Leitsatz

Wird von einem Steuerberater innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 AO dargelegt, an welchem Tag ein Schriftstück in welcher Weise von einer Mitarbeiterin auf den Weg zum Finanzamt gebracht wurde, reicht dies als Antragbegründung aus.

 

Sachverhalt

Streitig war die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO wegen eines verspätet eingelegten Einspruches. Der Steuerpflichtige legte gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 v. 31.1.2014 mit Schreiben seiner Steuerberaterin vom 26.2.2014 Einspruch ein. Ausweislich des Eingangsstempels des Finanzamts ging das Einspruchsschreiben erst am 6.3.2014 und damit verspätet beim Finanzamt ein. Darauf wurde der Steuerpflichtige vom Finanzamt mit Schreiben v. 31.3.2014 hingewiesen.

Mit Schreiben vom 9.4.2014 teilte die Steuerberaterin mit, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden sei, was ihrem Postausgangsbuch zu entnehmen sei. Es sei ihr nicht erklärlich, warum das Schreiben mit einer derartigen Zeitverzögerung zugestellt worden sei. Sie vermute, dass es sich um ein fahrlässiges Verhalten der Post gehandelt habe, da ihr ein derartiger Zustand noch nicht vorgekommen sei. Sie habe auch mit der zuständigen Bearbeiterin in ihrer Kanzlei gesprochen, um ein fahrlässiges Verhalten ihrerseits zu prüfen. Hierbei habe sie die Antwort erhalten, dass das Schreiben am 26.2.2014 im Postausgangsbuch eingetragen und mit dem restlichen Schriftwechsel am Abend in den Briefkasten gesteckt worden sei. Sie beantragte aufgrund dessen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO.

Das Finanzamt sah die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als nicht als ausreichend an.

 

Entscheidung

Im Klageverfahren bekam der Steuerpflichtige jedoch Recht. Wird der Wiedereinsetzungsantrag mit der fristgerechten Absendung eines beim Empfänger nicht oder verspätet eingegangenen Schriftstücks begründet, ist im Einzelnen auszuführen, wann, von wem und in welcher Weise es zur Post aufgegeben wurde; der Vortrag ist durch präsente Beweismittel glaubhaft zu machen.

Im Streitfall wurde zwar innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 AO lediglich von der Steuerberaterin mitgeteilt, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden sei und die aus ihrer Sicht bestehende Unerklärlichkeit der Fristversäumnis erläutert. Dies reicht jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts für eine Antragsbegründung i. S. v. § 110 Abs. 2 AO aus, da aus ihrem Vortrag der Kern des Wiedereinsetzungsgrunds "Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung" eindeutig zu entnehmen ist.

Die im Klageverfahren erfolgte Ergänzung des Vortrags zum Absendevorgang in Form der Benennung der Personen, die die Austragung aus dem Postausgangsbuch und den Einwurf in den nunmehr genau benannten Briefkasten vorgenommen haben, wertete das Finanzgerichts nicht als weiteren Wiedereinsetzungsgrund und als substantiell neuen Vortrag, sondern als ergänzende Darlegung des bereits im Kern dargelegten Absendevorgangs.

 

Hinweis

Wiedereinsetzung ist auch dann zu gewähren, wenn ein Angehöriger der rechtsberatenden Berufe, in dessen Kanzlei durch organisatorische Maßnahmen im Grundsatz eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle gewährleistet war, einer Kanzleiangestellten, die sich als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte.

Das Finanzgerichts hat die Revision zugelassen (Aktenzeichen des BFH: IX R 19/16), da der höchstrichterlichen Klärung bedarf, was genau der Steuerpflichtige im Falle der Behauptung einer rechtzeitigen Absendung eines fristwahrenden Schriftstücks innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO an Tatsachen vorgetragen muss, damit der Kern des Wiedereinsetzungsgrundes "Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung" ausreichend schlüssig dargelegt ist.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.04.2016, 9 K 178/14

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