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Nach § 16 Abs. 5 GrEStG gelten die Vorschriften der Abs. 1–4 des § 16 GrEStG nicht, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a, 3 und 3a GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war. Die Vorschrift wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen (BFH v. 17.5.2017, II R 35/15, BStBl II 2017, 966; BFH v. 22.5.2019, II R 24/16, BStBl II 2020, 157). Der Gesetzgeber will mit dieser Bestimmung also vor allem Umgehungen der Steuerpflicht erschweren. Insbesondere soll damit verhindert werden, dass die Beteiligten einen der dort bezeichneten Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird. Da die Finanzämter häufig keine Kenntnis von Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG erhalten, könnten sich die Betroffenen nach Kenntniserlangung durch das Finanzamt einer Steuerpflicht dadurch entziehen, indem sie den Erwerbsvorgang rückgängig machen. Diese Möglichkeit ist durch § 16 Abs. 5 GrEStG vereitelt. Außerdem sollen mit der Regelung des § 16 Abs. 5 GrEStG auch die Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG sichergestellt werden (vgl. BFH v. 20.1.2005, II B 52/04, BStBl II 2005, 492; BFH v. 2.3.2011, II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009, m. w. N.; BFH v. 18.4.2012, II R 51/11, BStBl II 2013, 830; BFH v. 20.1.2015, II R 8/13, BFH/NV 2015, 756; BFH v. 3.3.2015, II R 30/13, BStBl II 2015, 777; zu den Folgen des Fehlens einer Anzeige nach § 16 Abs. 5 GrEStG vgl. BFH v. 17.5.2017, II R 35/15, BFH/NV 2017, 1270).

Der Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 3a GrEStG wurde durch Art. 26 Nr. 6 AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809, in den Regelungsbereich des § 16 Abs. 5 GrEStG aufgenommen.

Eine ordnungsgemäße Anzeige eines Erwerbsvorgangs liegt dann vor, wenn die Anzeige fristgerecht beim Finanzamt eingeht und sämtliche in §§ 18, 19, 20 GrEStG normierten Anforderungen erfüllt (BFH v. 2.3.2011, II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009). Unter Berücksichtigung des Normzwecks und des Übermaßverbots verlangt es die Vorschrift des § 16 Abs. 5 GrEStG aber nicht, dass die fristgemäß erstattete Anzeige in jeder Hinsicht den Anforderungen der §§ 18 und 19 i. V. m. § 20 GrEStG genügt. Eine ordnungsgemäße Anzeige i. S. d. § 16 Abs. 5 GrEStG ist vielmehr schon dann gegeben, wenn der Vorgang innerhalb der Anzeigefristen der §§ 18 Abs. 3 und 19 Abs. 3 GrEStG dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass dieses die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2, 2a, 3 – und des am 7.6.2013 in Kraft getretenen Abs. 3a – GrEStG prüfen kann. Dazu reicht es regelmäßig aus, wenn die Anzeige die zweifelsfreie Identifizierung des Veräußerers, des Erwerbers und der Urkundsperson (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 6 GrEStG) und ggf. der grundbesitzenden Gesellschaft (§ 20 Abs. 2 GrEStG) ermöglicht und der Anzeige die in § 18 Abs. 1 S. 2 bzw. § 19 Abs. 4 S. 2 GrEStG genannten Abschriften beigefügt werden (vgl. BFH v. 20.1.2005, II B 52/04, BStBl II 2005, 492; BFH v. 20.1.2015, II R 8/13, BFH/NV 2015, 756; BFH v. 3.3.2015, II R 30/13, BStBl II 2015, 777). Die innerhalb der Anzeigefrist zu erstattende Anzeige muss danach nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen der §§ 18 und 19 i. V. m. § 20 GrEStG genügen. Vielmehr können in der Anzeige noch fehlende Angaben innerhalb einer vom Finanzamt zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht werden. Dazu bedarf es eines innerhalb der Anzeigefrist zu stellenden Fristverlängerungsantrags (BFH v. 25.11.2015, II R 64/08, GmbHR 2016, 185). So treten z. B. – insbesondere bei von einem Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 2, 2a, 3 und 3a GrEStG betroffenen umfangreichen Grundbesitz – die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 5 GrEStG nicht ein, wenn in einer ansonsten ordnungsgemäßen Anzeige lediglich die Bezeichnung der Grundstücke nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) unvollständig ist. Die fehlenden Angaben können ggf. innerhalb einer vom Finanzamt zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht werden (so noch BFH v. 20.1.2005, II B 52/04, BStBl II 2005, 492). Inzwischen vertritt der BFH insoweit eine noch großzügigere Auffassung: Danach ist die Anzeige eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG dann ordnungsgemäß i. S. d. § 16 Abs. 5 GrEStG, wenn ihr u. a. diejenigen Rechtsvorgänge eindeutig und vollständig entnommen werden können, die den Tatbestand nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst oder zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Ggf. sind in die Anzeige auch vorangegangene und dem Finanzamt bislang nicht angezeigte Änderungen des Gesellschafterbestandes einzubeziehen, die zur Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 2a GrEStG beigetragen haben. Grundstücksbezogene Angaben sind danach aber generell nicht erforderlich. Nach Ansicht des BFH setzt eine ordnungsgemäße Anzeige i. S. d. § 16 Abs. 5 GrEStG unter Berücksichtigung des Übermaßverbots nicht zusätzlich voraus, dass die Anze...

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