1 Systematische Einordnung

Deutschland hat mit zahlreichen Staaten DBA ("Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)") abgeschlossen. Da es sich dabei um völkerrechtliche Verträge handelt, die zwischen den jeweiligen vertragsschließenden Staaten individuell ausgehandelt wurden, unterscheiden sich die Regelungen der verschiedenen DBA häufig. Nutzt der Stpfl. ein für ihn günstigeres DBA, indem er nicht direkt in einem anderen Staat investiert, sondern über einen Staat eine Investition tätigt, der mit Deutschland ein günstigeres DBA abgeschlossen hat, spricht man vom Treaty-Shopping. Der Stpfl. nimmt ein DBA nur aufgrund von formalen Gestaltungen ohne wirtschaftliche Substanz in Anspruch, das auf ihn eigentlich nicht anwendbar ist. Ein derartiges künstliches Strukturieren ist ein Instrument der Steuerplanung und wird vom Gesetzgeber als nicht erwünscht angesehen.

Diesem Treaty-Shopping versucht der Gesetzgeber durch zahlreiche Missbrauchsvermeidungsvorschriften entgegenzutreten. Eine solche missbräuchliche Inanspruchnahme von DBA soll durch verschiedene Regelungen verhindert werden, z. B. Subject-to-tax-Klauseln ("Subject-to-tax-Klausel") und Aktivitätsklauseln ("Aktivitätsklausel (DBA)"). Daneben gibt es spezielle Vorschriften, die das Treaty-Shopping gezielt verhindern sollen. Die Regelungen zum Anti-Treaty-Shopping können entweder im nationalen Steuerrecht oder im jeweiligen DBA selbst enthalten sein.

2 Inhalt

2.1 Allgemeines

Treaty-Shopping bedeutet die Inanspruchnahme von günstigen DBA-Regelungen durch Implementierung einer Struktur, die den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Die wichtigsten Anti-Treaty-Shopping-Regelungen im nationalen Recht sind § 50d Abs. 3 EStG sowie § 42 AO. Regelungen, die speziell dazu dienen, missbräuchliche Gestaltungen zu unterbinden, verstoßen grundsätzlich weder gegen das GG noch sind sie europarechtlich verboten. Allerdings treffen die nationalen Regelungen häufig nicht nur missbräuchliche Gestaltungen, sondern auch viele nicht als missbräuchlich zu qualifizierende Tatbestände. Auch in einigen DBA (z. B. Art. 23 DBA Schweiz oder die sog. Limitation of benefits clause in Art. 28 DBA USA) sind Regelungen zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch enthalten. Diese gehen dann den nationalen Treaty-shopping Regelungen vor.[1]

2.2 § 50d Abs. 3 EStG

§ 50d Abs. 3 EStG soll verhindern, dass eine ausl. Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zwischen den ausl. Stpfl. und die inl. Einkunftsquelle geschaltet wird, um Steuervorteile zu erlangen, die bei einer direkten Erzielung der Einkünfte nicht möglich wären. Die Vorschrift bestimmt daher, dass der ausl. Stpfl. eine nach DBA (oder durch entsprechende Verweise auch durch eine EU-Richtlinie gewährte) verringerte Quellensteuer nur dann beanspruchen kann, wenn eine persönliche oder sachliche Entlastungsberechtigung vorliegt. Damit verlangt die Norm wesentlich strengere Anforderungen an die Quellensteuerentlastung als sie in den DBA vorgesehen sind.

Eine persönliche Entlastungsberechtigung liegt insoweit vor, wie Personen an der Gesellschaft beteiligt sind, die die betreffende Vergünstigung ebenso in Anspruch nehmen könnten, wenn sie die fraglichen Einkünfte selbst erzielen würden. Erforderlich ist daher, dass ein DBA oder eine Richtlinie auch für einen Gesellschafter eine entsprechende Verringerung der Quellensteuer vorsieht. Die Finanzverwaltung legt dieses Tatbestandsmerkmal über den Wortlaut dahin aus, dass die Entlastungsberechtigung auf derselben Rechtsgrundlage beruhen muss. Eine nur in der Höhe identische Entlastungsberechtigung, die aber auf einer anderen Rechtsgrundlage beruht, soll danach nicht ausreichend sein. Die persönliche Entlastungsberechtigung muss für jeden Gesellschafter vorliegen. Ist dies nicht der Fall, kommt es nur zu einer anteiligen Quellensteuerentlastung.

Eine sachliche Entlastungsberechtigung der ausl. Gesellschaft fehlt, wenn die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit der Wirtschaftstätigkeit der ausl. Gesellschaft hat. Außerdem muss die Tätigkeit durch einen in angemessener Weise ausgestatteten Geschäftsbetrieb erfolgen. Sind diese Erfordernisse nicht erfüllt, besteht nur dann ein Anspruch auf Entlastung von der Quellensteuer, wenn nachgewiesen wird, dass für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft der steuerliche Vorteil einer Reduktion der Quellensteuer nicht der Hauptzweck war.

Soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, kommt es zu einer anteiligen Versagung der Entlastungsberechtigung. Ausgenommen von dieser Regelung sind Gesellschaften, deren Anteile an der Börse gehandelt werden, und Investmentgesellschaften.

2.3 Doppelbesteuerungsabkommen

In den DBA bestehen Anti-Treaty-Shopping-Regelungen in Rückfallklausel, "Subject-to-tax-Klausel", "Switch-over-Klausel" oder "Aktivitätsklausel (DBA)". Das DBA USA enthält in Art. 28 eine umfangreiche Regelung gegen Treaty-Shopping ("Limitation-of-benefit-Klausel").

3 Beratungshinweise

In der Praxis ist insbesondere der Nachweis der sachlichen Entlastungsberechtigung schwierig zu führen. Daher sollte ...

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