Leitsatz

Die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien in Bezug auf die ordnungsgemäße Vorbereitung eines schulischen Abschlusses gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG obliegt nicht den Schulbehörden, sondern ist Aufgabe der Finanzbehörden (gegen BMF-Schreiben vom 9. März 2009, IV C 4‐S 2221/07/0007, BStBl I 2009, 487).

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG

 

Sachverhalt

Die Tochter der Kläger besuchte 2010 eine inländische Privatschule, die auf die Mittlere Reife und das Abitur vorbereitet. Die Prüfung findet an einer öffentlichen Schule gemäß den Bestimmungen für andere Bewerber der jeweiligen Schulordnung statt. Die Kläger machten das Schulgeld gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben geltend. Das FA lehnte den Abzug ab, weil kein Anerkennungsbescheid der zuständigen Kultusbehörde für die Privatschule vorgelegt worden sei. Das FG gab den Klägern Recht und ihrer Klage statt (FG München, Urteil vom 7.1.2015, 9 K 166/14, Haufe-Index 8515799, EFG 2015, 2058).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war unbegründet. Der BFH urteilte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG keine Bescheinigung einer Schulbehörde voraussetze, in der festgestellt werde, dass eine ordnungsgemäße Vorbereitung gewährleistet sei. Auch halte die Würdigung des FG, die Kriterien des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG seien im Streitfall erfüllt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

 

Hinweis

1. Steuerpflichtige können als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 30 % des Schulgelds für Privatschulen abziehen, die im Inland, in der EU oder im EWR ansässig sind. Weitere Voraussetzung für den Schulgeldabzug ist, dass entweder die Schule zu einem von der zuständigen Schulbehörde, der KMK oder einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsab­schluss führt (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG) oder der Besuch einer anderen Einrichtung auf einen dieser Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschlüsse ordnungsgemäß vorbereitet (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG).

2. Was ist nachzuweisen, wenn die besuchte Privatschule lediglich auf einen Abschluss vorbereitet? § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG nennt zwei Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug:

Zunächst muss der angestrebte Abschluss als solcher von der zuständigen staatlichen Stelle anerkannt werden. Diese Voraussetzung ist bereits immer dann erfüllt, wenn die Prüfungen zum angestrebten Abschluss an einer staatlich anerkannten Schule abgelegt werden.

Für die Erfüllung der zweiten Voraussetzung, die ordnungsgemäße Vorbereitung, sieht der Gesetzeswortlaut hingegen kein besonderes Anerkennungsverfahren durch eine Schulbehörde vor. Dies zeigt nicht nur der Wortlaut der Vorschrift, sondern auch ihre Entstehungsgeschichte. Der von der Finanzverwaltung geforderte Grundlagenbescheid (siehe BMF-Schreiben vom 9.3.2009, BStBl I 2009, 487) hätte einer gesetzgeberischen Verfahrensentscheidung bedurft. Diese ist § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG indes nicht zu entnehmen. Im Rahmen der Abziehbarkeit des Schulgelds nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG muss damit die Finanzbehörde die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen anerkannten Abschluss prüfen. Es bleibt dem zuständigen FA natürlich unbenommen, sich mit den Schulbehörden in Verbindung zu setzen und deren Einschätzung zur Erfüllung der schulischen Kriterien, hier der ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen anerkannten Abschluss, bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.

3. Was bedeutet dies aber für den Steuerpflichtigen? Da es sich um einen steuermindernden Umstand handelt, hat er die Darlegungslast, dass die besuchte Privatschule die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG erfüllt. Eine ordnungsgemäße Vorbereitung durch die Privatschule ist gegeben, wenn sie nach einem staatlich vorgegebenen, genehmigten oder beaufsichtigten Lehrplan ausbildet (so bereits der Finanzausschuss, BT-Drucks. 16/11108, S. 12). Dies sollte zu bejahen sein, wenn der Vollzeitunterricht nach den entsprechenden Lehrplänen des Kultusministers von qualifizierten Lehrkräften durchgeführt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.6.2017 – X R 26/15

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