Rz. 92

Eine bestehende mittelbare oder teilweise unmittelbare und teilweise mittelbare Anteilsvereinigung kann durch die Übertragung von Anteilen zu einer ausschließlich unmittelbaren Beteiligung verstärkt werden. Eine solche Verstärkung einer bereits bestehenden Anteilsvereinigung hat schon den Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. nicht ausgelöst (vgl. BFH v. 20.10.1993, BStBl II 1994, 121, und FinMin Baden-Württemberg v. 6.11.1995, S 4500/43, Der Betrieb 1995, 2294). An dieser grunderwerbsteuerrechtlichen Beurteilung hat sich auch mit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 1 Abs. 3 GrEStG nichts geändert (vgl. Tz. 3 der gleichlautenden Ländererlasse v. 2.12.1999 zur Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG in der Fassung der Bekanntmachung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BStBl I 1999, 991).

 
Praxis-Beispiel

Eine AG ist zu 91 % an einer GmbH 1 und zu 60 % an einer GmbH 2 beteiligt. Die restlichen Anteile an der GmbH 1 hält eine GmbH 3, die restlichen Anteile an der GmbH 2 hält die GmbH 1. Die Anteile an der GmbH 2 sind damit in der Hand der AG teils unmittelbar (60 %), teils mittelbar über die GmbH (40 %) vereinigt.

Ein Erwerb der von der GmbH 1 gehaltenen Anteile an der GmbH 2 (40 %) durch die AG löst keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG aus. Dies gilt auch nach neuem Recht.

Diese grunderwerbsteuerliche Beurteilung gilt nicht nur hinsichtlich derjenigen Grundstücke, die der Gesellschaft bereits in dem Zeitpunkt grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind, in dem die teils unmittelbare, teils durch die beherrschte Gesellschaft vermittelte mittelbare Anteilsvereinigung eintritt, sondern auch bezüglich weiterer inzwischen erworbener Grundstücke (vgl. BFH v. 20.10.1993, BStBl II 1994, 121). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die durch die vorangegangene Anteilsvereinigung verwirklichten Erwerbsvorgänge tatsächlich besteuert worden sind. Unbeachtlich ist auch, wenn bei der ersten Anteilsvereinigung keine Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG ausgelöst wurden, z. B. weil kein Grundbesitz vorhanden war oder weil sich die Beteiligungsverhältnisse seit Gründung der Gesellschaft nicht verändert haben (vgl. Tz. 3 der gleichlautenden Ländererlasse v. 2.12.1999 zur Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG i. d. F. der Bekanntmachung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BStBl I 1999, 991).

Eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG tritt auch nicht ein, wenn bei einer teils unmittelbaren und teils mittelbaren – über einen Treuhänder vermittelten – Anteilsvereinigung ein Treuhänderwechsel erfolgt, es sei denn, der Treuhänderwechsel betrifft mindestens 90 % der Gesellschaftsanteile. Dasselbe gilt, wenn bisher vom Treuhänder für den Treugeber gehaltene Anteile unter Auflösung des Treuhandverhältnisses auf den Treugeber übertragen werden (vgl. BFH v. 16.7.1997, BFH/NV 1998, 81).

Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG, sondern auch für Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung von mindestens 90 % der Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz begründen, und für den Übergang von mindestens 90 % der Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG). Sie finden aber keine Anwendung auf Rechtsvorgänge zwischen Konzerngesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 und 2 GrEStG sowie den Zuerwerb von Anteilen durch eine Konzerngesellschaft, wenn dadurch erstmalig unmittelbar und/oder mittelbar mindestens 90 % der Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz in der Hand einer Konzerngesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG vereinigt werden (vgl. Tz. 4 des gleichlautenden Ländererlasses v. 2.12.1999 zur Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG i. d. F. der Bekanntmachung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BStBl I 1999, 991). Siehe hierzu auch Rz. 91 und die dort angeführten Fälle des sog. side-step und des sog. down-stream.

Wird durch die Übertragung von Anteilen an einer Konzerngesellschaft in Höhe von mindestens 90 % lediglich die bestehende Beteiligungskette verkürzt (sog. up-stream), löst dies keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 bzw. 4 GrEStG aus. Ein solcher Rechtsvorgang führt nur zu einer Verstärkung einer bisherigen mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung.

 
Praxis-Beispiel

Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG kann jedoch dann erfüllt werden, wenn in einer Reihe von Gesellschaften, die über jeweils 90-prozentige Beteiligungen miteinander verbunden sind, eine weitere Gesellschaft mit einer mindestens 90 %-Beteiligung zwischengeschaltet wird.

 
Praxis-Beispiel

Eine AG hält 98 % der Anteile an einer GmbH 1 und 97 % der Anteile an einer GmbH 2, die ihrerseits zu 95 % an einer grundbesitzenden GmbH 3 beteiligt ist. Bei einem Erwerb der Anteile der AG an der GmbH 2 durch die GmbH 1 werden erstmals mittelbar (über die GmbH 2) mehr als 90 % der Anteile an der GmbH 3 durch die GmbH 1 gehalten (Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG).

Ist eine Anteilsvereinigung in der Hand einer – von einem ...

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