Rz. 2f

Grunderwerbsteuerrechtlich ist unter Kaufpreis in Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht das für den Kaufgegenstand (z. B. Grundstück) vereinbarte Entgelt zu verstehen; er muss grundsätzlich in Geld bestehen bzw. auf einen Geldbetrag lauten (§ 433 Abs. 2 BGB). Der Kaufpreis stellt damit eine Rechnungsgröße für die zu erbringende Leistung dar. Nicht erforderlich ist, dass die Tilgung des Kaufpreises in Geld erfolgt. Er kann vielmehr auf unterschiedlichste Art beglichen werden, z. B. durch die Übernahme einer bestehenden Schuld des Veräußerers, im Wege der Verrechnung, durch die Hingabe von Gegenständen oder über die Erbringung von Dienst- oder Arbeitsleistungen an Erfüllungs Statt (§ 364 BGB). Zur Übernahme eines zinsgünstigen Baudarlehens für ein soziales Wohnungsbauprojekt durch den Grundstückserwerber als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung vgl. BFH v. 23.11.2022, II R 26/21, BFH/NV 2023, 387.

Ein Kaufpreis ist auch durch eine Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer von einer Verbindlichkeit zu befreien, ausreichend belegt. Auch der Verzicht auf eine Forderung kann als Kaufpreis zu beurteilen sein, wenn er die entsprechende Minderung der vereinbarten Gegenleistung (des Kaufpreises) zur Folge hat (vgl. BFH v. 10.6.1969, II 172/64, BStBl II 1969, 668, und BFH v. 22.10.1986, II R 125/84, BStBl II 1987, 180; siehe auch § 8 GrEStG Rz. 11). Stets muss es sich dabei aber um eine geldwerte Verpflichtung und um eine bewertungsfähige Last handeln (BFH v. 2.3.1971, II 64/65, BStBl II 1971, 533). Ein Forderungsverzicht ist z. B. anzunehmen, wenn ein Mieter das von ihm gemietete Grundstück erwirbt und gegenüber seinem seitherigen Vermieter (Grundstücksveräußerer) darauf verzichtet, für die von ihm auf dem Grundstück errichteten Anlagen angemessen entschädigt zu werden (BFH v. 22.10.1986, II R 125/84, BStBl II 1987, 180).

Zum Kaufpreis gehören auch "Entschädigungen", die der Verkäufer für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative wirtschaftliche Folgen erhält. Bei dem Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage gehört eine Entschädigungszahlung, die der Käufer an den Verkäufer für vom Eigentumserwerb zu unterscheidende Leistungen des Verkäufers zahlt, nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (BFH v. 10.5.2017, II R 16/14, BFH/NV 2017, 1269). Die Zahlung allein für die Löschungsbewilligung an einen Dritten kann nach zur Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gehören (BFH v. 30.8.2023, II B 45/22, BFH/NV 2023, 1319, siehe Randnummer 26b).

Zivilrechtlich setzt ein Kaufvertrag voraus, dass der Kaufpreis bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Nach BFH v. 30.3.2009, II R 1/08, BFH/NV 2009, 1666, muss ein Kaufpreis i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht zahlenmäßig festgelegt, sondern nur nach objektiven Merkmalen bestimmbar sein. In entsprechenden Fällen ist daher für die Besteuerung der spätere endgültige Kaufpreis maßgebend. Dies macht es notwendig, die Steuer zunächst vorläufig bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§§ 164, 165 AO) festzusetzen (vgl. auch – zum Wert der Gegenleistung bei Gewährung eines zinsverbilligten Darlehens – BFH v. 17.4.1991, II R 119/88, BStBl II 1991, 586). Bestimmbar ist der Kaufpreis, wenn die Einigung der Vertragsparteien über die Vertragsgrundlage eine Bestimmung des Kaufpreises nach objektiven Merkmalen zulässt. Einer ausdrücklichen betragsmäßigen Festlegung (in Form von Zahlen) bedarf es dazu nicht (vgl. BFH v. 18.10.1972, II R 124/69, BStBl II 1973, 126). Wird im notariellen Kaufvertrag von den Vertragsparteien ein vorläufig bezifferter Kaufpreis angesetzt, kann dieser Preis nicht als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer angesetzt werden, wenn in der Kaufvertragsurkunde zwar Regelungen mit objektiven Merkmalen zur Erhöhung und Verminderung des Kaufpreises getroffen sind, die Vertragsparteien sich tatsächlich aber anderweitig auf Kaufpreisabschläge einigen, die nicht nach den dortigen Kriterien bestimmt sind (FG Münster v. 14.12.2006, 8 K 4456/01 GrE, EFG 2007, 1040)..

Zulässig ist auch die Bestimmung des Kaufpreises durch nur eine der Parteien oder einen Dritten (vgl. §§ 315ff. BGB). § 311 b BGB steht einem solchen Recht auf Leistungsbestimmung nicht entgegen. Die Bestimmung des Kaufpreises kann sogar einem künftigen Rechtsstreit vorbehalten bleiben.

Bei der Verpflichtung des Käufers zur Kaufpreiszahlung handelt es sich um dessen Hauptpflicht gegenüber dem Verkäufer. Für die Bestimmung des Kaufpreises und damit der Gegenleistung ist nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als Kaufpreis bezeichnen. Entscheidend ist vielmehr und ausschließlich, was nach dem Inhalt des Vertrags der Käufer als Kaufpreis zu erbringen hat, d. h. zu welchen Leistungen sich der Erwerber im Kaufvertrag tatsächlich verpflichtet hat, um das Grundstück in dem Zustand zu erhalten, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist (vgl. BFH v. 26.4.1972, II R 188/71, HFR 1972, 541, und BFH v. 1.10.1975, II R 84/70, BStBl II 1976, 128;...

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