Leitsatz

Einer Abzweigung von Kindergeld an das Kind steht es nicht entgegen, dass das Kind minderjährig ist. Hat sich dabei das Abzweigungsbegehren durch laufende Zahlungen an den Elternteil erledigt, komme eine Fortsetzungsfeststellungsklage des Kindes in Betracht.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist am 6.2.1999 geboren. Die Familienkasse bewilligte der Mutter der Klägerin das Kindergeld für die Klägerin, welche seit Dezember 2015 nicht mehr im Haus ihrer Eltern lebt, und von diesen auch nicht mehr versorgt wurde. Weder Mutter noch Vater leisteten der Klägerin (ihrem Kind) Unterhalt. Einen Antrag der Klägerin auf Abzweigung des Kindergeldes an sich selbst lehnte die Familienkasse ab. Zur Begründung trug sie vor, eine Abzweigung erfolge nur, wenn das Kind für sich selber sorge und volljährig sei. Da die Klägerin jedoch noch nicht volljährig sei, komme eine Abzweigung nicht in Betracht. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, ihre Eltern hätten ihr mit anwaltlichem Schreiben vom 8.6.2016 Hausverbot erteilt. Sie lebe nicht mehr bei den Eltern und erhalte von diesen keinen Unterhalt. Die Abzweigung des Kindergeldes sei zum Bestreiten des Lebensunterhalts notwendig.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Minderjährigkeit des Kindes einer Abzweigung (entgegen der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA KG) V 32.3 Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Regelung) grundsätzlich nicht entgegenstehe. Zwar erkannte das Finanzgericht, dass hinsichtlich der Erfüllungswirkung einer Leistung an ein minderjähriges Kind Zweifel bestehen könnten, weil umstritten sei, ob ein minderjähriges Kind eine Annahme zur Erfüllung erklären könne. Probleme bei der Erfüllung einer Abzweigungsverbindlichkeit könnten zwar im Rahmen der tatsächlichen Ausführung der Zahlung zu beachten sein; sie könnten jedoch auf die Grundentscheidung der Abzweigung selbst keinen Einfluss haben und daher nicht zu einer Verweigerung der Abzweigungsentscheidung führen. Dies gelte zumindest dann, wenn - wie im Streitfall - dem Minderjährigen ein Vormund bestellt sei.

 

Hinweis

Verfahrensrechtlich konnte das Finanzgericht keine Verpflichtung der Familienkasse zur Abzweigung aussprechen, weil der Kindergeldanspruch im Streitzeitraum durch die fortlaufende Zahlung an die Mutter erloschen war und sich der Rechtsstreit damit erledigt hatte. Daher war darauf zu verweisen, dass eine Fortsetzungsfeststellungsklage durch das Kind in Betracht käme. Das Finanzgericht hatte die Revision aufgrund der entgegenstehenden Verwaltungsanweisung zugelassen. Das Revisionsverfahren war beim BFH unter dem Az. XI R 26/16 anhängig, mittlerweile ist das Revisionsverfahren nach Rücknahme der Revision eingestellt worden. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 15.09.2016, 4 K 82/16

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