Rz. 43

Neben den vorstehend erwähnten Erwerbsvorgängen fallen auch folgende Eigentumsübergänge kraft Gesetzes unter § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG:

Die Buchersitzung nach § 900 BGB.

Wer als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne dass er das Eigentum erlangt hat, erwirbt das Eigentum, wenn die Eintragung 30 Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitz gehabt hat (§ 900 S. 1 BGB). Der Eigentumsübergang erfolgt kraft Gesetzes und unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Steuer.

Die Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft (§ 1416 Abs. 2 BGB).

Die Vereinbarung der Gütergemeinschaft (§§ 1408, 1410, 1415 BGB) ist kein auf die Übereignung des Grundstücks gerichteter Vertrag. Bei der Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft nach § 1416 Abs. 2 BGB geht das Eigentum daher kraft Gesetzes über. Dadurch wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt. Die Beendigung der Gütergemeinschaft – Ausnahme: fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483ff. BGB) – führt nicht zu Rechtsübergängen kraft Gesetzes. Der Übergang auf die Mitglieder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbar, aber nach § 3 Nr. 6 GrEStG steuerbefreit.

Der gesetzliche Eigentumsübergang an Grundstücken einer betrieblichen Unterstützungskasse bei Eintritt des Sicherungsfalls nach § 9 Abs. 3 BetrAVG auf den Träger der Insolvenzsicherung (vgl. BFH v. 21.1.2004, II R 1/02, BFH/NV 2004, 1120),
die Sicherungsübereignung eines Gebäudes auf fremdem Boden (BFH v. 22.10.1952, II 67/52 U, BStBl III 1952, 310, und BFH v. 1.2.1956, II 162/55 S, BStBl III 1956, 93),
die Abwicklung offener Immobilienfonds, die den Eigentumsübergang auf die Verwahrstelle bewirkt und damit einen Rechtsträgerwechsel auslöst, welcher nach dieser Vorschrift steuerbar ist,
der Rückfall eines Grundstücks an den Gründer einer GmbH bei fehlgeschlagener Gründung einer GmbH (BFH v. 17.10.2001, II R 43/99).

Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat der Kläger eine Einmann GmbH gegründet, die umfangreichen Grundbesitz erwarb. 18 Monate nach diesem Erwerb und noch vor der Eintragung ins Handelsregister löste der Kläger die "GmbH" wieder auf.

Verständigen sich mehrere natürliche Personen darauf, eine GmbH zu gründen, liegt zunächst eine sog. Vorgründungsgesellschaft vor, die als BGB-Gesellschaft zu qualifizieren ist.

Zwischen Errichtung der GmbH seitens der Gesellschafter mittels Satzung und Eintragung derselben ins Handelsregister liegt eine sogenannte Vorgesellschaft vor, der Zivilrechtsprechung und Lehre seit langem den Charakter einer juristischen Person sui generis mit eigenen Rechten und Pflichten zuerkennen.

Ausgehend von einer mehrgliedrigen GmbH folgt hieraus, dass im Falle eines Grundstückserwerbs der Rechtsträger Vor-GmbH als juristische Person erwirbt. Kommt es nicht zur Eintragung der GmbH, verliert die Vorgesellschaft ihre Existenzberechtigung und geht unter. Geht ein Rechtsträger aber unter und damit dessen Vermögensgegenstände auf einen anderen Rechtsträger über, so liegt ein Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG vor, gleich ob es sich um eine Verschmelzung oder eine andere Form umwandlungsrechtlicher Universalsukzession handelt, da es hier weder einer Auflassung bedurfte noch ein rechtsgeschäftlicher Übereignungsanspruch vorgelegen hat.

Etwas anderes könnte für die Ein-Mann-GmbH nur gelten, wenn hier zur mehrgliedrigen GmbH signifikante Unterschiede bestünden, die eine andere Behandlung zwingend erscheinen ließen.

In der Errichtungsphase der Ein-Mann-GmbH liegt ein Sondervermögen eigener Art vor, dem Rechtsträgerqualität zukommt.

Der BFH hat sich in seiner Entscheidung zu Recht von der Überlegung leiten lassen, Ein-Mann-GmbH und mehrgliedrige GmbH gleichzubehandeln.

Dies folgt bereits aus der zivilrechtlichen Systematik und muss auch für den Fall gelten, dass die Errichtung einer GmbH letztendlich fehlschlägt.

 

Rz. 43a

Durch das am 1.8.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes und anderer Gesetze vom 22.7.1998 (BGBl I 1998, 1878) wurden Partnerschaftsgesellschaften als umwandlungsfähige Rechtsträger in das Umwandlungsgesetz aufgenommen. Sie wurden den Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt und können seitdem als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger in Form der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels an einer Umwandlung beteiligt sein.

 

Rz. 43b

Im Fall der Zusammenlegung von Kirchengemeinden reicht es für die Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG aus, dass die Anteilsvereinigung Folge des innerkirchlichen Umstrukturierungsvorgangs ist. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setzt keinen Rechtsvorgang des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts voraus, es kommt auf den fiktiven Erwerb der Grundstücke aufgrund der Vereinigung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft an (BFH v. 10.5.2023, II R 24/21).

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