Rz. 670

Unternehmer, die Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, z. B. eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals o. Ä., unterstützen, werden so behandelt, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten.[1] Unternehmer, die die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, z. B. eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, unterstützen, werden so behandelt, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten.[2] Der Begriff des „Sachwerts“ ist zollrechtlicher Natur. Es handelt sich um den Wert des Gegenstands an sich und er umfasst nicht die Versicherungs- und Frachtkosten. Nach Art. 85 MwStSystRL ist die Steuerbemessungsgrundlage bei der Einfuhr von Gegenständen der Betrag, der als Zollwert bestimmt ist. Nach Art. 70 Abs. 1 UZK ist die vorrangige Grundlage für den Zollwert von Waren der Transaktionswert, d. h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, der erforderlichenfalls anzupassen ist. Nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. e UZK sind dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen, u. a. die Beförderungs- und Versicherungskosten für die eingeführten Waren bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union. Somit stellt der Sachwert den reinen Verkaufspreis der Sendung (ohne weitere Kosten) dar. Der Begriff der "Sendung" ist wie der des Sachwerts nicht näher definiert. Da die Regelung von "eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR" spricht, kann eine Sendung (Postsendung) aus mehreren Gegenständen bestehen, die als solche zusammengenommen zur Einfuhr angemeldet werden.

 

Rz. 671

Mit der Regelung wurde eine Leistungskommission nach dem Vorbild der Dienstleistungskommission gemäß Art. 28 MwStSystRL einmal für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR (unabhängig von der Ansässigkeit des liefernden Unternehmers und unabhängig von dem endgültigen Bestimmungsort der gelieferten Gegenstände in der EU, ob Einfuhrmitgliedstaat oder ein anderer Bestimmungsmitgliedstaat) und zum anderen für innergemeinschaftliche Lieferungen (d. h. grenzüberschreitende Lieferungen innerhalb der EU, nicht Inlandslieferungen in einem Mitgliedstaat) durch Drittlandsunternehmer an Privatabnehmer eingeführt. Adressat der Leistungskommission, der so behandelt wird, als habe er die Lieferungen selbst empfangen und selbst ausgeführt (was zu entsprechenden umsatzsteuerlichen Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten führt), sind Betreiber von Internetplattformen bzw. Internetmarktplätzen, über die solche Verkäufe abgewickelt werden. Dies bedeutet, dass umsatzsteuerrechtlich zwei Lieferungen (vom liefernden Unternehmer an den Plattformbetreiber und von diesem an den Endkunden) vorliegen. Die Betreiber von Internetplattformen werden also nicht lediglich als für die Steuer Haftende in Anspruch genommen, sondern so behandelt, als hätten sie die Lieferungen, die die liefernden Unternehmer über die Plattform ausführen, selbst bewirkt. Art. 14a MwStSystRL steht im Zusammenhang mit den Definitionen in Art. 14 Abs. 4 MwStSystRL.

 

Rz. 672

Bei Fernverkäufen von aus Drittgebieten oder Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Gegenständen wird die Leistungskommission auf Verkäufe von Gegenständen beschränkt, die in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR versandt oder befördert werden, da oberhalb dieses Werts bei der Einfuhr eine vollständige Zollanmeldung für Zollzwecke verlangt wird. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen an Privatabnehmer von Gegenständen, die nicht zuvor eingeführt wurden, gibt es diesbezüglich keine wertmengenmäßige Beschränkung.

 

Rz. 673

Die Steuer für den fiktiven Umsatz des Plattformbetreibers an den privaten Abnehmer entsteht im Zeitpunkt, zu dem der liefernde Unternehmer die Bezahlung der Lieferung (z. B. über einen externen Bezahldienst) akzeptiert.[3] Nach Art. 242a MwStSystRL treffen den Plattformbetreiber bestimmte Aufzeichnungspflichten.

Zu den Rechtsakten, die als sog. MwSt E-Commerce-Implementierungspaket die ab 1.7.2021 geltenden Fernverkaufsregelungen (auch bezüglich der Plattformbetreiber) ergänzen, vgl. Abschn. 4.27.4.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge