Rz. 641

Mit der am 22.7.2013 verabschiedeten "Richtlinie 2013/42/EU"[1]"wurde die MwStSystRL in Bezug auf einen Schnellreaktionsmechanismus bei Mehrwertsteuerbetrug" geändert. Die Richtlinie galt (zunächst) bis zum 31.12.2018. Zur Verlängerung bis 30.6.2022 vgl. Abschn. 4.30.

Mit der Richtlinie wurde ein neuer Art. 199b in die MwStSystRL eingefügt, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, in Fällen von äußerster Dringlichkeit zur Bekämpfung von unvermittelt auftretendem und schwerwiegendem MwSt-Betrug das Reverse-Charge-Verfahren auf davon betroffene Gegenstände und Dienstleistungen kurzfristig einzuführen. Ein Mitgliedstaat, der von dem Reverse-Charge-Verfahren Gebrauch machen will, muss geeignete Kontrollmaßnahmen in Bezug auf Steuerpflichtige einführen, auf die das Verfahren Anwendung findet. Das im Rahmen des Schnellreaktionsmechanismus eingeführte Reverse-Charge-Verfahren gilt für einen Zeitraum von höchstens 9 Monaten.

 

Rz. 642

Das Verfahren des Schnellreaktionsmechanismus stellt sich wie folgt dar:

  • Ein Mitgliedstaat, der das Reverse-Charge-Verfahren einführen will, teilt dies der Kommission und gleichzeitig den anderen Mitgliedstaaten auf einem Standardformblatt mit; er übermittelt der Kommission Angaben zur betroffenen Branche, zur Art und zu den Merkmalen des Betrugs, zum Vorliegen von Gründen für die äußerste Dringlichkeit, zum unvermittelten, schwerwiegenden Charakter des Betrugs und zu den Folgen in Form von erheblichen, unwiederbringlichen Verlusten.
  • Gleichzeitig stellt dieser Mitgliedstaat einen Antrag auf Ermächtigung zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens nach Art. 395 MwStSystRL.
  • Innerhalb eines Monats nach Vorliegen aller zur Beurteilung erforderlichen Angaben befindet die Kommission darüber, ob sie der Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens widerspricht und informiert den betreffenden Mitgliedstaat und den Mehrwertsteuerausschuss darüber. Die Kommission berücksichtigt im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung etwaige Einwendungen anderer Mitgliedstaaten.
  • Widerspricht die Kommission der Maßnahme, legt sie eine ablehnende Stellungnahme vor. Erhebt die Kommission keine Einwände, bestätigt sie dies in schriftlicher Form.
  • Sobald der betreffende Mitgliedstaat die Bestätigung der Kommission erhalten hat, kann er das Reverse-Charge-Verfahren auf der Grundlage des Schnellreaktionsmechanismus für einen Zeitraum von 9 Monaten anwenden. Die Maßnahme kann anschließend fortgeführt werden, wenn der Rat den Mitgliedstaat auf Vorschlag der Kommission einstimmig gemäß Art. 395 MwStSystRL dazu ermächtigt.
 

Rz. 643

Art. 395 MwStSystRL wurde dahingehend ergänzt, dass bei Stellung eines parallelen Antrags nach Art. 395 MwStSystRL im Zusammenhang mit dem Schnellreaktionsmechanismus, die Kommission das Verfahren innerhalb von 6 Monaten anstatt von 8 Monaten abschließen muss.

 

Rz. 644

Der EU-Kommission wurden Durchführungsbefugnisse zur Erstellung des Standardformblattes übertragen, mit dem ein Mitgliedstaat die Mitteilung einer Maßnahme des Schnellreaktionsmechanismus einreicht und die oben im 1. Punkt genannten Angaben übermittelt.

[1] ABl. EU 2013 Nr. L 201, 1.

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