Leitsatz (amtlich)

1. Mit dem Zweck der Eigenverwaltung ist es unvereinbar, daß die verantwortliche Bewältigung der Insolvenz externen, vom Schuldner ausgewählten Sanierungs- und Insolvenzfachleuten überlassen wird, die, ohne über nennenswerte Unternehmens- oder branchenbezogene Kenntnisse und Erfahrungen zu verfügen, erst in der Krise in eine Führungsposition berufen worden sind.

2. Das Insolvenzgericht kann bei der Eröffnung des eigenverwalteten Insolvenzverfahrens von Amts wegen einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Sachwalters analog § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 277 Abs. 1 InsO anordnen, wenn dies zur Sicherung der Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung durch den Schuldner erforderlich erscheint.

3. Sind in einer Konzerninsolvenz bei der Amtsführung des Insolvenzverwalters vermehrt sinngemäße Anwendungsfälle des § 181 BGB zu erwarten, so kann bereits im Eröffnungsbeschluß ein ständiger Sonderverwalter zur Ausübung des Verwalteramtes bei der Vornahme von Rechtsgeschäften des Verwalters mit sich selbst als Verwalter eines anderen Schuldners bestellt werden. Im Fall der Eigenverwaltung gilt entsprechendes für einen Sondersachwalter.

4. In der Insolvenz eines herrschenden oder abhängigen Konzernunternehmens ruhen für die Dauer des Insolvenzverfahrens auch bei Anordnung der Eigenverwaltung alle konzernrechtlichen Weisungsbefugnisse.

5. Bei Anordnung der Eigenverwaltung bleiben die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Weisungs- und Kontrollrechte der Gesellschaftsorgane gegenüber der Geschäftsleitung bestehen. Alle Gesellschaftsorgane sind aber bei der Ausübung ihrer Rechte an den Zweck des Insolvenzverfahirens gebunden.

 

Tenor

der im Handelsregister des Amtsgerichts Oberhausen unter HRB 3816 eingetragenen Babcock Borsig AG, Duisburger Str. 375, 46049 Oberhausen, vertreten durch den Vorstand, bestehend aus H. P., G. W., L.-W. K. und Dr. H. B., Geschäftszweig: Energietechnik und Schiffbau,

wird heute, am 01.09.2002, um 8.00 Uhr wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet.

Es wird Eigenverwaltung angeordnet. Die Schuldnerin ist berechtigt, unter der Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen (§§ 270 -285 InsO). Verfügungen, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, sind nur mit Zustimmung des Sachwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, § 277 InsO analog).

Zum Sachwalter wird ernannt Rechtsanwalt Dr. H. S.

Forderungen der Insolvenzgläubiger sind bis zum 04.11.2002 unter Beachtung des § 174 InsO beim Sachwalter anzumelden.

Die Gläubiger werden aufgefordert, dem Sachwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten der Schuldnerin in Anspruch nehmen. Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer diese Mitteilungen schuldhaft unterläßt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden (§ 28 Abs. 2 InsO).

Wer Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Schuldnerin hat, wird aufgefordert, nicht mehr an diese zu leisten, sondern nur noch an den Sachwalter (§ 275 Abs. 2 InsO).

Termin zur Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts der Schuldnerin über den Fortgang des Verfahrens beschlossen wird (Berichtstermin), ist am Dienstag, 19.11.2002, 10:00 Uhr in Oberhausen, Luise-Albertz-Halle, Saal Berlin, Düppelstraße 1.

Der Termin dient zugleich zur Beschlußfassung der Gläubiger über die Beibehaltung der Eigenverwaltung (§ 272 InsO), einen Zustimmungsvorbehalt (§ 277 InsO), die Person des Sachwalters oder Insolvenzverwalters (§§ 57, 274 InsO), den Gläubigerausschuss und die in §§ 149, 159 bis 163, 276, 284 InsO bezeichneten Gegenstände.

Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen ist am Montag, 16.12.2002, 10:00 Uhr in Oberhausen, Babcock Borsig AG, Sozialgebäude, Duisburger Straße 375.

Zur Hinterlegungsstelle (§ 149 InsO) wird bestimmt: Sparkasse Krefeld, BLZ 320 500 00, Konto Nr. 600 557 87.

Zum Sondersachwalter wird bestellt: Rechtsanwalt A. S.. Ihm obliegt die Ausübung des Sachwalteramtes bei der Vornahme von Rechtsgeschäften des Sachwalters Dr. H. S. mit sich selbst als Insolvenzverwalter oder Sachwalter eines anderen Schuldners (§ 181 BGB), insbesondere eines anderen Rechtsträgers innerhalb des Babcock-Borsig-Konzerns.

Der Sachwalter wird beauftragt, diesen Beschluß im vollständigen Wortlaut den Gläubigern und Drittschuldnern zuzustellen (§ 8 Abs. 3, § 30 Abs. 2 InsO).

 

Tatbestand

Die Schuldnerin, deren Ursprung auf die 1898 gegründete Deutsche Babcock Wilcox Dampfkessel-Werke AG zurückgeht, ist aus der Verschmelzung der früheren Babcock Borsig AG und der BDAG Balcke-Dürr AG zum 1.10.2000 entstanden. Ihr satzungsmäßiges Grundkapital beträgt ca. 1 1 1 Mio. EUR, ihre letzte Bilanzsumme 2,5 Mrd. EUR (Geschäftsjahr 2000/01). Sie ist die Muttergesellschaft eines Konzerns, in dem im Juni 2002 weltweit ca. 22.000 Arbeitnehmer, davon ca. 13.000 im Inland, beschäftig...

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