Leitsatz

Die nachinsolvenzliche Änderung einer vorinsolvenzlich erfolgten KSt-Festsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO ist nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplanes, der die vom FA angemeldete und im Prüfungstermin vom Steuerpflichtigen nicht bestrittene KSt-Forderung erfasst, nicht mehr zulässig.

 

Normenkette

§ 164 Abs. 2, § 251 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 3 AO, § 254 Abs. 1 und 3, § 257 InsO, § 110 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Über das Vermögen der Klägerin, einer AG, wurde durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 1.9.2009 auf ihren Antrag hin das Insolvenzverfahren eröffnet.

Weil sie für das Jahr 2008 zunächst keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen. Es ging hierbei von dem Zahlenmaterial aus, das die Klägerin in ihrem Antrag auf Anpassung der Steuervorauszahlungen ab 2008 mitgeteilt hatte. Das von der Klägerin angegebene Einkommen für 2008 i.H.v. rd. 3,1 Mio. EUR erhöhte das FA um Zinsaufwendungen i.H.v. 500.000 EUR, die aus seiner Sicht nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen waren. Auf dieser Grundlage setzte es die KSt für 2008 mit gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 30.7.2009 auf 542.554 EUR fest. Nach Abzug der von der Klägerin bereits im Vorauszahlungswege geleisteten Zahlungen i.H.v. 458.552 EUR verblieb eine noch zu entrichtende Abschlusszahlung i.H.v. 84.002 EUR. Diesen Betrag sowie die Nachzahlung des SolZ 2008 meldete das FA im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Insolvenztabelle an.

Die Klägerin legte am 17.8.2009 Einspruch gegen den KSt-Bescheid für 2008 ein. Für das Jahr 2008 ergebe sich ein negatives zu versteuerndes Einkommen.

Den vom FA zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungsbeträgen zur KSt 2008 wurde seitens der Klägerin nicht widersprochen. Allerdings widersprach der Insolvenzverwalter zunächst der Forderung. Er nahm den Widerspruch später zurück und die Forderung wurde als festgestellt in die Insolvenztabelle eingetragen.

Das FA sah daraufhin den Einspruch vom 17.8.2009 gegen den KSt-Bescheid 2008 als erledigt an.

Während des Insolvenzverfahrens beauftragten die Gläubiger den Insolvenzverwalter, einen Insolvenzplan zu erstellen. Ziel des daraufhin entworfenen Planes war die Fortführung des Geschäftsbetriebes der Klägerin und damit die Erhaltung des Unternehmens und der Arbeitsplätze auf der Grundlage einer leistungswirtschaftlich orientierten Sanierung und finanzwirtschaftlichen Reorganisation unter Zustimmung der Gläubiger. Der Insolvenzplan wurde rechtskräftig gerichtlich bestätigt und erfüllt. Nach den Regeln dieses Insolvenzplanes wurden die seitens des FA als Gläubiger der Gruppe 3 zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen, soweit diese festgestellt worden waren, mit einer Quote bedient.

Nach Planbestätigung wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin durch Beschluss des Amtsgerichts im Mai 2011 aufgehoben.

Im Oktober desselben Jahres reichte die Klägerin den Jahresabschluss und die Steuererklärungen für das Streitjahr beim FA ein. Aus den Unterlagen ergab sich ein Einkommen von ./. 194.175 EUR. Das FA wertete das als Antrag auf Änderung des KSt-Bescheids für 2008 vom 3.7.2009, den es allerdings ablehnte. Die Forderung aus dem KSt-Bescheid sei im Insolvenzverfahren widerspruchsfrei festgestellt worden und der Tabelleneintrag für die festgestellten Forderungen gemäß § 178 Abs. 3 InsO wirke wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber allen Beteiligten. Änderungen seien nur noch nach den Vorschriften der ZPO möglich. Eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO scheide daher aus.

Die anschließende Verpflichtungsklage war erfolglos (FG Köln, Urteil vom 8.5.2013, 10 K 3191/12, Haufe-Index 4720264, EFG 2013, 1371).

 

Entscheidung

An dieser Erfolglosigkeit änderte sich im Revisionsverfahren nichts. Die Klägerin hatte sich im Insolvenzplanverfahren nicht gegen die angemeldete Steuerforderung des FA gewehrt. Das schlug nun zu ihrem Nachteil zu Buche. Eine nachinsolvenzliche Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung ließ sich nicht bewerkstelligen, auch nicht unter Berufung auf den noch ‚offenen’ Vorbehaltsvermerk gemäß § 164 AO.

 

Hinweis

In dem Urteil hatte der BFH sich eines ansonsten eher stiefmütterlich behandelten Themas anzunehmen: des "Graubereichs" zwischen Abgaben- und Insolvenzrecht.

Gegenstand des Geschehens war in jenem "Graubereich" eine ihrerseits recht spezielle Problematik, nämlich das Verhältnis einer behördlichen Steuerfestsetzung und eines (nach § 217 Satz 1 InsO) gerichtlich bestätigten Insolvenzplans. Konkret ging es um die Frage, ob eine Steuerfestsetzung nach einer solchen Insolvenzplanbestätigung, wenn diese denn rechtskräftig ist, noch nach Maßgabe des Vorbehaltsvermerks abänderbar ist, welcher dem vorinsolvenzlich ergangenen Steuerbescheid beigefügt war.

Das wird vom BFH verneint. Der Insolvenzplan bildet nach rechtskräftiger Bestätigung für und gegen alle Planbeteiligten die allein maßgebliche Grundlage für die gesamte Vermögens- und Haftungsabwicklung und auch di...

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