Rz. 28a

Die Frage nach der Reichweite der neuen Befreiungsvorschrift stellt sich auch für Umstrukturierungen im Bereich der öffentlichen Hand. Erfasst wird auch die Umwandlung von Rechtsträgern durch Verschmelzung, durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) und durch Vermögensübertragung. Eine Vollübertragung des Vermögens (vgl. § 174 Abs. 1 UmwG) oder Teilübertragungen des Vermögens (vgl. § 174 Abs. 2 UmwG) sind jeweils nur möglich von einer Kapitalgesellschaft auf den Bund, ein Land, eine Gebietskörperschaft oder einen Zusammen-schluss von Gebietskörperschaften (vgl. § 175 Nr. 1 UmwG). Die Rückumwandlung einer kommunalen Wohnungs-bau-GmbH in einen kommunalen Eigenbetrieb fällt dann – als Vermögensübertragung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Gebietskörperschaft – unter § 6 a S. 1 GrEStG.

Es erhebt sich indes die Frage, ob ein solcher Rechtsvorgang auch die Voraussetzungen des § 6 a S. 3 GrEStG erfüllt, wonach an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (Alternative 1) oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (Alternative 2) beteiligt sein müssen.

 
Praxis-Beispiel

Eine Wohnungsbau-GmbH, deren Anteile zu 100 % von einer Gemeinde gehalten werden, soll in einen kommunalen Eigenbetrieb und damit in ein rechtlich unselbstständiges Sondervermögen der Gemeinde rückumgewandelt werden.

Mit dem verwendeten Begriff des Unternehmens kann der ratio legis folgend in diesem Zusammenhang nur eine Art "Rechtssubjekt" und nicht eine bestimmte inhaltliche Tätigkeit beschrieben sein. Damit muss § 6 a GrEStG auch auf einen „Konzern der öffentlichen Hand" anwendbar sein. Als Unternehmen muss jede wirtschaftliche Betätigung interpretiert werden, die planmäßig, in einem gewissen Umfang und für einen nicht unerheblichen Zeitraum ausgeübt wird. Ob die öffentliche Hand dahintersteht, darf dann keine Rolle spielen, wenn sie in der konkreten Situation Marktbeteiligte wie private Dritte ist.

 

Rz. 28b

Auch hier gibt es viele Strukturen, bei denen allein die Grunderwerbsteuer ein wirtschaftliches Handeln verhindert. Insbesondere die Auflösung unwirtschaftlicher GmbH-Strukturen wird blockiert. Dieser Hemmschuh lässt sich auch hier durch die Neuregelung des § 6 a GrEStG beseitigen. Weitere Überlegungen sprechen dafür, § 6 a GrEStG und den dort verwendeten Begriff des Unternehmens funktional zu verstehen, um ihn einer erweiterten Anwendung zugänglich zu machen. Insbesondere bei Kommunen verweisen die gemeindehaushaltsrechtlichen Vorschriften auf die entsprechend anzuwendenden Regelungen des HGB zum Konzernabschluss. Im kommunalen Bereich sind Konzernstrukturen mittlerweile häufig anzutreffen. Insbesondere die Energieversorger sind als Wirtschaftsbetriebe vielfach ausgegliedert.

Dafür, dass als Unternehmen i. S. d. Vorschrift neben natürlichen Personen, Personengesellschaften und juristischen Personen auch Anstalten des öffentlichen Rechts und Körperschaften des öffentlichen Rechts in Betracht kommen, spricht auch, dass auch Kommunen und ihre rechtlich selbstständigen Eigengesellschaften ein "Konzernprivileg" genießen, wenn es um Bankgeschäfte zwischen Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen geht, die mit dem Konzernprivileg (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 des Kreditwesengesetzes) von einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) freigestellt sind. Auch hier gilt ein funktionaler Unternehmensbegriff.

 

Rz. 28c

Weniger Probleme wird das in § 6 a S. 3 GrEStG als weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung zwischen den am Umwandlungsvorgang beteiligten Unternehmen in S. 4 der Vorschrift definierte Abhängigkeitsverhältnis bereiten. Eine Wohnungsbau-GmbH gilt nach § 6 a S. 4 GrEStG als abhängig, wenn das herrschende Unternehmen (hier die Gemeinde) an deren Kapital unmittelbar oder mittelbar (oder teils unmittelbar, teils mittelbar) zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Steuervergünstigung des § 6 a GrEStG würde damit grundsätzlich auch im vorgetragenen Sachverhalt Anwendung finden, da die Gemeinde (herrschendes Unternehmen) zu 100 % an der Wohnungsbau-GmbH (abhängige Gesellschaft) beteiligt ist.

 

Rz. 28d

Nach dem Wortlaut des § 6 a S. 1 GrEStG werden Umwandlungsvorgänge, die auf Landesgesetz beruhen, nicht begünstigt, da ein Verweis auf § 1 Abs. 2 UmwG fehlt. Auch diese Regelung führt für den öffentlichen Sektor zu Einschränkungen. Demgegenüber befasst sich der Erlass vom 19.6.2012 in Rz. 3.1 mit Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungsgesetz. Danach sind Umwandlungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG:

Darüber hinaus sind Umwandlungen i. S. d. § 1 Abs. 2 UmwG begünstigt, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Land...

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