Rz. 50

Die Rechtsentwicklung zum einheitlichen Vertragswerk beruht auf richterlicher Rechtsfortbildung. Ob ein einheitliches Vertragswerk vorliegt, wird auf Grundlage von Indizien entschieden. Ein Zusammenhang des Verpflichtungsgeschäfts und weiteren Abreden ist gegeben, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde (BFH v. 21.9.2005, II R 49/04, BFHE 211, 530). Ein einheitliches Vertragswerk kann also vorliegen, soweit sich der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrags bereits über Ob und Wie der Bebauung festgelegt hat, z. B. wenn der Erweber Grundstückserwerb und Bebauung nur im Gesamten annehmen oder ablehnen kann.

Eintritt in einen Vertrag. Tritt der Erwerber in Vertragsbeziehungen des Veräußerers ein, liegt darin für sich genommen kein Erwerb eines bebauten Grundstücks. Die Kosten für die Bebauung können in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen werden, wenndie Bebauung zwischen Veräußerer und Drittem vereinbart und zum Erwerbsgegenstand zwischen Veräußerer und Erwerber geworden sein.

Dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.9.1997, II R 24/95 (BStBl II 1997, 776) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin (K) kaufte durch von A ein Grundstück für 3 Mio. DM; A wollte auf dem Grundstück 18 Reihenhäuser errichten. Mit der Bebauung war die C als Generalübernehmerin beauftragt, mit der Errichtung der Häuser war bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags bereits begonnen worden. K verpflichtete sich mit dem Grundstückskauf, sämtliche Pflichten aus dem Generalübernehmervertrag anstelle der A zu übernehmen. Eine Bebauungsverpflichtung der A gegenüber K bestand ausdrücklich nicht. K sollte das von A übernommene Architektenhonorar übernehmen und dieser die Zahlungen für bereits erbrachte Bauleistungen erstatten.

Die Kosten für die Reihenhausbebauung durften nach der Entscheidung nicht in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Eine vertragliche Bindung des Erwerbers genügt für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks für sich genommen noch nicht. Hinzukommen muss, dass der Veräußerer entweder ein Vertragsbündel selbst anbietet (wie oben bereits dargestellt) oder sich gegenüber Dritten bereits rechtsverbindlich auf die Durchführung bestimmter Leistungen festgelegt hat.

Nur wenn weitere Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass der Veräußerer und der Dritte in Abstimmung miteinander darauf hinwirkten, dem Käufer ein bebautes Grundstück zu verschaffen, ist von einem einheitlichen Vertragswerk im oben genannten Sinne auszugehen. Andernfalls kann Grunderwerbsteuer nur insoweit erhoben werden, als das Grundstück schon tatsächlich bebaut ist.

Ist ein Grundstück nur teilweise bebaut und tritt der Erwerber gerade nicht in die Verpflichtung des Erwerbers ein, ein Gebäude von einem Dritten erstellen zu lassen, wird Grunderwerbsteuer damit nur aus dem Grundstück und dem teilweise bebauten Haus erhoben. Grunderwerbsteuer nach dem Wert des fertigen Hauses zu bemessen, ist in diesen Fällen rechtsfehlerhaft.

 

Rz. 51

Einzelfälle der Rechtsprechung: Auf dem gerichtlichen Prüfstand standen in der Vergangenheit auch die folgenden weiteren Fragen im Zusammenhang mit dem einheitlichen Vertragswerk:

Aufwendungen für Planung. Das FG Brandenburg hat mit Urteil vom 3.6.1997 (3 K 140/96 GE) Aufwendungen dem Grundstück zugeordnet, die ein Grundstückserwerber neben dem Kaufpreis für Planungsunterlagen entrichtet hatte. Die Revision hiergegen drang durch. Der BFH hat mit Urteil v. 16.1.2002, II R 16/00 (BStBl II 2002, 431) entschieden, dass kein einheitliches Vertragswerk vorliege, wenn sich der oder die Veräußerer beim Abschluss des Kaufvertrags hinsichtlich der Gebäudeerrichtung nicht rechtsverbindlich verpflichtet hätten.

Zeitlicher Abstand. Mit Urteil vom 7.8.1997, 5 K 6699/96, hat das FG Köln (EFG 1999, 137) den später abgeschlossenen Gebäudeerrichtungsvertrag in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage in einem Fall nicht einbezogen, das Grundstück war zu einem konkurrenzlos günstigen Preis angeboten worden. Der Bauvertrag war 6 Monate nach Grundstücksveräußerung abgeschlossen worden, eine Absprache, dass die Grundstücksveräußerin die Bebauung durchführen sollte, bestand zum Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung nicht. Vielmehr hatte sich der Käufer des Grundstücks vorbehalten, die Bebauung selbst durchzuführen, von diesem Vorhaben aber später wieder Abstand genommen, als sich die Bebauung des Grundstücks durch die Veräußerin des Grundstücks als kostengünstiger herausstellte; dementsprechend erfolgte die Beurkundung auch nicht in einem Vertrag. Damit hat es nach Auffassung des Finanzgerichts sowohl an einer rechtlichen als auch an einer faktischen Bindung gefehlt, die Bebauung durchzuführen.

Grundstückskauf nach Gebäudek...

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