Rz. 32

Zur Vermeidung "ungewollter Mitnahmeeffekte" sieht § 6 a GrEStG in S. 3 eine Beschränkung auf sog. Konzernsachverhalte vor. Danach sind nur solche Umwandlungsvorgänge begünstigt, an denen ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Allerdings stellt der Gesetzgeber insofern nicht auf die in § 1 Abs. 4 GrEStG geregelten Abhängigkeitsverhältnisse ab, sondern knüpft die Abhängigkeit einer Gesellschaft ausschließlich daran an, dass das herrschende Unternehmen zu mindestens 95 % unmittelbar oder mittelbar am Kapital der betreffenden Gesellschaft beteiligt ist. Dies wirft u. a. die Frage auf, ob es in Beteiligungsketten auf die rechnerische Quote der Beteiligung an der Gesellschaft ankommt, oder ob die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft mindestens 95 % betragen muss.

 

Rz. 33

Weiterhin wird in Satz 4 eine Vorbehaltensfrist festgelegt und andererseits eine nachträgliche Versagung der Begünstigung festgeschrieben. Ausweislich der Gesetzesbegründung orientiert sich die Vorschrift insoweit an den Missbrauchsfristen in §§ 5 und 6 GrEStG. Die Befreiung setzt daher einerseits ein Abhängigkeitsverhältnis i. S. v. § 6 a S. 4 GrEStG voraus, das andererseits nur dann erfüllt ist, wenn das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (also z. B. der Verschmelzung) und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt bleibt. Die gewählte Gesetzesformulierung wirft einige Zweifelsfragen auf, insbesondere weil die Befreiung des konzerninternen Umwandlungsvorgangs nach dem Gesetzeswortlaut auch dann rückwirkend entfällt, wenn die Nichteinhaltung der Missbrauchsfristen selbst Grunderwerbsteuer ausgelöst hat.

 

Rz. 34

Die Fünfjahresfristen (Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist) orientieren sich laut Gesetzesbegründung zu § 6 a GrEStG an den Regelungen in §§ 5 und 6 GrEStG.

Während unter einem allgemeinen Missbrauchsgedanken die Vorbehaltensfrist des § 6 Abs. 4 GrEStG und die Nachbehaltensfristen in §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 GrEStG sachlich gerechtfertigt werden können, erscheint dies im Rahmen der Steuervergünstigung bei Umwandlungen als fragwürdig. Dies gilt insbesondere, weil die Behaltensfristen auch verletzt sein sollen, wenn ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang dazu geführt hat, dass das herrschende Unternehmen seine mindestens 95-prozentige Beteiligung erworben oder aufgegeben hat. Die Vor- und Nachbehaltensfristen im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG bewirken, dass Grundstücke im allgemeinen Rechtsverkehr nicht beliebig über den Einsatz von Personengesellschaften mobilisiert werden können, ohne dass dies Grunderwerbsteuer auslöst. So kann ein 100 %-Kommanditist, der ein Grundstück aus seinem Vermögen grunderwerbsteuerfrei in die Kommanditgesellschaft nach § 5 Abs. 2 GrEStG eingebracht hat, seinen Kommanditanteil erst nach Ablauf von 5 Jahren an einen Dritten veräußern, ohne dass die im Zuge der Einbringung gewährte Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 bzw. Abs. 3 GrEStG rückgängig gemacht wird. Ohne diese Nachbehaltensfrist in § 5 Abs. 3 GrEStG bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, dass ein Erwerber des Grundstücks unmittelbar nach Einbringung des Grundstücks in die Kommanditgesellschaft z. B. 94 % der Anteile an der Kommanditgesellschaft erwirbt, ohne dass hierdurch Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Ebenso wenig möglich ist ein grunderwerbsteuerfreier Erwerb von Anteilen an einer grundstückshaltenden Kommanditgesellschaft unterhalb der 95 %-Grenze (beispielsweise 94 %) und eine zu 94 % steuerfreie unmittelbar anschließende Übertragung des Grundbesitzes der Gesellschaft auf den Kommanditisten, da die Vorbehaltensfrist des § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG dies verhindert.

2.6.1 Die Einschränkungen in § 6 a S. 4 GrEStG

 

Rz. 35

Unternehmen sollen nach der Gesetzesbegründung flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können. Dies bedeutet insbesondere, dass sie schnell reagieren können müssen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die 5-jährigen Vor- und Nachbehaltensfristen im Zusammenhang mit Steuervergünstigungen bei Umwandlungen als kontraproduktiv. Welcher Missbrauch sich daraus ergeben soll, dass eine Konzerngesellschaft, die von einer konzerninternen Restrukturierung unmittelbar oder mittelbar betroffen ist, ihre Beteiligung an der zu verschmelzenden Tochtergesellschaft noch keine 5 Jahre hält, drängt sich nicht auf. Dies gilt insbesondere bei Konzerngesellschaften, die ihre Beteiligungen innerhalb der letzten fünf Jahre grunderwerbsteuerpflichtig erworben haben.[1]

Dessen ungeachtet nahm die Finanzverwaltung in der Vergangenheit eine restriktive Haltung ein, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen. Gegen diese wenden sich in z. T. scharfer Form Teile der Literatur.[2]

Die durch einen Umwandlungsvorgang begünstigungsfähigen Erwerbsvorgänge setzen danach voraus, dass an diesem Umwandlungsvorgang aus...

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