Rz. 33

Der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung gilt nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG als Erwerb von Todes wegen. Die Vorschrift erfasst sowohl die den Erben oder Vermächtnisnehmer treffenden Auflage, eine Stiftung zu errichten, als auch die durch den Erblasser veranlasste Einsetzung einer Stiftung als Erbin oder Vermächtnisnehmerin (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1995, BStBl 1996 II, 99).

Bei Vermögensübergängen auf im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits bestehende Stiftungen handelt es sich um Erwerbe von Todes wegen i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, so dass hinsichtlich des dabei übergehenden Grundbesitzes die Befreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG eingreift. Die Grunderwerbsteuerbefreiung kommt auch dann zum Tragen, wenn Zuwendungen von Grundstücken an erbschaftsteuerlich begünstigte Familienstiftungen oder an Stiftungen vorliegen, die ausschließlich oder unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken (§§ 15 Abs. 2, 13 Abs. 1 Nr. 16 b ErbStG) dienen.

Bei der Übertragung von Grundstücken der öffentlichen Hand an Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Zwecken der übertragenden Gebietskörperschaften dienen, war die Finanzverwaltung bisher davon ausgegangen, dass es sich hierbei um Schenkungen unter Lebenden i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handele. Dies wurde daraus abgeleitet, dass § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG Vermögensanfälle, die ausschließlich Zwecken einer Gebietskörperschaft dienen, von der Schenkungsteuer befreit. Für unbeachtlich wurde hierbei angesehen, wenn eine entsprechende Zuwendung aus Landesmitteln erfolgt, weil öffentlich-rechtliche Stiftungen, die Aufgaben des Landes wahrnehmen, Zwecken des Landes i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG dienten. Dementsprechend waren entsprechende Grundstücksübertragungen nach § 3 Nr. 2 GrEStG befreit (so noch der Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 28. August 1995 – S 4505/10).

Inzwischen hat die Finanzverwaltung in der schenkungsteuer- und grunderwerbsteuerrechtlichen Beurteilung derartiger Übertragungsvorgänge eine Kehrtwendung vollzogen. Ausschlaggebend dafür war, dass die Frage, ob die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks auf eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Stiftung des privaten Rechts nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit sein kann, verneint wurde. Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder handelt es sich hierbei um keine Grundstücksschenkung unter Lebenden i. S. d. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Der gesetzliche Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei in solchen Fällen nicht verwirklicht, weil der dazu u. a. notwendige subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung seitens des Zuwendenden nicht erfüllt ist. Dieses subjektive Element fehle, weil einerseits der Staat bzw. die staatliche Verwaltung aufgrund rechtsstaatlicher Prinzipien (insbesondere Willkürverbot) nichts verschenken dürfe (vgl. BGH-Entscheidung vom 30. Januar 1967, BGHZ 47, 30 und DB 1967, 545) und andererseits das Eingehen von Verpflichtungen seitens der Verwaltung nur auf der Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung im Haushaltsplan zulässig wäre. Die Verwaltung handelt daher im Falle der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks nicht freigebig, sondern in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Angesichts dieser rechtlichen Beurteilung lässt sich die bisherige Rechtsauffassung zur Übertragung von Grundstücken der öffentlichen Hand an Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht mehr aufrechterhalten. Entsprechende Übertragungsvorgänge fallen daher nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG. Die entgegenstehenden Erlasse aus dem Jahr 1995 wurden aufgehoben (vgl. Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 20. Januar 2005 – 3 – S 4505/10 –).

Fraglich ist, ob diese Beurteilung auch für die unter § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG fallende Vermögensausstattung einer neu gegründeten Stiftung des bürgerlichen Rechts durch die öffentliche Hand gilt. Diese Frage dürfte zu bejahen sein. Wird z. B. eine 100 %igen Beteiligung an einer gemeinnützigen GmbH mit inländischem Grundbesitz durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts auf eine von ihr gegründete Stiftung zum Zweck der Vermögensausstattung übertragen, sollte dieser Vorgang nicht nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit sein. Es kann keinen Unterschied machen, ob die öffentliche Hand Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts auf eine noch zu errichtende Stiftung oder durch Zustiftung auf eine bereits bestehende Stiftung überträgt. Zudem sind nach BFH v. 9.12.2009, II R 22/08, BStBl II 2010, 363, die Tatbestandvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG identisch. Die Ausstattung einer Stiftung aufgrund eines Stiftungsgeschäfts durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts stellt daher aus den o. a. Gründen keinen nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG schenkungsteuerbaren Vorgang dar mit der Folge, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG keine Anwendung...

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