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Durch die Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot wird wirtschaftlich das Gleiche erreicht wie durch einen Kaufvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber einerseits und einen Kaufvertrag zwischen Erwerber und einem Dritten andererseits. Erfasst werden damit vor allem die Fälle der mittelbaren Stellvertretung. In diesen Fällen erwirbt ein Beauftragter, Geschäftsbesorger oder Treuhänder ein Grundstück zwar im Ergebnis für einen anderen, handelt aber nicht im Namen dieses anderen, sondern im eigenen Namen und erwirbt somit einen Übereignungsanspruch an sich selbst, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbar ist. Mit der anschließenden Übertragung dieses Übereignungsanspruchs an seinen Auftraggeber oder Treugeber wird ein weiterer Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7 GrEStG verwirklicht (BFH v. 31.8.1994, II R 108/91, BFH/NV 1995, 431).

Eine Abtretung des Übereignungsanspruchs liegt nicht vor, wenn der Fall der unmittelbaren Stellvertretung bei dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes gegeben ist, § 164 BGB. Es muss aber feststehen, dass der Vertretene durch das Handeln des Vertreters unmittelbar Rechte und Pflichten erwirbt. Das Gleiche gilt, wenn der Stellvertreter erklärt, er erwerbe das Grundstück für seinen ungenannten Vollmachtgeber, und wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass die Rechte und Pflichten des Erwerbers direkt in der Person des Vollmachtgebers entstehen sollen. Der Vollmachtgeber muss allerdings genügend bestimmbar sein.

Schließt jemand als Stellvertreter einen Kaufvertrag "für einen oder mehrere von ihm zu benennende Dritte", so ist er grunderwerbsteuerlich (als Zwischenhändler) selbst der Käufer, wenn die zu benennenden Dritten bei Vertragsabschluss der Person nach objektiv noch nicht feststehen. Als Stellvertreter kann grunderwerbsteuerlich nur anerkannt werden, wer einen bestimmten, bei Vertragsabschluss der Person nach schon feststehenden Dritten vertritt. Dass der Verkäufer den Namen des Vertretenen kennt, ist jedoch nicht erforderlich (BFH v. 25.10.1961, II 163/60, HFR 1963, 294).

Dies gilt auch für einen Kreditgeber, dem ein Kaufangebot dergestalt unterbreitet ist, dass er ohne Einflussmöglichkeit des Kreditnehmers den Verkauf zu seinen Preisvorstellungen abschließen kann. Die Rückführung eines Not leidenden Kredits als Hauptzweck des Kaufangebotes ist ohne Belang, wenn der Kreditgeber den über den Kreditrückstand hinausgehenden Mehrerlös behalten kann, indem er das Kaufangebot selbst annimmt (FG Münster v. 29.8.2001, EFG 2001, 1567).

Wer für eine "in Gründung befindliche" GmbH & Co. KG einen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks schließt, kann, falls er nicht eine etwa bereits bestehende Vorgesellschaft, sondern die künftige KG berechtigen und verpflichten will, unter Umständen in seiner Person eine Steuerpflicht auslösen (BFH v. 17.7.1974, II R 18/69, BStBl II 1975, 242).

Das Grunderwerbsteuergesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Besteuerung des Erwerbs herrenloser Grundstücke. Ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt ist die Besteuerung der Abtretung des Aneignungsrechts an einem herrenlosen Grundstück, so dass Grunderwerbsteuer für den umstrittenen Rechtsvorgang nur dann anfallen könnte, wenn dieser sich einem der in § 1 Abs. 1 und 2 GrEStG enthaltenen, die Abtretung des Aneignungsrechts nicht ausdrücklich erwähnenden Tatbestand unterordnen ließe. Der Eigentumserwerb aufgrund des abgetretenen Aneignungsrechts ist originär. Er lässt sich daher nicht als Übergang des Eigentums i. S. d. genannten Vorschrift, das heißt als abgeleiteter Eigentumserwerb, ansehen. Das Grunderwerbsteuerrecht will aber grundsätzlich nur solche Rechtsvorgänge erfassen, bei denen ein Übergang von einem auf einen anderen Rechtsinhaber stattfindet (s. BFH v. 1.4.1981, II R 87/78, BStBl II 1981, 488).

Wenn der Meistbietende bereits in dem Versteigerungstermin im Namen eines anderen (unmittelbare Stellvertretung) das Meistgebot abgegeben hat, so ist der andere (Vertretene) der Meistbietende. In diesem Falle entsteht die Steuerpflicht nur einmal. Das gilt auch, wenn der Vertreter das Meistgebot abgegeben hat, ohne genügende Vollmacht zu besitzen, die Vollmacht aber später nachreicht und dann dem Vertretenen der Zuschlag erteilt wird (BFH v. 8.2.1956, II 206/55, BStBl III 1956, 93). Hat dagegen der Meistbietende im eigenen Namen als mittelbarer Stellvertreter für einen anderen geboten, dann tritt doppelte Steuerpflicht ein, selbst wenn der Vertreter nach Abgabe des Meistgebots in öffentlich beglaubigter Form erklärt, er habe für einen anderen geboten (RFH v. 20.4.1934, II A 166/33, RStBl 1934, 926).

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