Wird für einen aufgelösten Verein durch das Amtsgericht (Registergericht) ein Abwickler (sog. Notabwickler) bestellt, hat er aufgrund seiner Bestellung nach §§ 48 Abs. 1, 29 BGB gegen den Verein einen Vergütungsanspruch gem. § 612 BGB.[1] Die Festsetzung der angemessenen Vergütung erfolgt im Streitfall durch das Prozessgericht.[2] Bei der Bemessung der Vergütungshöhe dürfte von der entsprechenden Anwendung der Insolvenzrechtsvergütungsverordnung (InsVV) auszugehen sein (zur Vergütung des Insolvenzverwalters s. "Insolvenzverwalter"). In besonders gelagerten Fällen, wenn z. B. nach den Umständen eine ehrenamtliche Tätigkeit zu erwarten war, kann ein Vergütungsanspruch gleichwohl nicht gegeben sein und lediglich ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 670 BGB bestehen.[3]

Wird ein Berufsangehöriger von der zuständigen Berufskammer nach § 70 Abs. 1 StBerG zum Abwickler der Praxis bestellt, hat er gem. § 70 Abs. 5 StBerG i. V. m. § 69 Abs. 4 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Der Vergütungsanspruch richtet sich gegen die Erben des Verstorbenen. Bleibt im Fall eines von Amts wegen bestellten Abwicklers die Höhe der Vergütung zwischen den Beteiligten streitig, wird diese von der Berufskammer festgesetzt. Bei der Bemessung der Vergütung ist regelmäßig der Zeitaufwand ausschlaggebend. Die Höhe des Stundensatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei der Rahmensatz des § 13 StBVV zugrunde gelegt werden kann.[4]

Erstreckt sich eine Abwicklung über einen längeren Zeitraum, ist eine monatliche Pauschalvergütung angemessen.[5] Als Kriterien wurden der Zeitaufwand, die berufliche Erfahrung, die Schwierigkeit und die Dauer der Abwicklung berücksichtigt. Bei der Bemessung der monatlichen Pauschalvergütung orientierte sich das Gericht auch an dem Gehalt, das in dem regionalen Umfeld üblicherweise für einen Angestellten oder einen freien Mitarbeiter gezahlt wurde. Diese für den Anwaltsbereich aufgestellten Grundsätze sind auch auf die Abwicklung einer Steuerberaterpraxis anwendbar und dürften je nach Aufwand etwa zwischen 2.000 EUR und 4.000 EUR monatlich liegen.[6] Daneben hat der Praxisabwickler Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Hierzu zählen auch die während der Zeitdauer der Abwicklung in der Praxis anfallenden Personalkosten. Eine Festsetzung des Aufwendungsersatzes durch die Berufskammer, wie er im Streitfall für die Abwicklervergütung vorgesehen ist, erfolgt nicht.[7] Diese Entscheidungen sind zwar zu § 53 Abs. 10 BRAO ergangen, jedoch auch auf § 70 StBerG übertragbar.

Die vorstehenden Grundsätze gelten entsprechend für den Abwickler der Praxis eines Berufsangehörigen, dessen Bestellung erloschen ist, zurückgenommen oder widerrufen wurde.

[1] BayObLGZ 1975, S. 260; OLG Schleswig, FGPrax 2013, S. 127.
[2] BayObLG, NJW-RR 1988, S. 1500.
[3] Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl. 2021, § 29, Rn. 9.
[4] Kuhls/Kleemann, StBerG, 3. Aufl. 2011, Vorbem. zu §§ 69–71, Rn. 15.
[5] So der BGH, NJW 1993, S. 1334 bei Abwicklung einer Rechtsanwaltspraxis; BGH, DStR 2009, S. 1115 bei Rechtsanwalt als Praxisvertreter.
[6] AGH Nordrhein-Westfalen, BRAK-Mitt. 2002, 37; Kuhls/Kleemann, a. a. O.; s. aber auch VGH Baden-Württemberg, DStRE 2012, S. 325, der in einem besonders gelagerten Fall von einer zeitlich abgestuften, noch deutlich höheren monatlichen Abwicklervergütung ausgegangen ist; AGH Sachsen, DStR 17, 1894 bestimmt die angemessene Vergütung in Anlehnung an TVöD, Entgeldgruppe 13.
[7] BGH NJW 1993, S. 1334 sowie NJW-RR 99, S. 797.

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