14

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