Rz. 39

Die Frage nach der Anwendung des § 1 Abs. 6 GrEStG stellt sich nur im Festsetzungsverfahren, unabhängig davon, ob der Festsetzung eine Feststellung gem. § 17 GrEStG (Grundlagenbescheid) zugrunde liegt.

 
Praxis-Beispiel

Die T-GmbH erwarb im Jahr 2002 95 % der Anteile an der E-GmbH. Die E-GmbH war zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin des Grundstücks A. Der Wert nach § 138 Abs. 2 bis 4 BewG für dieses Grundstück wurde mit 100.000 EUR festgestellt. Die Steuerfestsetzung erfolgte gegenüber der T-GmbH.

Im Jahr 2010 wurde die E-GmbH auf die T-GmbH verschmolzen. Die E-GmbH ist zwischenzeitlich Eigentümerin der Grundstücke A und B. Der Wert nach § 138 Abs. 2 bis 4 BewG für das Grundstück A wurde mit 150.000 EUR und für das Grundstück B mit 200.000 EUR festgestellt. Die M-GmbH war seit mehr als 5 Jahren an der T-GmbH zu 95 % beteiligt.

  • Anteilserwerb im Jahr 2002

    Der Erwerb der Anteile an der E-GmbH in 2002 führt zu der Verwirklichung des Tatbestands i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Bemessungsgrundlage ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG der Grundbesitzwert (3,5 % von 100.000 EUR = 3.500 EUR).

  • Verschmelzung im Jahr 2010

    Mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG verwirklicht. Bemessungsgrundlage ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der Grundbesitzwert. Da im Rahmen der Verschmelzung auch das Grundstück A auf die T-GmbH übergeht, dessen fiktiver Übergang auf die T-GmbH bereits nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG in 2002 versteuert wurde, unterliegt der Verschmelzungsvorgang insoweit der Anrechnung nach § 1 Abs. 6 GrEStG. Daneben findet § 6 a GrEStG auf den gesamten Vorgang Anwendung, da die T-GmbH und die E-GmbH als abhängige Gesellschaften der M-GmbH i. S. d. § 6 a S. 4 GrEStG verschmolzen wurden. Es ergibt sich demnach folgende Festsetzung:

 
Grundbesitzwert Grundstück A 150.000 EUR
Grundbesitzwert Grundstück B 200.000 EUR
Summe 350.000 EUR
abzgl. § 1 Abs. 6 GrEStG (Grundbesitzwert Grundstück A aus 2002) ./. 100.000 EUR
verbleiben 250.000 EUR
abzgl. Steuervergünstigung nach § 6 a GrEStG ./. 250.000 EUR
Bemessungsgrundlage 0 EUR

Die Überwachung nach § 6 a S. 4 GrEStG erstreckt sich auf den Betrag von 250.000 EUR, d. h., wenn die M-GmbH ihre Unternehmereigenschaft oder ihre Beteiligung an der T-GmbH innerhalb der Nachbehaltensfrist teilweise oder ganz verliert, führt dies zu einer Nacherhebung durch Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (= 3,5 % von 250.000 EUR).

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